„Krone“-Interview

Mike Singer: Selbstbewusst und neu ausgerichtet

Musik
11.04.2019 07:00

Für viele ist er der deutsche Justin Bieber, andere verfallen in kollektive Verzückung, wenn sie ihn leibhaftig zu Gesicht bekommen. Fest steht, dass der erst 19-jährige Mike Singer im deutschsprachigen Popgeschäft niemanden kalt lässt. Mit „Trip“ veröffentlicht er dieser Tage sein drittes Studioalbum in nur drei Jahren und wagt sich dabei auch in neue musikalische Gefilde vor. Im Interview ließ er uns auch ein bisschen hinter die Kulissen seines Erfolgs blicken.

(Bild: kmm)

„Krone“: Mike, „Trip“ ist nun dein drittes Album in ebensovielen Jahren. Dein Arbeitspensum ist enorm. Wie schaffst du das mit der Kreativität und dem Zeitmanagement?
Mike Singer:
 Im Jänner 2018 habe ich mein zweites Album „Deja Vu“ rausgebracht und wir haben direkt weiter Musik gemacht. Nicht mit dem Ziel, ein weiteres Album zu machen, sondern weil es einfach Spaß machte. Nach einem Jahr hatten wir etwa 90 Songs und die zwölf coolsten haben wir ausgewählt und weiterbearbeitet. Für mich war es auch verrückt, so schnell wieder ein neues Album zu machen, aber es war cool. „Trip“ hat sich im Gegensatz zu den anderen sehr stark verändert. Es ist viel reifer und die Songs sind sehr unterschiedlich. Es gibt Popsongs, Partysongs und Balladen. Deshalb heißt es auch „Trip“, weil es für mich wie eine Reise durch die Musiklandschaft war und für jeden was dabei ist.

Wolltest du dir selbst beweisen, dass du musikalisch vielschichtiger sein kannst, als man es vielleicht bislang gewohnt war?
Auf jeden Fall. Es ist mein drittes Album und langsam verstehe ich die Abläufe. Ich weiß, wie man einen Beat macht und einen Song schreibt. Wir haben hier solange an einem Song gearbeitet, bis jeder total zufrieden war. Es war absolutes Teamwork. Natürlich wollte ich auch reifer werden. Ich bin schon 19 Jahre alt und es gibt jetzt andere Dinge, die mich ansprechen und in meinem Kopf herumschwirren.

Zwischen 16 und 19 durchläuft man ja gewaltige Entwicklungssprünge. Was waren für dich die stärksten Veränderungen, die sich dann auch inhaltlich in deiner Musik niedergeschlagen haben?
Ich war mit 16 noch sehr schüchtern und habe mir viel nicht zugetraut. Ich spielte dann viele Konzerte, lernte Menschen kennen und habe viel ausprobiert. Dadurch wurde ich sehr selbstbewusst. Ich war früher auch beim Musikmachen sehr zurückhaltend, weil ich Angst hatte, ob es bei den Produzenten gut ankommt. Wir waren immer ein Team, das stark zusammenarbeitet, aber ich fühle mich heute viel mehr wie ein aktiver Teil davon.

Setzt du dich nun auch stärker gegen andere durch, wenn sich deine Meinung mal nicht mit der der anderen deckt?
Es kommt darauf an, wie gut eine Idee ist. Gerade beim Musikmachen ist es so, dass wir meist als Team mit Produzent, Manager und einem guten Kumpel zusammenarbeiten. Wir alle haben immer Ideen, werfen die zusammen und probieren das Beste daraus zu machen. Am Ende des Tages muss der Song möglichst perfekt sein und da ist es weniger wichtig, wer sich nun durchsetzt.

Dein Team ist schon seit dem Beginn dasselbe, die Vertrauensbasis ist dir also immens wichtig?
Sie ist wahnsinnig wichtig. Ich mache Musik seitdem ich 14 bin und wir verstehen uns alle zu 100 Prozent. Wir wissen, was wir wollen und wo wir hinwollen. Auch menschlich sind wir eine große Familie. Meine Familie geht mit der Familie meines Managers zusammen in den Urlaub. Ich fliege im Juni mit meiner ganzen Band nach Fuerteventura. Wir machen das immer vor großen Tourneen. Das hörst du dann auch aus der Musik heraus. Bist du nur mit Leuten unterwegs, die das als reinen Job sehen, macht das keinen Spaß.

Selbstsicherheit ist auch in punkto Außenwirkung bei dir wichtig. Wenige junge Künstler werden von ihren Fans so gehypt wie du. Da braucht man schon auch ein dickes Fell.
Auch da ist Familie ungemein wichtig. Ich habe so ein enges Verhältnis zu ihr und sie passt immer auf mich auf. Sie ist mein Rückhalt und stärkt mich. Wäre das nicht so, wären viele Dinge wohl etwas anders gelaufen. Manchmal sagt mein Manager nach einem Monat Stress, dass ich heim und mich entspannen soll. Ich freue mich natürlich auf Familie, Freunde und mein Bett, aber sobald ich in meinem Zimmer bin und mein Studio sehe, bin ich direkt wieder am Klavier und mache irgendwas. Meine Eltern sagen oft, ich soll endlich mal chillen und Abstand nehmen. Ich kann aber nicht einen Tag ohne Musik verbringen. Es geht einfach nicht.

Deine Popularität befeuerst du mit deiner Social-Media-Präsenz auch aktiv.
Ich finde es cool, dass ich die Möglichkeit habe via Instagram oder Snapchat meinen Fans so viel von mir und meinem Leben zu zeigen. Deshalb mache ich das auch sehr gerne und regelmäßig. Die Leute interessiert natürlich, was ich mache und was mein Leben ist, aber viele Dinge halte ich auch privat. Ich kann das schon ganz gut auseinanderhalten.

Wie kommst du mal vom Alltagsstress runter?
Ich chille mit meinen Freunden. Wir fahren wohin und schauen uns Städte an, grillen am See oder entspannen einfach. Ich gehe daheim ganz normal ins Kino oder in den Freizeitpark. Natürlich kommen da manchmal Leute, die Fotos mit mir machen wollen, aber ich mache im Endeffekt die gleichen Dinge wie andere 19-Jährige. 

Du hast öfters betont, dass du immer versuchst der Junge zu sein, der du schon immer warst. Wer warst du denn nun? Wie würdest du dich erklären und beschreiben?
Es gibt den Song „Da wo wir sind“ auf dem Album und da erkläre ich mich ziemlich gut. Es gibt viele Leute, die immer kommen und mir Ratschläge erteilen wollen oder schlecht über etwas reden. Ich war immer der Meinung, dass ich das mache, was für mich gerade richtig ist. Natürlich habe ich stets Respekt vor meinen Eltern und höre ihnen zu, aber ich habe meinen eigenen Kopf und meine eigenen Ziele. Wenn ich einen neuen Song rausbringe, frage ich mich auch oft, wie die Leute darauf reagieren, aber im Endeffekt muss ich den Song selbst feiern. Man sollte einfach so sein wie man ist und viel mehr auf sich selbst hören. Man sollte sich nicht für andere verändern.

Warst du bei „Trip“ auch unsicher, nachdem das Werk doch ein größerer musikalischer Sprung ist?
Unsicher war ich nicht. Es gehört dazu, reifer zu werden und textlich den nächsten Schritt zu wagen. Ich habe dieses Mal auch mal andere Sachen angesprochen, aber ich merke, dass meine Fans mit mir älter werden. Sie kommen jetzt selbst in Clubs rein und können feiern und die jüngeren wollen auch wissen, wie das abläuft. Es war anfangs komisch für mich, die Richtung so durchzuziehen, aber die Fans haben das zum Glück sehr toll aufgenommen.

Die meisten Nummern drehen sich um die Themenbereiche Liebe und Beziehungen. Inwiefern sind die Storys direkt aus deinem Leben gegriffen und inwieweit sind sie fiktiv?
Alles, was wir schreiben, beruht auf wahren Geschichten. Sie haben etwas mit meinem Leben zu tun oder mit denen meiner Freunde. Ich will nicht irgendwas erzählen, was nicht stimmt, denn so kann ich den Song gar nicht fühlen. Der erste Song „Trip“ ist ein Introsong und darin geht es um eine Person, die du vermisst und wieder abholen möchtest. Das kann deine Freundin sein, deine Schwester oder deine Mama. Mir war es wichtig, die Dinge so zu verallgemeinern, dass jeder etwas mit den Songs fühlen kann.

„Trip“ hast du genauso wie alle anderen Albentitel bislang auf deinem Körper tätowiert. 
Das Tattoo habe ich schon drei Monate. Da waren wir uns schon sicher, dass wir das Album so nennen werden. Der Albumtitel suggeriert, dass ich meine Leute auf mein Erwachsenwerden und meine musikalische Reise mitnehmen will. Ich möchte nicht einfach in eine Schublade gesteckt werden, in der Mike Singer nur Popmusik macht. Ich mache Pop, Hip-Hop und Trap. Auch Balladen haben Platz. Ich will mich nicht auf eine Sache festlegen.

Für deinen Sound hast du den eigenen Begriff „Trop“ kreiert, der deine Musik bestmöglich wiederspiegeln soll.
Alles ist durchgemischt. Das ist genau mein Ding.

Gerade die Trap-Elemente sind derzeit immer noch sehr en vogue. Achtest du trotzdem darauf, nicht zu offensichtlich zeitgemäß zu sein?
Zeitlose Musik ist mir extrem wichtig. Bei den Singles versuche ich natürlich auch im Trend zu bleiben, etwa bei „Bon Voyage“. Wir haben aber auch Tracks wie „Taub“, die in Deutschland kaum existieren, weil sie so international klingen. Ich will Sachen machen, die nicht jeder macht und auch der Zeit ein bisschen voraus sein.

Welche Künstler inspirieren dich am stärksten? 
Für „Trip“ waren es auf jeden Fall Post Malone und The Weeknd. Ich höre prinzipiell den ganzen Tag Musik und da kommen viele Einflüsse daher. Ich glaube gar nicht, dass so ein internationaler Sound spannender ist als jener bei uns, aber in den USA sind die Leute ein bisschen offener. Post Malones Lieder sind wahnsinnig geil, aber sehr langsam und balladesk. Wenn er live spielt nicken die Leute, in Deutschland würde das gar nicht so gut ankommen. Auf „Deja Vu“ hatten wir viele Songs, die sehr urban und langsamer waren und ich habe auf der Bühne gemerkt, dass die nicht so gut ankamen. Ich wollte dieses Mal eine perfekte Mischung machen. Ein paar schnelle Songs, die schon zeitgemäß sind und ein paar wundervolle Balladen. Die sind eigentlich voll mein Ding.

Tiefgang ist dir neben all den Partysongs sehr wichtig?
Unheimlich wichtig sogar. Die Singles, die wir bislang brachten, waren natürlich Partysongs, aber auf „Trip“ sind zumindest drei emotionale und gemütlichere Songs. Bei diesen Songs denkst du später noch drüber nach, sie halten dich fest und vervollständigen ein Album erst so richtig.

In „Air Force One“ würdest du deiner Angebeteten quasi die Sterne vom Himmel holen, allerdings besteht der Text auch aus wahnsinnig viel Dekadenz und vielen Statussymbolen. Braucht es das heute auch?
Dieser Song übertreibt natürlich komplett und er sticht auch deshalb heraus. Jeder wünscht sich doch Momente, wo man von einer Air Force One abgeholt wird. Ich denke schon, dass man sowas ansprechen kann, auch wenn es sehr überzogen wird. Mein größter Traum ist es, irgendwann ein Haus auf einer Insel wie Mallorca zu haben. Dort, wo viel Sonne ist. Ein Riesenstudio, meine Familie und vielleicht auch Kinder.

Inwieweit wirst du deine Selbstständigkeit, von der du immer mehr dazugewinnst, künftig forcieren?
Ich mache meine Beats selbst, weil ich mittlerweile genau Bescheid weiß über das Programm, das Arrangement und wie man die Mikros richtig einstellt. Wir arbeiten intern so gut zusammen und ich merke langsam, dass ich auch alleine viel hinkriege. Ich will das einfach so gut können, dass ich es später mal für mich oder auch andere nutzen kann. Ich bin noch jung, da ist noch sehr viel möglich.

