Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hat vergangenes Jahr anhand von Zahlungsbewegungen eine Liste mit 364 „ausgeforschten Mitgliedern“ der Identitären angelegt. Auf der Liste befinden sich auch aktive FPÖ-Mitglieder - die eine Mitgliedschaft bestreiten - sowie zwei Söhne eines ÖVP-Politikers. Die Identitären streiten ab, über eine so große Mitgliederzahl zu verfügen, und sprechen von einer „politisch motivierten Rufmordkampagne“.
Von den rund 550 „vermuteten“ Mitgliedern der rechtsextremen Bewegung konnten im Zuge der bisherigen Auswertungen 364 Personen „eindeutig identifiziert werden“, wie die „Salzburger Nachrichten“ aus einem „Anlassbericht“ des BVT aus dem Jahr 2018 an die Staatsanwaltschaft Graz zitieren. Auf der BVT-Liste findet sich demzufolge ein FPÖ-Bezirksparteivorsitzender, der eine Mitgliedschaft abstreite, eine Spende vor Jahren aber für möglich halte. Ähnlich argumentiere der Büroleiter eines prominenten blauen Stadtpolitikers in Oberösterreich.
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Kein Mitglied will auch der Grazer FPÖ-Gemeinderat (und bisherige Vermieter der dortigen Identitären-Zentrale) Heinrich Sickl gewesen sein, der sich ebenfalls auf der Liste findet. Die Frage nach Zahlungen bezeichnete er als „Frechheit“.
Identitären-Konten mittlerweile im Ausland
Die Ermittler hatten die mutmaßlichen Mitglieder aufgrund von Zahlungen auf Konten der Identitären ermittelt. Herangezogen wurden dabei der angeführte Verwendungszweck (Mitgliedsbeitrag, Monatsbeitrag, Mitgliedsnummer) oder regelmäßige Zahlungen. Ab Juli 2017 waren die Zahlungsflüsse für die Behörden schwerer nachvollziehbar, weil die Identitäre Bewegung ihre Konten ins Ausland verlagert hatte. Die Bewegung betont allerdings in diesem Zusammenhang, dass keine österreichische Bank den Identitären ein Konto zur Verfügung stellen wolle.
Schusswaffen und kriminalpolizeiliche Vormerkungen
Ein weiterer Bericht, der nach dem Freispruch für eine Gruppe Identitärer in Graz im Vorjahr erstellt wurde, befasst sich mit der Bewaffnung der Rechtsextremen. Rund jeder Fünfte der 364 Ausgeforschten, insgesamt 75 Personen, besitzt demnach eine Schusswaffe. Gegen zehn Personen bestand zu dem Zeitpunkt ein aufrechtes Waffenverbot, 68 Identitäre hatten kriminalpolizeiliche Vormerkungen wegen Verdachts einer gerichtlich strafbaren Handlung. 32 Personen waren rechtskräftig verurteilt: 16 wegen Gewaltdelikten, sechs nach dem Verbotsgesetz.
Die Bewegung stellte in einer Stellungnahme am Freitag die BVT-Zahlen in Abrede: „Die Identitäre Bewegung hat einen Trägerverein, in dem nur eine Handvoll ordentlicher Mitglieder tätig ist. Abgesehen davon gibt es in ganz Österreich rund 300 Aktivisten, die für unsere Ideale auf die Straße gehen. Sie sind auf keiner wie auch immer gearteten Liste vermerkt. Keiner von ihnen ist vorbestraft.“ Es gebe außerdem keine formelle Mitgliedschaft.
Allerdings sprechen die Identitären von rund 500 regelmäßigen Förderern, die die Bewegung mit Monatsbeiträgen unterstützten. Jeder könne dies via Onlineformular tun. 2018 habe es außerdem rund 600 Einzelspenden gegeben. Darüber hinaus erreiche man mit regelmäßigen Rundbriefen und Aussendungen knapp 20.000 Personen. Worauf sich die aus dem BVT kommende Zahl von 550 Mitgliedern bezieht, ist den Identitären „schleierhaft“.
Identitäre wollen sich gegen „Diffamierungskampagne“ wehren
Am Samstag wollen sich die Identitären im Rahmen einer Demonstration unter dem Titel „Kundgebung für Meinungsfreiheit und gegen den großen Austausch“ gegen die „Diffamierungskampagne“ wehren. „Wir schüren keinen Hass und wenden keine Gewalt an“, beteuern sie auf ihrer Website. Man wolle mit dem „friedlichen und entschlossenen Protest“ eine „offene Debatte über jene Themen anstoßen, die leider immer noch viel zu oft unter den Tisch gekehrt werden“. Zwei Gegendemonstrationen sind für Samstag ebenfalls angekündigt.
Nach „klärendem Gespräch“ nun keine Spenden mehr?
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker stellte am Freitag klar, dass mit jenen Mitgliedern seiner Partei, die auf der Spenden- bzw. Mitgliederliste angeführt sind, „klärende Gespräche“ geführt worden seien. „Diese werden in Zukunft keine Spenden mehr leisten und sind auch keine Mitglieder dieser Bewegung“, versicherte Hafenecker.
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