Dass sich Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Auftauchen des Ibiza-Videos aus dieser Sache nicht mehr herausreden kann, dürfte noch vor der für Samstag angekündigten Stellungnahme von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur Causa klar sein. Selbst Neuwahlen stehen im Raum, die Justiz prüft bereits. Was allerdings noch unklar ist: Woher kommt das hochprofessionell gemachte Video - und wieso wurde es erst jetzt, fast zwei Jahre nach Entstehung, einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht?
Veröffentlicht haben die heimlich gemachten Aufnahmen aus dem Juli 2017 am Freitag die deutschen Medien „Süddeutsche Zeitung“ und „Der Spiegel“. Wie der Leiter der Investigativ-Recherche der „SZ“, Bastian Obermayer, gegenüber krone.at schilderte, sei ihnen das Videomaterial - insgesamt etwa sechs Stunden - vor einer Woche zugespielt worden. Nach einer intensiven Prüfung entschloss man sich, den Fall an die Öffentlichkeit zu bringen - zu Recht: Das Video schlug am Freitag ein wie eine Bombe.
Video: Aufdecker-Journalist schildert, was im Video zu sehen ist
Teile davon habe er aber bereits vor längerer Zeit gesehen, damals habe man aber „noch nicht richtig anfangen können zu arbeiten“, weil man das Video zu dem Zeitpunkt nicht physisch vorliegen gehabt habe, so Obermayer.
Video soll wohl Position der FPÖ vor der EU-Wahl schwächen
Wieso das Video aber erst jetzt Medien zugespielt wurde - und vor Kurzem auch dem deutschen Satiriker Jan Böhmermann, der sich aber abgesehen von einer damals nicht in seiner Bedeutung erkannten Romy-Dankesrede, in der er davon sprach, „gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-bezahlt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza herumzuhängen“, dazu entschloss, „nichts daraus zu machen“ -, ist unklar, der Verdacht liegt aber natürlich nahe, dass die FPÖ vor der EU-Wahl am 26. Mai geschwächt werden soll.
Video: Böhmermann kannte das Video bereits im April
Die Russland-Kontakte der Partei waren bereits vor der Nationalratswahl ein großes Thema - nun können sie von dem Regierungspartner aber kaum mehr als „Verschwörungstheorie der Opposition“ dargestellt werden, wie das erst am Donnerstag im Parlament geschehen sei, so NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger in einer ersten Reaktion auf das aufgetauchte Video.
Inszenierung eines westlichen Geheimdienstes?
Wie die „Presse“ unter Berufung auf „Geheimdienstler“ berichtet, tippe man auf eine Inszenierung eines westlichen Geheimdienstes. Schließlich würden das professionell ausgearbeitete Profil des Lockvogels und der dahinterstehende technische Aufwand ebenso auf Profis hindeuten wie die Tatsache, dass nicht nur die Villa auf Ibiza, in der das Treffen stattgefunden hatte, sondern auch davor geparkte Luxusschlitten angemietet worden seien, um die Szenerie perfekt erscheinen zu lassen.
In der „Geheimdienstwelt sorgte man sich, wie die Zusammenarbeit künftig funktionieren werde“, schreibt die „Presse“ und meint eben die Russland-Kontakte der FPÖ: „Vor allem die USA, die praktisch in allen großen Geheimdienstgremien sitzen, hätten hier große Bedenken geäußert, dass Informationen Richtung Russland abfließen könnten.“
Oberstaatsanwaltschaft bereits auf dem Plan
Die Justiz wurde bereits auf den Plan gerufen: Laut Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek wurde die Oberstaatsanwaltschaft mit einer Prüfung beauftragt. Er warnte aber, dass man sich noch kein Gesamtbild der Lage machen könne: „Es liegen vorerst nur Video-Ausschnitte vor, der Zusammenhang lässt sich nicht beurteilen.“ Es stelle sich aus juristischer Sicht die Frage, ob es sich nur um Gerede gehandelt habe oder es konkrete Hinweise auf ein strafbares Verhalten gebe.
Die Justiz werde bei den beiden Medien um das gesamte, ungeschnittene Videomaterial bitten, „und dann die erforderlichen Schritte setzen“. Ob Ermittlungen eingeleitet werden, sei deshalb noch offen, die Prüfung des Videos sei nun der erste Schritt. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte allerdings schon betont, dass sie die Originalaufnahmen nicht zur Verfügung stellen werde. