„Familie schützen“

Buwog-Zeuge will über brisante Aufnahmen verfügen

Österreich
09.05.2019 15:28

Jener ehemalige Kabinettsmitarbeiter Karl-Heinz Grassers, der im Buwog-Strafprozess den Ex-Finanzminister und weitere Mitangeklagte schwer belastet hatte, ist am 93. Verhandlungstag erneut befragt worden. Nach der ausführlichen Befragung durch Richterin Marion Hohenecker waren nun die Verteidiger an der Reihe. Vor allem die Grasser-Anwälte nützten die Gelegenheit zu zahlreichen Gegenangriffen und versuchten die Glaubwürdigkeit Michael Ramprechts zu zerstören. Dies führte zu turbulenten Wortgefechten im Gerichtssaal.

Zur Aussage des ebenfalls mitangeklagten Immobilienmaklers Ernst Karl Plech, der allerdings aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig ist, nach einem gemeinsamen Tennismatch im Frühjahr 2004, wonach die Buwog-Sache „ein abgekartetes Spiel“ sei und hinter all dem „der Herr Minister“ stecke, merkte Grassers Anwalt Norbert Wess an, dass bei einem Privatverfahren seines Mandanten gegen Ramprecht dieser die Aussage vor Jahren anders formuliert habe. Dies erklärte der Zeuge damit, dass er damals Angeklagter gewesen sei und ihm sein Anwalt geraten habe, „etwas weicher“ zu formulieren, damit er keine großen Probleme bekommt. „Haben Sie damals die Wahrheit gesagt?“ Mit dieser Frage konnte Grassers Verteidiger Ramprecht weder ein Ja noch ein Nein entlocken.

Ramprecht: „Für mich brach eine Welt zusammen“
Als Zeuge - und unter Wahrheitspflicht - bestand Ramprecht am Donnerstag darauf, dass er von Plech die Information gesteckt bekommen habe, dass Grasser bei der Buwog-Vergabe „Eigeninteressen hatte“. Für Ramprecht, der damals seinen Finanzminister als Vorbild gesehen hatte, sei „eine Welt zusammengebrochen“. Zu seiner Aussage vor Gericht stehe er aber „zu hundert Prozent“.

Michael Ramprecht bei einem Auftritt vor dem Korruptions-Untersuchungsausschuss im Jahr 2012 (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Michael Ramprecht bei einem Auftritt vor dem Korruptions-Untersuchungsausschuss im Jahr 2012

Tonbandaufnahmen „zum Schutz meiner Familie“
Alles, was er in anderen Einvernahmen oder in Untersuchungsausschüssen gesagt habe, hätten den Zweck gehabt, „hier vor Gericht zu landen“. Daher sei alles, was er heute unter Wahrheitspflicht sage, „das Maß aller Dinge“. In diesem Zusammenhang erklärte Ramprecht, dass er stets versucht habe, Plech im Unklaren darüber zu lassen, „was Sache ist“. Denn sollte seiner Familie etwas zustoßen, hätte er ausreichend Beweismaterial in Form von Gesprächsaufzeichnungen, um Plech zu schaden.

Diese befinden sich laut Ramprecht bei einem Notar. Welcher Notar das sei, wollte er auch auf mehrmaligem Nachfragen der Grasser-Vertediger nicht bekannt geben. Die besagte Sprachdatei sei sehr heikel, jedoch nicht verfahrensrelevant, betonte der Zeuge.

Eskalation am Ende des Prozesstages
Gegen Ende des Verhandlungstages artete das Duell zwischen Anwalt und Zeuge vollkommen aus. Letzterer beschwerte sich darüber, dass Wess „vom Hundertsten ins Tausendste“ komme und der einzige Grund sei dessen Anwaltshonorar. Wess‘ Kollege Manfred Ainedter schimpfte: „Das ist eine Frechheit, wie Sie sich hier benehmen.“ Es ging hin und her, bis die Richterin die Wortgefechte stoppte und den Verhandlungstag beendete. Ramprechts Befragung wird zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt.

Ex-Lehman-Banker verteidigt zweite Angebotsrunde
Zuvor hatte ein bereits am Vortag geladener ehemaliger Investmentbanker „Überstunden“ abzuleisten, da seine Befragung am Mittwoch noch nicht zu Ende war. Der frühere Mitarbeiter der Investmentbank Lehman Brothers, die den Privatisierungsprozess der Bundeswohnungen damals begleitet hatte, verteidigte wie schon Ministerialbeamte und Auswahlkommissionsmitglieder das Ansetzen einer zweiten Bieterrunde. Es habe ein „Wertpotenzial“ gegeben, erklärte Zeuge Jürgen K. am Donnerstag.

Die Angeklagten Walter Meischberger und Peter Hochegger (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH/APA-POOL)
Die Angeklagten Walter Meischberger und Peter Hochegger

Zu einer möglichen Rolle des verstorbenen ehemaligen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider beim Buwog-Verkauf habe er keine Wahrnehmungen gehabt, betonte der ehemalige Investmentbanker. Die einzige Information, die er geben konnte war, dass Haider erst nach Abgabe der Angebote in der zweiten Runde, nämlich am 13. Juni 2004, von Grasser kontaktiert worden sei. Dabei sei es um das Vorkaufsrecht für die Kärntner Eisenbahnwohnungsgesellschaft ESG gegangen, das Grasser Haider eingeräumt hatte.

Richterin Marion Hohenecker (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH/APA-POOL)
Richterin Marion Hohenecker

Haiders Vorkaufsrecht war „politischer Wille“
Wie sich bereits im Laufe des Prozesses herauskristallisiert hat, war das Vorkaufsrecht nicht notariell beglaubigt und daher auch nicht rechtlich verbindlich. Es handelte sich lediglich um den „politischen Willen“, einem Entgegenkommen des damaligen Finanzminsters. Das Vorkaufsrecht und die Achse Haider ist deswegen von Bedeutung, weil durch das Ziehen der Kaufoption durch das Land Kärnten und eines damit einhergehenden Bietersturzes der letztlich unterlegene Bieter, die CA Immo, den Zuschlag erhalten hätte. Zudem sagte Meischberger im Rahmen des Buwog-Prozesses aus, dass er die brisanten Informationen aus dem Bieterverfahren von Haider erfahren und an die mitbietende Immofinanz weitergegeben habe.

Als Gegenleistung des durch diesen Tipp siegreichen Österreich-Konsortiums floss ein Prozent des Kaufpreises, nämlich 9,6 Millionen Euro, im Geheimen über Scheinrechnungen an Hochegger und Meischberger. Laut Anklage profitierten auch Grasser und Plech davon, was beide sowie Meischberger dementieren. Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt und Grasser damit belastet.

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