Wirst du vielleicht auch einmal ein Nebenprojekt andenken? Wenn du vielleicht Beats oder Songs baust, die nicht exakt zum Image von Mike Singer passen?
Jetzt habe ich vor allem Lust, meine Musik zu forcieren. Ich kann mir auch viel Anderes vorstellen. Ich bin jeden Tag mit meinem Manager unterwegs und sehe bei ihm, welche Telefonate er führt und wie dieser Teil des Jobs funktioniert. Das ist genauso spannend und ich könnte auch in die Richtung etwas machen. Ich bin extrem offen für alles. Mein Traum ist es nur, in der Musikbranche zu bleiben.

Was war eigentlich der beste Trip, den du selbst bislang erlebt hast?
Schwer zu sagen. Ich habe schon viel erlebt, aber der schönste Moment war, als ich den MTV Music Award gewann und wir nach Bilbao geflogen sind. Da waren Leute wie Jason Derulo oder Nicki Minaj. Ich hatte denselben Preis wie die gewonnen und das war schon unglaublich.

Kooperationen mit internationalen Künstlern unterschiedlichster Couleur stehst du auch offen gegenüber?
 Auf jeden Fall, darauf hätte ich wahnsinnige Lust. Alles, was mit Musik zu tun hat, interessiert mich schon von Grund auf.

Im Herbst bist du dann auf großer Tour und kommst am 18. Oktober in den Wiener Gasometer. Worauf dürfen wir uns freuen?
Das Bühnenbild wird noch konzeptioniert und steckt in der Planung, aber auf jeden Fall werde ich eine Band dabei haben und eine bunte Palette an Songs aus meinen drei Alben spielen. Meine alten Songs gefallen mir noch genauso gut wie früher. Wenn ich in mein Auto einsteige, startet oft eine Nummer vom Debüt und schon damals waren manche dieser Songs für mein Alter sehr reif. Sie waren toll produziert und das war mir immer wichtig. Ich kann jedenfalls einen tollen Spannungsbogen über ein Liveset spannen. 

In Wien kannst du auch auf ein sehr großes Publikum bauen. Bemerkst du Unterschiede zwischen Wien und Auftritten in Deutschland?
In Wien sind die Fans sehr lieb. Man merkt, dass ich so selten hier bin und sie mich vermissen. Am Flughafen haben mir schon viele Mädels gesagt, ich solle öfter kommen und es ist natürlich superschön, so etwas zu hören. Das Publikum ist wahnsinnig cool, alle singen und tanzen mit und wir haben viel Spaß zusammen. Ich habe schon vor, künftig noch öfter zu kommen.

Bei deinem Tempo gibt es das vierte Album wohl schon im Sommer. Vor allem, weil ihr von den eingangs angesprochenen 90 Songs sicher nicht alle gekippt habt.
Wir haben ganz viele kleine Ideen, das sind nicht alles fertig produzierte Songs. Die Ideen sind aber cool und werden sicher nicht weggeworfen. Nach einer gewissen Distanz haben sie vielleicht auch wieder eine andere Wirkung. Man braucht einfach eine Pause, um etwas richtig einordnen zu können.

Was war das verrückteste Fanerlebnis, das du jemals hattest?
Als ich 15 war, bei meiner ersten Tour, hatten wir VIP-Tickets, um nach der Show die Fans zu treffen. Da kamen ein paar Mädels mit einem Einkaufswagen voller Twix. Dass das meine Lieblingsschokolade war, war vielen bekannt, aber ich habe keine Ahnung, was ihnen diese Ladung damals gekostet hat. Ich, meine Familie und auch die Freunde hatten einen Vorrat für ein gutes Jahr. Am Ende blieb trotzdem nichts mehr übrig.

Mike Singer kommt am 18. Oktober für ein exklusives Österreich-Konzert in die Wiener Simm City. Weitere Infos und Karten erhalten Sie unter www.oeticket.com

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