„Wir können zufrieden sein mit dem, was uns hier gelingt“: Mit diesen Worten hat Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstagabend in der „ZiB 2“ die von der türkis-blauen Koalition geplante Steuerreform, deren Eckpunkte wenige Stunden zuvor vorgestellt worden waren (siehe Video oben), gelobt. Zudem musste sich Kurz den Fragen von ORF-Anchorman Armin Wolf zu den jüngsten Entgleisungen des Koalitionspartners FPÖ stellen.
Warum halten Sie ihr Wahlversprechen nicht? Mit dieser Einleitungsfrage begann Wolf am Dienstagabend das Gespräch mit dem Kanzler mit Blick auf die eben erst vorgestellte Steuerreform der türkis-blauen Koalition.
Wie berichtet, sollen ab dem Jahr 2021 die Steuern gestaffelt um 6,5 Milliarden Euro sinken. Der Großteil entfällt auf die Lohn- und Einkommensteuer, aber auch die Gewinnsteuer für Unternehmern wird reduziert. Zuvor gibt es schon 2020 eine Entlastung für Kleinverdiener bei den Sozialversicherungsbeiträgen.
„Abgabenquote in Richtung 40 Prozent drücken“
Dass es nicht das im Wahlkampf angepeilte Volumen von zwölf bis 14 Milliarden Euro geworden war, erklärte Kurz damit, dass man stets das Ziel gehabt habe, die Abgabenquote in Richtung 40 Prozent zu drücken. Während des Wahlkampfes sei man aufgrund der Konjunktur-Schätzungen davon ausgegangen worden, dass dazu rund zwölf Milliarden Euro nötig seien, „jetzt scheint es sich mit einem Volumen von rund 8,5 Milliarden Euro“ auszugehen, so der Kanzler.
Wolf erinnerte den Kanzler daran, dass er im Wahlkampf eine Senkung der Steuerlast in Richtung 40% versprochen habe, laut IHS werden es aber „nur“ 40,5%. Dies klinge laut dem ORF-Journalisten zwar nicht nach viel, würde aber eine weitere Steuerentlastung in der Höhe von rund zwei Milliarden Euro bedeuten.
„Wir führen keine neuen Steuern ein und machen keine Schulden“
Dass die Steuerquote laut vorliegenden Plänen nicht auf 40, sondern 40,5 Prozent gedrückt werden soll, trübt die Freude für Kurz nicht: „Politik ist immer die Kunst des Machbaren, wir können sehr zufrieden sein mit dem, was uns hier gelingt. Wir haben in Österreich über Jahrzehnte eine Steigerung der Steuerbelastung erlebt. Das, was uns jetzt gelingt, ist eine Trendwende, die Steuerbelastung sinkt deutlich. Wir führen keine neuen Steuern ein und machen keine neuen Schulden“, lobte Kurz das Paket seiner Regierung.
Zahlenschlacht und Rechenschmäh
Der Kanzler ließ sich - auch nachdem ihm Wolf einen „Rechenschmäh“ vorwarf - nicht beirren und betonte: „Wir setzen um, was wir angekündigt haben.“ Zudem sei es immer auch eine Frage, welche Prioritäten man setze. Das Wesentliche sei jetzt, so Kurz, dass die Steuerbelastung „deutlich“ sinke. Was einzelne Details, wie den von Wolf kritisierten niedrigen Betrag zur Ökologisierung, bat der Kanzler um „ein bisschen Geduld“.
Nach den Rechnungen zur Steuerreform wollte Wolf zudem noch von Kurz wissen, wie es denn nun mit der kolportierten Kürzung der Arbeiterkammerbeiträge aussehe. Um zwei Euro im Monat könnten die monatlichen Beiträge der Arbeitnehmervertreter künftig gesenkt werden, so der ORF-Anchor. Die vom ORF-Journalisten angesprochenen Sorgen, wonach es der Regierung um die Beschneidung der Macht der Arbeiterkammer gehen würde, wischte Kurz beiseite. Es ginge dabei lediglich um einen von vielen Bestandteilen einer gesamtheitlichen Abgabenerleichterung für die Bürger.
Die Abschaffung der ORF-Gebühren, für die sich der Koalitionspartner starkmacht, stünde hingegen nicht im aktuellen Pakt, so der Kanzler, von Wolf darauf angesprochen. Kurz betonte dazu, es sei ihm bei allen Debatten um das Budget und den Finanzierungsweg vor allem Anliegen, auch in Zukunft eine unabhängige ORF-Berichterstattung zu gewährleisten.
Identitäre, Ratten-Gedicht, Bevölkerungsaustausch
Am Ende konfrontierte Wolf den Kanzler dann noch mit den Verfehlungen der FPÖ der jüngsten Zeit. Zum „Bevölkerungsaustausch“ - Strache hatte mit der Verwendung des Wortes im „Krone“-Interview für Aufregung gesorgt - meinte Kurz, er lehne das Wort ab, erklärte aber zugleich, dass dieses schlichtweg „sachlich falsch gewählt“ sei. Es finde eine Massenimmigration statt, aber sicher kein Austausch, so der Kanzler. „Weil die Leute, die in diese Länder ziehen, können Sie an einer Hand abzählen.“
„Mit Koalitionspartner nie zu 100 Prozent zufrieden“
Aber es gebe auch bei den Freiheitlichen immer wieder einen Punkt, „wo ich mir denke, das darf doch nicht wahr sein“. Er werde diesbezüglich immer das Gespräch mit dem Koalitionspartner suchen und - „wenn es mir notwendig erscheint, Konsequenzen einfordern. Wenn es diese nicht gibt, wäre eine rote Linie überschritten“, betonte Kurz. Grundsätzlich erklärte er, dass man nie zu 100 Prozent mit seinem Koalitionspartner zufrieden sein könne: „Wenn Sie einen Koalitionspartner haben, werden Sie immer wieder erleben, dass Ihnen dort etwas nicht passt, etwas widerstrebt, nicht gefällt. Wenn die SPÖ Lenin verehrt, dann widert mich das an.“
Geschickt gelang es Kurz noch, das Thema FPÖ und im Besonderen die Causa „Bevölkerungsaustausch“ für den EU-Wahlkampf zu nutzen: „Wir sind im Wahlkampf: Ich lade Sie, aber auch alle Zuschauer ein: Wer eine Partei wählen möchte, die dieses Wort nicht verwendet, aber entschlossen gegen Massenmigration ist, der kann die ÖVP wählen“, sagte er zu ORF-Moderator Armin Wolf.
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