Regionale Rivalitäten
Die Krisen in Nahost sind eng miteinander verwoben
Keine andere Region erlebt so viele Konflikte wie der Nahe Osten. Geprägt wird die Region von der Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Doch auch andere Mächte zeigen ihre Muskeln. Wie dunkle Wolken hängen die Rivalitäten der Regionalmächte über der Region, in der zugleich die USA, Russland und Europa um Einfluss ringen.
Die regionalen Rivalitäten spielen auf unterschiedliche Art und Weise in die vielen Konflikte der Region hinein. Ein komplexes Geflecht - denn auch wer in dem einen Konflikt auf einer Seite steht, kann anderenorts miteinander konkurrieren.
Syrien
In mehr als acht Jahren Bürgerkrieg hat der Iran hier seinen Einfluss massiv ausgebaut. Von Teheran finanzierte Milizen kämpfen an der Seite der Truppen von Machthaber Bashar al-Assad. Syriens Rebellen sprechen von einer „iranischen Besatzung“. Auch Russland unterstützt die Regierungstruppen. Der Iran verfolgt vor allem das Ziel, eine Landachse vom Libanon am Mittelmeer über Syrien und den Irak bis nach Teheran zu errichten. Und seinen militärischen Einfluss über Milizen bis vor die Grenze Israels auszudehnen.
Wichtigster Verbündeter der syrischen Rebellen ist die Türkei mit Unterstützung aus Saudi-Arabien und Katar. Auch die USA haben in Syrien Truppen im Einsatz, die dort die IS-Terrormiliz bekämpfen, aber auch den iranischen Einfluss zurückdrängen sollen.
Irak
Das Krisenland ist das zweite große Spielfeld der iranischen Führung. Auch hier unterstützt Teheran Milizen, die politisch starken Einfluss besitzen. Gegen sie kann in Bagdad keine Regierung gebildet werden. Die proiranischen Kräfte wollen, dass die US-Truppen aus dem Land abziehen. Laut US-Geheimdienstinformationen planen die Milizen Angriffe auf US-Soldaten.
Deswegen reiste Außenminister Mike Pompeo in dieser Woche nach Bagdad und verlangte Medien zufolge von Regierungschef Adel Abdel Mahdi, Irans Einfluss zurückzudrängen. Eine praktisch unerfüllbare Forderung, zu mächtig ist Teherans Rolle. So befürchten Beobachter, der US-Konflikt mit dem Iran könne im Irak am ehesten eskalieren.
Nahostkonflikt
Der Iran unterstützt die radikalen palästinensischen Gruppierungen Hamas und Islamischer Dschihad, aber auch die schiitische Miliz Hisbollah im Nachbarland Libanon, die Israel bekämpft. 2006 kam es sogar zum Krieg zwischen Hisbollah und Israel. Die israelische Armee fliegt immer wieder Einsätze in Syrien, die sich vor allem gegen Teheran-treue Einrichtungen und Milizen richten.
Der gemeinsame Erzfeind Iran verbindet auch Israel und Saudi-Arabien. Offiziell pflegen die beiden Länder keine Beziehungen, doch inoffiziell dürfte es Kontakte geben. So soll Saudi-Arabien auch in die Ausarbeitung des Nahost-Friedensplans eingebunden sein, den Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bald vorlegen will. Allerdings: Als Trump die besetzten syrischen Golanhöhen als Teil Israels anerkannte, stieß das auch auf Kritik aus Saudi-Arabien.
Katar-Krise
Im Sommer 2017 verhängte Saudi-Arabien eine Blockade über Katar. An der Seite Riads stehen dabei die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Ägypten. Sie werfen dem Golf-Emirat zu enge Beziehungen zum Iran, Terrorunterstützung und Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten vor. Sie stoßen sich unter anderem an dem katarischen TV-Kanal Al-Jazeera, in dem auch immer wieder Muslimbrüder und andere Islamisten zu Wort kommen. Katar weist die Vorwürfe zurück. Das kleine, aber reiche Emirat pflegt zum Iran ein gutes Verhältnis, auch weil es sich mit ihm am Golf das größte Gasfeld der Welt teilt.
Jemen
Auch hier bilden Saudi-Arabien und die VAE ein Bündnis, das die international anerkannte Regierung unterstützt. Diese wird von den Huthi-Rebellen bekämpft - in denen Saudi-Arabien und seine Partner einen engen Verbündeten des Iran sehen. Allerdings ist Teherans Einfluss im Jemen nicht annähernd mit dem in Syrien oder Irak zu vergleichen. Seit 2015 fliegt Riads Koalition in dem Bürgerkriegsland Luftangriffe und hat so maßgeblich zur massiven humanitären Krise in dem ohnehin bettelarmen Staat beigetragen.
Libyen
In dem nordafrikanischen Land rivalisiert die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar. Dessen Truppen begannen im vergangenen Monat eine Offensive auf Tripolis, wo die Regierung sitzt. Haftar erhält Unterstützung aus den Emiraten und Ägypten, aber auch von Saudi-Arabien. Der General gibt seinen Einsatz als Kampf gegen Terroristen aus, zu denen er auch die Islamisten zählt. Katar und die Türkei wiederum stehen auf der Seite von Milizen, die mit der international anerkannten Sarradsch-Regierung verbunden sind.
IS-Terrormiliz
Von den Krisen und Konflikten profitieren nicht zuletzt Extremisten wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese konnte die instabilen Lagen und geschwächten staatlichen Strukturen im Irak und in Syrien ausnutzen, um dort ein großes Herrschaftsgebiet zu errichten.
Auch im Jemen und in Libyen ist sie weiter aktiv, wo sie zuletzt erneut Angriffe für sich reklamierte. Die radikale Ideologie der sunnitischen Dschihadisten richtet sich vor allem gegen Schiiten. Sie speist sich wesentlich aus dem saudischen Wahhabismus, einer streng konservativen und puritanischen Lesart des Islam.
Kronen Zeitung
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