Ein ausländerfeindliches Gedicht im Parteiblatt der FPÖ Braunau in Oberösterreich sorgt am Osterwochenende für Aufregung. Unter dem Titel „Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)“ werden darin Vergleiche zwischen Menschen und Ratten gezogen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nannte das Gedicht am Montag „abscheulich“ und forderte eine Distanzierung. „Ich wollte mit meinem Text provozieren, aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen“, erklärte der Verfasser des ausländerfeindlichen Gedichts, der Braunauer Vizebürgermeister Christian Schilcher (FPÖ), am Montagnachmittag in einer Stellungnahme.
In dem Gedicht wird über Migranten hergezogen sowie über das Bekenntnis zur eigenen Heimat und die „Vermischung“ von Kulturen und Sprachen gereimt. Der Braunauer FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer, laut Impressum verantwortlich für den Inhalt, zeigte sich gegenüber dem „Standard“ unglücklich mit dem Gedicht. Verfasst worden sei es vom Vizebürgermeister Schilcher (ebenfalls FPÖ), der damit „bestimmte Themen pointiert“ vermitteln wollte.
„Dieses ,Gedicht‘ ist widerlich“, reagierte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, der mit der FPÖ auf Landesebene in einer Koalition ist, auf das „Ratten-Gedicht“. „In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem ,Gedicht‘ distanziert“, sagte er weiter. Auch die oberösterreichische SP-Chefin Birgit Gerstorfer reagierte in einer Aussendung schockiert.
Kurz: „Abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch“
Auch die Bundes-ÖVP sieht angesichts des Gedichts sofortigen Handlungsbedarf. Bundeskanzler Sebastian Kurz forderte von Oberösterreichs Freiheitlichen eine Distanzierung. „Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich“, meinte Kurz wörtlich. Dabei stelle er sich auch hinter Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Stelzer, der „schnell und richtig“ gehandelt habe.
„Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren“, stellte Kurz am Montag klar. „Hier darf nicht weggeschaut werden, sondern es müssen klar Grenzen gezogen werden“, so der Bundeskanzler.
Rendi-Wagner: „Kanzler muss jetzt handeln“
SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht indessen „fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war“. Sie nahm Kurz in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen. „Will der Kanzler in dieser Sache Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt handeln“, forderte Rendi-Wagner Konsequenzen durch den Kanzler.
Verfasser: „Vergleich mehr als unglücklich“
Der Verfasser des ausländerfeindlichen „Ratten-Gedichts“, der Braunauer Vizebürgermeister, erklärte dann, er habe mit seinem Text „provozieren, aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen“ wollen. „Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum, und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben“, so Schilcher weiter. Er habe schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschrieben, die er und andere „durchaus zu Recht“ kritisieren würden. Dafür habe er sich selbst und seine Familie in die Perspektive der Tiere gesetzt.
Zugleich bat Schilcher um Verständnis für seine „unscharfe, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen“. Er habe nur sagen wollen: „Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden, wer unsere Gesetze und Gebräuche miss- oder gar verachtet, kann das nicht.“
FPÖ-Landesparteisekretär führte ernstes und klärendes Gespräch
Der Landesparteisekretär der FPÖ Oberösterreich, Erwin Schreiner, bezeichnete das Gedicht indessen als „geschmacklos. Dass der Autor auch sich selbst in diesen Rattenvergleich mit einbezieht, macht die Sache dabei nur unwesentlich besser“, teilte er mit. Das Gedicht habe letztlich Tendenzen, die man keinem Interpretationsspielraum überlassen dürfe. Seitens der Landespartei habe man bereits ein ernstes und klärendes Gespräch mit dem Autor geführt. Dieser sei „voll einsichtig“, so Schreiner.
Aufregung gab es am Osterwochenende auch um ein Facebook-Posting von Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die SPÖ warf ihm vor, in seinem privaten Profil einen Artikel einer rechtsextremen Website gepostet zu haben, Strache wies den Vorwurf „aufs Schärfste zurück“. Zu dem Zeitpunkt, als Strache das Posting veröffentlicht hatte, sei „keine dementsprechende Aussage auf dieser Homepage ersichtlich“ gewesen, hieß es in einer Aussendung.
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