Ein Wal als russischer Spion? Was wie die Idee eines schlechten Agentenkrimis klingt, ist eine ernsthafte Vermutung, nachdem norwegische Fischer einen zahmen Beluga gerettet haben: Das Tier hatte Riemen umgebunden - wie ein Brustgeschirr für einen Hund. Außerdem war eine Kamera daran angebracht. Marineexperten in Norwegen glauben daher, dass es sich bei dem Wal um eine trainierte russische Waffe handeln könnte …
Die Fischer wurden auf den Beluga vor der Küste von Finnmark im Norden aufmerksam, weil das Tier ihr Boot über mehrere Tage begleitet hatte. Schließlich sahen sie das Brustgeschirr, dass am Meeressäuger angebracht war. Sie befreiten den Wal schließlich von seinem „Leinengeschirr“.
„Equipment of St. Petersburg“-Schriftzug entfacht Spekulationen
Das ungewöhnlich zutrauliche Verhalten des Tieres alarmierte norwegische Marineexperten: Sie glauben, dass die engen Riemen dazu genützt werden könnten, um Kameras oder gar Waffen anzubringen. Der Verdacht fällt auf Russland: Auf dem Brustgeschirr fand man den Schriftzug „Equipment of St. Petersburg“. Audun Rikardsen von der Arktischen Universität in Tromsö sagte der norwegischen Zeitung „Verdens Gang“, seine russischen Kollegen glaubten, der Wal sei vom russischen Militär gefangen gehalten worden.
Möglicherweise habe jemand versucht, den Wal zu dressieren, meint Rikardsen. „Dies ist ein zahmes Tier, das daran gewöhnt ist, Nahrung zu bekommen, deshalb hat es wahrscheinlich die Fischer aufgesucht.“ Die Frage sei, ob der Wal nun allein im Meer klarkomme.
Spionagevorwürfe gezielte Provokation?
Russische Experten betonten dagegen, dass der Wal wohl kaum vom russischen Militär genutzt worden sei. Es sei auch möglich, dass das Tier zu wissenschaftlichen Zwecken in der Ostsee eingesetzt worden war oder Schmugglern entkommen sei, sagte der Militärhistoriker Juri Knutow dem russischen Fernsehsender 360 Grad. „Wäre es wirklich vom Militär eingesetzt worden, wüssten die westliche Presse und die NATO sicherlich schon davon“, sagte der Experte. Die Spionagevorwürfe seien eher eine gezielte Provokation in Richtung Moskau.
Russland leugnet „Wal-Spione“, gibt aber „Kampfdelfine“ zu
Russland nutze zwar Delfine für Kriegszwecke, sagte der Militärvertreter Wiktor Baranez dem Moskauer Radiosender Goworit Moskwa. Wale wie der nun gezeigte im Dienste der russischen Marine halte er aber für Unsinn. Die „Kampfdelfine“ befinden in sich in einem Militärzentrum auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim. „Daraus machen wir aber auch kein Geheimnis“, sagte der Experte. Sie seien trainiert, den Meeresboden zu untersuchen oder Minen an Kriegsschiffen aufzuspüren. Auch andere Länder nutzten Delfine auf diese Weise. „Das ist absolut nichts Ungewöhnliches.“
Dass der illegale Handel mit Walen wieder zunehmen könnte, sei nicht unwahrscheinlich, sagte der Historiker Knutow. In Russland sorgte in den vergangenen Wochen ein sogenanntes Wal-Gefängnis im Fernen Osten des Landes für weltweite Schlagzeilen. Nahe Wladiwostok an der Pazifikküste waren rund 100 Belugas und Orcas in einem winzigen Tierbecken eingesperrt. Tierschützer befürchteten, dass sie an chinesische Aquarien verkauft werden könnten. Selbst Kremlchef Wladimir Putin schaltete sich ein. Die Wale sollen in naher Zukunft unter Beobachtung von internationalen Tierexperten in die Freiheit entlassen werden.
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