„Wir sind keine Terroristen, nicht psychisch krank. Was wir wollen? Dasselbe wie Sie: Geld. Wir wollen 300.000 Euro“ – in Englisch machen die „Geschäftsleute“ (wie sich der oder die Täter nennen) klar, worauf sie es abgesehen haben. Dutzende Drohbriefe (allesamt aufgegeben am 1. April in Belgien) im selben Wortlaut wurden an Lebensmittel-Riesen in halb Europa versendet.
Das Geld solle in Internet-Währung auf ein Bitcoin-Konto überwiesen werden. Falls nicht, hätte dies fatale Konsequenzen: „Wie Sie wissen, ist es sehr einfach, ein wenig Gift (Pulver, Flüssigkeit) in eines Ihrer Produkte in den Supermarktregalen einzuführen. Können Sie sich die verheerenden Folgen für das Image Ihres Unternehmens vorstellen, wenn sich Kunden vergiften?“
Um ihrer düsteren Drohung Nachdruck zu verleihen, steckten die Erpresser auch gleich Kostproben des Gifts in Pulverform mit in die Kuverts. Und sämtliche Analysen kamen zum selben Ergebnis: Es handelt sich um das höchst gefährliche Gift der Oleander-Zierpflanze.
Heimische Fahnder in Sonder-Ermittlungsteam
Gingen die jeweiligen zuständigen Sicherheitsbehörden erst von einem nationalen Problem aus, war rasch klar: Es betrifft Dutzende Lebensmittel-Riesen (unter anderem aus den Sparten Süßwaren, Kaffee, Tiefkühlprodukte) in ganz Europa. Ob in Italien, Belgien, Holland, Dänemark, der Schweiz, England oder Deutschland.
Und wie die „Krone“ aus verlässlicher Quelle erfuhr, steht auch ein heimisches Großunternehmen in Wien auf der „Brieffreunde-Liste“ der Erpresser. Deshalb werden nun rot-weiß-rote Kriminalisten zur europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag entsandt, um Teil des ins Leben gerufenen internationalen Sonder-Ermittlungsteams zu werden.
„Wir nehmen die Gefahrenlage sehr ernst. Wir wissen nicht, ob wir es ,nur‘ mit einem verschuldeten Familienvater oder mit einer Bande an skrupellosen Berufskriminellen zu tun haben“, so ein Europol-Fahnder. So oder so: Die Uhr tickt! Die gesetzte Frist der Erpresser für die Überweisungen endet am 20. Mai ...
Tödliche Blütenpracht
Der Oleander (im Volksmund auch Rosenlorbeer) ist eine Zierpflanze aus der Familie der Hundsgiftgewächse. Ursprünglich stammt er aus dem Mittelmeergebiet und wurde früher auch als Arznei-Pflanze genutzt.
So schön die Blütenpracht der Pflanze ist, so gefährlich ist sie auch. In ihr steckt von den Wurzeln bis zu den Blüten das Gift Glykosid Oleandrin. Das Gift ruft sowohl äußere als auch innere Vergiftungs-Erscheinungen hervor. Die Symptome nach Verzehr: Kopfschmerzen, Übelkeit, Krämpfe - bis hin zu Herzrhythmusstörungen oder völliger Herzstillstand. Wissenschaftliche Tests haben gezeigt: Bereits ein Gramm an getrocknetem Glykosid Oleandrin reicht, um ein 45-Kilo-Schaf zu töten.
Klaus Loibnegger, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.