Neue Angst vor Terror

Die Anschlagserie von Sri Lanka und ihre Folgen

Ausland
23.04.2019 06:00

Dass der Papst am Sonntag den Segen „Urbi et Orbi“ auf dem Petersplatz in Rom unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen gespendet hat, kommt nicht von ungefähr. Christliche Ziele zu den höchsten Feiertagen - für Experten kamen die Anschläge von Sri Lanka nicht überraschend. Die Folgen könnten weitreichend sein.

„Terrorismus ist in dieser Ecke der Welt keine ungewöhnliche Sache“, schickt Nicolas Stockhammer von der Uni Wien voraus. Für den Experten war die Bombenserie - letztlich durchgeführt von einer Gruppe lokaler Islamisten - aber generalstabsmäßig geplant.

Soldaten sichern das Gelände um die St.-Antonius-Kirche in Colombo. (Bild: Associated Press)
Soldaten sichern das Gelände um die St.-Antonius-Kirche in Colombo.

Es sei also wahrscheinlich, dass eine größere Organisation im Hintergrund die Fäden zog. „Möglicherweise die Al-Kaida, die in dieser Region größere Bedeutung hat als etwa der IS. Das war kein Gelegenheitsterrorismus“, so Stockhammer. Die Wahl des Selbstmord-Attentäters als Mittel zum blutigen Zweck zielte klar darauf ab, so viele Menschen wie möglich zu erwischen. 

Anschläge mit Symbolcharakter
Gotteshäuser am Ostersonntag und Luxushotels des „dekadenten Westens“ - Anschläge mit Symbolcharakter! Ein Racheakt für das Massaker in zwei Moscheen in Christchurch in Neuseeland Mitte März? „Durchaus möglich“, so der Experte, der weitreichende Folgen nicht ausschließt. Die terroristische Gewaltspirale könnte sich immer schneller drehen - sowohl vonseiten der Islamisten als auch der Rechtsextremisten.

Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer von der Uni Wien (Bild: PhotoSimonis)
Terrorismus-Experte Nicolas Stockhammer von der Uni Wien

Zwar hatten die Sicherheitsbehörden in Sri Lanka Wind von einem anstehenden Anschlag bekommen, sie konnten diesen letztlich aber nicht verhindern. „Europa ist gegen diese Form des Terrorismus besser gerüstet“, so Stockhammer, „doch gegen radikalisierte Einzeltäter ist es schwieriger.“ Man weiß nie, wo und wann sie zuschlagen.

Die „Krone“ sprach auch mit Top-Diplomatin Brigitte Öppinger-Walchshofer in der Botschaft in Neu-Delhi, die auch für Sri Lanka zuständig ist.

„Krone“: Frau Botschafterin, wie konnte diese Anschlagswelle passieren?
Brigitte Öppinger-Walchshofer: Das Ganze war offenbar von langer Hand geplant. Die acht Explosionen passierten ja alle fast zeitgleich. Es gibt Hinweise, dass der indische Geheimdienst vor Attentaten auf Kirchen gewarnt hat. Offenbar wurden diese Informationen aber nicht korrekt weitergeleitet.

Wie viele Österreicher leben derzeit auf Sri Lanka - und wie geht es ihnen?
 50 Österreicher sind hier permanent registriert. Dazu kommen noch circa 200 Urlauber, die sich derzeit hier aufhalten. Wir hatten Anfragen beim Bereitschaftsdienst. Aber wir hatten offenbar ein Riesenglück, dass keine Landsleute in den Hotels betroffen waren.

Top-Diplomatin Brigitte Öppinger-Walchshofer in der Botschaft in Neu-Delhi, die auch für Sri Lanka zuständig ist. (Bild: Brandl Gregor/Kronenzeitung)
Top-Diplomatin Brigitte Öppinger-Walchshofer in der Botschaft in Neu-Delhi, die auch für Sri Lanka zuständig ist.

Wie haben Sie nach dem Bekanntwerden der schrecklichen Nachricht reagiert?
 Unsere Botschaft befindet sich ja in Indien in Neu-Delhi. Ich habe sofort ein zweiköpfiges Team nach Sri Lanka entsandt, um vor Ort alles zu koordinieren.

Was bedeutet diese Terror-Serie für das Land?
 Das ist ein sehr schwerer Schlag. Sri Lanka war bisher für eine tolerante Tradition gegenüber den unterschiedlichen Religionen bekannt. 

Kronen Zeitung

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