Weil er zwei Mitgefangene in der Justizanstalt Stein in Niederösterreich mit einem Messer attackiert hat, ist ein 24-Jähriger in der Nacht auf Freitag in Krems von einem Schwurgericht wegen schwerer Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch gegen den Tunesier ist rechtskräftig. Die Hauptfrage nach versuchtem Mord wurden aber von den Laienrichtern einstimmig verneint.
Im Zentrum des Prozesses stand die Frage nach dem Tatwerkzeug. Beide Opfer hatten bei ihren Einvernahmen nach der Attacke von einer selbst gebauten Waffe - ein Griff und eine Stanley-Messerklinge mit einer Länge von vier bis fünf Zentimetern - gesprochen. In der Hauptverhandlung waren sich die Tschetschenen im Alter von 21 und 32 Jahren nicht mehr so sicher. Der Ältere, gleichzeitig Hauptbelastungszeuge, sagte, dass der Gegenstand „so wie ein Brotmesser ausgesehen“ habe, der Angeklagte hatte zuvor dieselbe Beschreibung gewählt. Ähnlich wurde das Tatwerkzeug vom 21-Jährigen gesehen, der Tschetschene sprach von einer Art Streichmesser.
Streitpunkt: Tatwaffe
Wolfgang Denk, der medizinische Sachverständige, widersprach diesen Versionen allerdings. Aufgrund der Verletzungen der beiden Opfer sei darauf zu schließen, dass es sich „um ein Tatwerkzeug mit spitz zulaufender Klinge“ gehandelt habe, von einem „Haushaltsmesser“ sei daher nicht auszugehen. Gefunden wurde die Stichwaffe nicht, obwohl im Haftraum danach gesucht worden war, wie eine Justizwachebeamtin im Zeugenstand schilderte. Beim Urteilsvortrag der Laienrichter war letztlich von einem Besteckmesser die Rede.
In Haftraum gestürmt und zugestochen
Mit dem Tatwerkzeug im Gepäck stürmte der bereis vierfach vorbestrafte Verdächtige laut Anklage am 9. August 2018 in den Haftraum der beiden Tschetschenen, zwei weitere Gefangene waren außerdem anwesend. Dort stach der 24-Jährige zuerst auf den 32-Jährigen ein - mit ihm hatte er in den Tagen davor mehrere Auseinandersetzungen. Der Mann erlitt Kopf-, Hals- und Bauchverletzungen. Der 21-Jährige kam seinem Landsmann zu Hilfe und wurde von dem Tunesier daraufhin mit Stichen in den Kopf und den Halsbereich bedacht. Beide Opfer wurden leicht verletzt.
Körperverletrzung „mit der Lebensgefahr verbunden“
Der Angeklagte sprach bei seiner Befragung davon, von den beiden Mithäftlingen angegriffen worden zu sein. Danach habe er das in den Haftraum mitgebrachte Messer genommen und „einfach so herumgefuchtelt“.
Trotz der leichten Verletzungen der beiden Opfer wurde der Beschuldigte wegen schwerer Körperverletzung belangt - weil er die Körperverletzungen gemäß Paragraf 84 Absatz 5 Ziffer 1 Strafgesetzbuch „auf eine Weise, mit der Lebensgefahr verbunden ist“, begangen haben soll. Die Geschworenen beantworteten die beiden entsprechenden Eventualfragen einstimmig mit Ja.
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