Die Mutter eines der beiden Wiener Mädchen, die sich 2014 nach Syrien begaben, um sich dort der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen, will ihre Enkelkinder nach Österreich holen. Dafür benötigen die beiden Kinder von Sabina S., deren Verbleib ungeklärt ist, die österreichische Staatsbürgerschaft.
Die beiden Wiener Mädchen Sabina S. (damals 15 Jahre) und ihre ein Jahr ältere Freundin Samra K. - ihre Eltern sind bosnische Flüchtlinge - verschwanden im April 2014 und gaben an, in Syrien kämpfen zu wollen. Mit dem Flugzeug reisten sie zuerst nach Ankara und dann weiter ins südtürkische Adana. Danach verlor sich ihre Spur. Der Fall der beiden Mädchen sorgte international für Schlagzeilen. Über ihren Tod wurde oftmals spekuliert.
Clemens Lintschinger, der Anwalt der Mutter von Sabina S., erklärte am Freitag im Ö1-„Mittagsjournal“, die Wienerin sei vermutlich bei der Schlacht um die letzte IS-Hochburg Baghouz im März ums Leben gekommen. Auch vom Vater der Kinder fehlt jede Spur. Die Mutter von Sabina S., Senada S., fand ihre Enkelkinder mit Unterstützung des Politologen Thomas Schmidinger im kurdischen Gefangenenlager Hol in der nordsyrischen Provinz Al-Hasakah.
Stadt Wien kümmert sich um den Fall
Die Heimhol-Aktion gestaltet sich allerdings kompliziert. Die kurdische Eigenverwaltung verlangt laut Recherchen der „Presse“ von höchster Stelle eine Bestätigung, dass die Kinder österreichische Staatsbürger sind. Um den Fall kümmert sich mittlerweile die Stadt Wien. Im zuständigen Magistrat, das nach eigenen Angaben derzeit „mit mehreren Fällen befasst“ ist, hieß es auf Ö1-Anfrage: Wenn die Mutter Österreicherin ist, dann auch die Kinder, allerdings bezweifelt die Behörde die Existenz einer Geburtsurkunde. Die Prüfung, dass die Kinder von Sabina S. stammen, könne dann nur über einen DNA-Test erfolgen.
Nach Eindrücken der „Presse“-Journalistin Duygu Özkan scheint im Camp Hol das „Kalifat“ die Zeit überdauern zu wollen: „Frauen sind komplett verschleiert und ideologisch tief vom IS beeinflusst.“ Es gebe immer wieder Berichte über Rekrutierungs- und Einschüchterungsversuche sowie gewalttätige Auseinandersetzungen.
Auch Fall einer 20-jährigen Wienerin sorgt für Schlagzeilen
Die Rückholung von Frauen, die sich dem IS angeschlossen hatten, sowie von Kleinkindern nach Österreich ist quasi Neuland. Bisher ist ein Fall bekannt, von einer 20-jährigen Wienerin, die mit ihrem zweijährigen Sohn heimkehren wollte. Bei einer Rückkehr droht der jungen Mutter ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Grundsätzlich ist Österreich rechtlich verpflichtet, österreichische Staatsbürger zurückzunehmen.
Rund hundert IS-Kämpfer aus Österreich in Syrien und im Irak
Allerdings: Sobald jemand in den Militärdienst eines fremden Landes eintritt, verliert er die österreichische Staatsbürgerschaft und somit den konsularischen Schutz. Würde die Person mit Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft jedoch staatenlos werden, kann sie laut Gesetz nicht aberkannt werden. Aus Österreich befinden sich derzeit schätzungsweise rund 100 Kämpfer in Syrien und im Irak, rund 30 Prozent von ihnen besitzen laut Innenministerium die österreichische Staatsbürgerschaft.
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