Der kürzlich aus der Haft entlassene Rechtsextreme Gottfried Küssel sorgt mit Aussagen über die Vergangenheit von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) in rechtsradikalen Kreisen für Aufsehen. In einem rechtsextremen deutschen Magazin deutet Küssel an, belastende Informationen zu haben, die man „vielleicht noch mal brauchen“ könnte. Die Opposition fordert Strache nun auf, Küssel zu klagen, und droht mit einer Nationalrats-Sondersitzung: Es könne nicht sein, dass ein Vizekanzler von Neonazis erpresst werde.
Küssel war 2013 aufgrund seiner Umtriebe als Initiator der neonazistischen Homepage alpen-donau.info wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Ende Jänner wurde er entlassen und hat nun dem vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) als neonazistisch eingestuften deutschen Magazin „N.S. Heute“ ein Interview gegeben. Darin beschreibt Küssel, wie er den damaligen Teenager Strache in den 1980er-Jahren kennengelernt hatte. Damals habe Strache „für unsere damalige ,Ausländer-Halt-Bewegung‘ an Wahlkampfaktionen teilgenommen“.
„Im stillen Kämmerlein den großen Nationalsozialisten gespielt“
Strache habe „nie unsere Blutgruppe gehabt, aber im stillen Kämmerlein hat er den großen Nationalsozialisten gespielt. Da gab es einige lustige Auftritte, über die will ich jetzt aber nicht reden, vielleicht brauchen wir das noch mal“, wird Küssel zitiert.
Nicht teilgenommen hat Strache Küssel zufolge übrigens an den „Wehrsportübungen“ der später verbotenen Neonazi-Gruppe VAPO, wohl aber an ähnlichen Aktionen „akademischer Korporationen“ (Burschenschaften). Fotos, die Strache bei solchen Wehrsportübungen zeigen, sind seit 2007 bekannt. Strache selbst bzw. sein Sprecher wollten die Aussagen Küssels nicht kommentieren.
„Was hat Küssel über das bereits Bekannte hinaus in der Hand?“
Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda sind die Aussagen Küssels alarmierend: „Die einschlägigen Verbindungen Straches mit der Neonazi-Szene sind alles andere als überraschend und mittlerweile gut dokumentiert. Angesichts der jüngsten Aussagen stellt sich jetzt die Frage, was Küssel über das bereits Bekannte hinaus, das für sich genommen schon alarmierend genug ist, noch in der Hand hat“, so Drozda. Strache sei nun „massiv unter Druck und in der Pflicht: Er muss die Causa Küssel - auch auf rechtlichem Wege - klären und seine Umtriebe offenlegen oder sofort zurücktreten.“
„Wie kann es sein, dass ein Neonazi Druck auf den Vizekanzler ausüben kann?“
NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper reagierte ebenfalls „alarmiert“ auf die vom DÖW veröffentlichten Aussagen. „Wie kann es sein, dass einer der berüchtigtsten Neonazis der Republik Druck auf den Vizekanzler der Republik ausüben kann? Strache ist gefordert, hier für Klarheit zu sorgen, es geht schließlich um eines der höchsten Ämter in Österreich“, betonte Krisper, die diesen „Einzelfall“ als weiteren Beweis für die problematische Regierungsbeteiligung der FPÖ sieht.
Pilz: „Legen Sie offen, was Küssel gegen Sie in der Hand hat!“
Auch JETZT-Abgeordneter Peter Pilz forderte Strache auf, Küssel zu klagen. Dessen Äußerungen verstehe er als „offene Drohung an den Vizekanzler“. Daher fordert er Strache per Aussendung auf: „Herr Vizekanzler, legen Sie offen, was Küssel gegen Sie in der Hand hat!“
Außerdem will er gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien eine Sondersitzung des Nationalrats beantragen: „Ich kenne keinen Fall in Europa, wo der Verdacht immer stärker wird, dass der Vizekanzler ganz offen vom führenden Neonazi des Landes unter Druck gesetzt werden kann. In Deutschland müsste er sofort gehen.“
Pilz erwartet von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nun einen Bericht an den Nationalrat und kündigte an, dazu an Bundeskanzler und Vizekanzler Anfragen einzubringen.
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