Der heftige verbale Schlagabtausch zwischen Harald Vilimsky und Armin Wolf am Dienstagabend in der „ZiB 2“ (siehe Video oben) sorgt weiter für jede Menge Gesprächsstoff. Vor allem der FPÖ-EU-Spitzenkandidat ließ am Tag danach seinem Unmut gegen den ORF-Moderator freien Lauf: „Wäre ich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, würde ich Armin Wolf vor die Tür setzen!“, schimpfte Vilimsky. Der Freiheitliche warf dem ORF und Wolf „übelste Manipulation“ vor. Der ORF-Redakteursrat hingegen stärkte Wolf den Rücken.
Auslöser des Streits? Wolf hatte Vilimsky mit einem Cartoon der steirischen Parteijugend konfrontiert. Darin wurde eine einheimische Familie in grüner Tracht als von finsteren Zuwanderern mit langer Nase, Bart und Buckel bedroht dargestellt. Der „ZiB 2“-Anchorman verglich dies mit der Darstellung eines Juden im NS-Kampfblatt „Der Stürmer“ (siehe Gegenüberstellung unten). Vilimsky fand das geschmacklos und „skandalös“ und sprach von „unterster Schublade“. Er sah seine Partei in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. „Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann“, sagte er im Studio drohend in Richtung Wolf.
„Stürmer“-Vergleich im ORF sorgt für Polit-Beben
In den sozialen Medien kochen die Emotionen mittlerweile hoch, die Meinungen über Sinn und Unsinn der Gegenüberstellung gehen weit auseinander. Auch auf krone.at ist der Schlagabtausch Thema Nummer eins bei den Usern. Bis Mittwochmittag gab es weit mehr als 1000 Kommentare.
„Parteipolitischer Propagandist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk“
„Das ist einmalig in der Geschichte der österreichischen Medienwelt. Ich erwarte mir, dass Wrabetz hier einschreitet. Und ich sehe als Gebührenzahler, nicht als Politiker, auch gar keine andere Konsequenz, als dass Wolf abgezogen wird. Er ist ein parteipolitischer Propagandist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, polterte Vilimsky nun in einem Interview mit der Gratis-Tageszeitung „Heute“.
„Teil der linken Netzwerke“
Teile des ORF rund um Wolf seien nach Einschätzung von Vilimsky „Teil der linken Netzwerke“. Wolf spiele dabei ein thematisches Pingpong-Spiel mit „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk. Für Vilimsky habe Wolf jedenfalls in der „ZiB 2“ das Maß überschritten, und es sei untragbar, was hier gerade passiere. „Es ist Schluss mit lustig, wenn Wolf uns die Judenverfolgung mit einem manipulativen Vergleich unterjubeln möchte. Da sind wir an einem Punkt angelangt, wo es keine Akzeptanz mehr geben kann“, kritisierte Vilimsky weiter.
Der FPÖ-Politiker selbst habe „kein persönliches Problem“ damit, dass Wolf seine Interviews auf diese Art und Weise führe. „Ich habe aber schon ein politisches Problem, wenn jemand einen Monat vor der EU-Wahl eine Geschichte hervorzerrt, die schon einen Bart von einem Jahr hat.“ Was Vilimsky besonders gestört hatte: „Ich bin zu EU-Themen eingeladen worden. Ich erlebe aber jetzt schon zum zweiten Mal, dass dann gar keine europapolitischen Themen gefragt worden sind. Auch hier ist manipulativ vorgegangen worden. Aber da bin ich so weit Profi, dass ich damit umgehen kann.“
Wolf: „Es wurde kein Thema vereinbart“
Dem Vorwurf der fehlenden EU-Befragung stellte sich Wolf auf Twitter klar entgegen: „Es wurde kein Thema vereinbart“, schrieb Wolf. Zudem habe es sehr wohl „ein, zwei Europafragen“ gegeben.
Interview bis zum Ende anschauen und Sie finden Ihre „ein, zwei Europafragen“. Weitere finden Sie im letzten #ZiB2-Interview mit Herrn Vilimsky (gibts auf YouTube) und in vielen kommenden Interviews u. TV-Diskussionen.
— Armin Wolf (@ArminWolf) 24. April 2019
Es wurde kein Thema vereinbart. Wie kommen Sie darauf? Es ist eine Interview-Serie mit den EU-Spitzenkandidaten.
— Armin Wolf (@ArminWolf) 24. April 2019
ORF-Redakteursrat: „Wir protestieren gegen Einschüchterungsversuche“
Unterdessen zeigte sich der ORF-Redakteursrat in einer Aussendung schockiert über Vilimskys Aussagen und protestierte gegen „persönliche Einschüchterungsversuche“, wonach das Interview laut Vilimsky nicht ohne Folgen bleiben könne. „Dass der Generalsekretär einer Regierungspartei in einem Interview den Moderator bedroht, hat es in dieser Form noch nicht gegeben. Aufgabe von seriösem Journalismus ist es unter anderem, Missstände aufzuzeigen und Politikern kritische Fragen zu stellen. Dafür öffentlich und live auf Sendung mit ,Folgen‘ zu drohen, ist einer liberalen Demokratie mit funktionierender Pressefreiheit unwürdig.“
Strache: „Sachlichkeit kennt ein Herr Wolf wohl nicht“
Auch FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache meldete sich zur Causa zu Wort. „Sachlichkeit kennt ein Herr Wolf wohl nicht“, schrieb er auf Facebook. „Sowohl die Opposition als auch eine Handvoll Journalisten stellen ihre eigenen politischen Ansichten permanent über ein demokratisches Wahlergebnis.“ Ihm sei es aber „relativ egal, ob ein Herr Wolf unser Handeln und Tun für gut empfindet oder nicht“.
Kritik von Opposition an Vilimsky, ÖVP will sich nicht einmischen
Vonseiten der ÖVP wollte man sich am Mittwoch nicht einmischen. „Ich bin Medienpolitiker und nicht -kommentator und will nicht jedes Interview kommentieren“, sagte Medienminister Gernot Blümel am Rande des Ministerrates. Sehr wohl das Wort ergriff die Opposition. „Es vergeht weiterhin kein Tag, an dem die FPÖ nicht an den Grundfesten der Demokratie sägt“, meinte SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda.
Für NEOS-EU-Spitzenkandidatin und Mediensprecherin Claudia Gamon habe die FPÖ mit Drohungen auf kritische Fragen einen „neuen Tiefpunkt“ erreicht. Alma Zadic (Liste Jetzt) ortete in Vilimskys Aussagen eine „absolute Grenzüberschreitung, nach der wir nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen können“.
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