Bundeskanzler Sebastian Kurz reist nach Ostern zum großen Seidenstraßen-Gipfel nach Peking. Das globale Projekt Chinas verändert die Welt, lässt aber viele Fragen offen. Darüber sprach „Krone“-Redakteur Kurt Seinitz mit dem ÖVP-Chef.
Kurz fordert einen fairen Wettbewerb und die Öffnung des Marktes.
„Krone“: Was erwarten wir von der Seidenstraßen-Initiative Chinas?
Sebastian Kurz: Im Positiven erwarten wir noch mehr Möglichkeiten für die österreichische Exportwirtschaft und somit Sicherung von Arbeitsplätzen in Österreich. Denn China ist ein riesiger Markt mit einer immer größer werdenden Mittelschicht. Damit das gelingt, erwarten wir uns aber auch von den Chinesen, dass sie sich in die richtige Richtung bewegen. Das bedeutet fairen Wettbewerb sicherzustellen, eine Öffnung ihres Marktes. Und was die Seidenstraßen-Initiative selbst betrifft, erwarten wir, dass es ordentliche Regeln gibt, also: Ja zur neuen Seidenstraße, aber mit ordentlichen Verkehrsregeln.
Kritiker sagen, China versucht, Einfluss auf die politische Agenda der EU zu gewinnen. Am weitesten hat sich jüngst Italien in Richtung von sogenannten chinesischen Kerninteressen hinausgelehnt. Österreich wird ein Arbeitsabkommen dieser Art (Memorandum of Understanding) nicht unterzeichnen. Da werden Sie aber in Peking einigen Erklärungsbedarf haben.
Eine Partnerschaft bedingt Augenhöhe. Wir haben hier eine klare Position, nämlich dass wir Zug um Zug von China Bewegung erwarten. Es ist ganz entscheidend, dass wir uns als EU nicht auseinanderdividieren lassen. Die Chinesen sind über eine Milliarde Menschen und bald die größte Volkswirtschaft der Welt. Wenn wir da als EU-27 nicht geschlossen agieren, dann haben wir keine Chance.
Im Sport würde man sagen, China spielt „beidbeinig“: mal schutzbedürftiges Entwicklungsland mit Recht auf Subventionierung und zinsgünstige Kredite, mal Freihandelsverteidiger zu seinen Gunsten als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Wie lange kann das die internationale Gemeinschaft durchgehen lassen?
China wird in der WTO (Welthandelsorganisation) noch immer als Entwicklungsland geführt. Das geht nicht. Das muss sich ändern. Die WTO-Regeln gehören angepasst. Es braucht einen fairen Freihandel mit China, sonst ist das mittelfristig zum Nachteil der Europäischen Union, und das können wir nicht wollen. Unser Zugang ist daher kein anbiedernder, sondern ein partnerschaftlich korrekter.
Bei dem jüngsten Gipfeltreffen China-EU hat Brüssel, offensichtlich durch Trumps China-Politik ermutigt, gegenüber China eine Reihe von Forderungen gestellt. Überraschenderweise hat China dann Zugeständnisse gemacht. Da sieht man, was die EU erreichen kann, wenn sie geschlossen auftritt.
Wenn wir geschlossen sind, sind wir eine der größten Volkswirtschaften der Welt. Wenn wir geschlossen sind, sind wir ein Markt von 500 Millionen. Das ist auch für China ein Wert. Aber wir müssen geschlossen bleiben, das ist notwendig.
Die Eisenbahnzüge auf der neuen Seidenstraße kommen voll zu uns und fahren halb leer zurück. China hat an ganz anderen Produkten Bedarf, nämlich aus dem Internet: Schlüsseltechnologien, um Europa mit einer strategischen Digitaloffensive zu überholen.
Derzeit ist der chinesische Markt nicht vollständig geöffnet. Es gibt Druck auf Unternehmen, die dort investieren, es gibt keine gleichen Bedingungen wie für chinesische Investoren in Europa, und da muss sich China bewegen. Wir werden als Staaten der Europäischen Union den Seidenstraßen-Gipfel in Peking auch zum Anlass nehmen, um unsere Vorstellungen wieder und noch stärker zu deponieren. Ich habe schon die Hoffnung, dass mit einer wachsenden Mittelschicht Qualitätsprodukte aus Europa und aus Österreich mehr und mehr an Attraktivität gewinnen. Das beginnt bei Nahrungsmitteln, die wir in unglaublicher Qualität produzieren, österreichischem Wein und Delikatessen, Fleisch und anderem, was nach China exportiert werden kann. Bis hin zu Technologien wie im Bereich der erneuerbaren Energie, wo es in China sehr viel Bedarf gibt. Der Absatzmarkt China ist ein großer. China ist für uns auch ein großer Markt, was den Tourismus in Österreich betrifft. Die Zahl der chinesischen Touristen, die nach Österreich kommen, explodiert.
Die EU war in der Vergangenheit ziemlich blauäugig und hat lange verschlafen, dass mit China ein Konkurrent, manche sagen sogar: ein Rivale, herangewachsen ist. Wenn jetzt auf die Notbremse getreten wird, kann es auch zu Kollateralschäden kommen.
Eine Notbremsung würde ich als falschen Weg erachten. Ich glaube, es braucht sanften Druck, faire Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir sehen das am Erfolg des EU-China-Gipfels in Brüssel. China verpflichtete sich zur Marktöffnung und zum Verzicht auf Technologie-Transfer bei den Investitionen in China. Diese Ankündigung der Chinesen tut gut, und was es jetzt braucht, ist die Umsetzung dieser Ankündigungen.
„China ist auch Importland“
Anlässlich der Vorstellung des neuen Buches von China-Professor Gerd Kaminski („Chinese Strategies“) hielt Chinas Botschafter in Österreich, Li Xiaosi, unlängst einen Vortrag über politische Absichten seines Landes. Daraus die wichtigsten Zitate:
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung
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