Vorfälle an Wiener HTL

Bildungsdirektor: „Die Schule ist kein Boxring“

Wien
06.05.2019 19:15

„Ich bin sehr entsetzt darüber, was vorgefallen ist“, schickt der Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer gleich zu Beginn des Gesprächs voraus und stellt auch gleichzeitig klar: „Das Geschehene findet keinerlei Akzeptanz, nicht einmal ansatzweise.“ Dabei bezieht er sich auf die jüngsten skandalösen Vorfälle an der HTL Ottakring rund um Handgreiflichkeiten zwischen einem Lehrer und einem Schüler. Im krone.tv-Talk mit Damita Pressl kündigt der Bildungsdirektor nun Konsequenzen und auch Neuerungen an, um derartige Situationen künftig bereits im Keim ersticken zu können.

Tatsächlich werde es in Zukunft an HTLs in ganz Österreich Neuerungen geben müssen, räumt Himmer ein. Dass Lehrkräfte an diesem Schultyp in erster Linie aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen unterrichten, ihre pädagogischen Fähigkeiten allerdings erst während des Unterrichtens „erlernen“ sollen, „war ein falscher Zugang“, sagt der Bildungsdirektor.

Mentoring-Programm für Lehrer im ersten Dienstjahr
Lehrer und Lehrerinnen, die neu beginnen, müssten in Zukunft stärker unterstützt werden, erklärt Himmer weiter. „Das kommt auch - es gibt ein Mentoring-Programm, das auch Lehrern im ersten Dienstjahr zur Verfügung gestellt werden wird.“ Dieses sieht eine Begleitung durch eine bereits erfahrene Lehrkraft vor, eine Teilnahme daran sei verpflichtend, so der Bildungsdirektor. „Leute allein zu lassen ist nicht der richtige Weg.“

Ein weiteres Problem sei die Überforderung, so der Bildungsdirektor. „Unterrichten ist ein harter Job“, stellt Himmer, selbst Pädagoge, noch einmal klar. Doch auch Vertrauen sei ein großes Problem, erklärt der Bildungsdirektor. Bereits seit einiger Zeit gebe es eine sogenannte Lehrer-Helpline, an die sich Betroffene bei Problemen wenden können. Doch gerade in dem aktuellen Fall in Wien ist das nicht geschehen. Deshalb gelte es nun auch herauszufinden, wie es überhaupt so weit habe kommen können, „dass auch der Lehrer nichts sagt?“, so Himmer. Bis zum Auftauchen des Videos sei nichts an die Wiener Bildungsdirektion durchgedrungen, auch „keine Beschwerde des Lehrers“. Daher müsse künftig auch die Kommunikation verbessert werden.

Damita Pressl im Gespräch mit dem Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer (Bild: krone.tv)
Damita Pressl im Gespräch mit dem Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer

„Am Ende wird es Konsequenzen geben“
Eine unabhängige Kommission soll nun - wie berichtet - die Vorfälle an der Wiener HTL untersuchen. Doch wie Unabhängigkeit garantieren nach einem derart lauten medialen Aufschrei? Die betroffene Schule alleine werde dies jedenfalls nicht aufarbeiten, „dafür ist zu viel vor Ort passiert“, meint Himmer. Unter anderem werde ein Spitzenjurist aus dem Bildungsministerium entsendet, auch Juristen aus der Bildungsdirektion. Denn klar sei: „Wir brauchen keine Gerüchte, sondern Tatsachen.“ „Und am Ende wird es Konsequenzen geben. Das, was man in dem Video gesehen hat, wird nicht konsequenzlos bleiben.“

Unterstützung müsse es künftig jedoch auch für die Direktoren der jeweiligen Schulen geben. Ansprechpersonen sollen künftig bereitgestellt werden, um Schulleitern eine Hilfestellung zu geben. Für rücktrittsreif hält Himmer den Direktor der HTL Ottakring nicht, ganz im Gegensatz zu rund 15.000 Menschen, die in einer - mittlerweile offline genommenen - Facebook-Gruppe dies gefordert hatten. Zunächst müssten erst sämtliche Fakten auf den Tisch gelegt und geprüft, erst dann Konsequenzen gesetzt werden, so Himmer.

Die HTL in Wien-Ottakring (Bild: Klemens Groh)
Die HTL in Wien-Ottakring

Direktor „hat meine hundertprozentige Unterstützung“
Auch die insgesamt 1700 Schüler der HTL nun „in einen Topf zu werfen“, sei nicht der richtige Weg, warnt der Bildungsdirektor. „Das finde ich einen falschen Zugang. Solange es nicht klar ist, dass der Direktor Verfehlungen begangen hat, hat er meine hundertprozentige Unterstützung“, so Himmer.

„Schule ist nicht Boxen“
Fest steht jedoch auch für den Bildungsdirektor, dass jener Schüler, der mit dem Lehrer in Konflikt stand, nicht als einziger zur Verantwortung gezogen werden dürfe, sondern auch jene, die „entweder teilnahmslos zugeschaut haben, mitgewirkt haben, oder sogar die Stimmung angeheizt haben, dass es so weit kommen kann, dass hier eine Stimmung wie am Boxring erzeugt wird. Aber Schule ist nicht Boxen“, sagt Himmer.

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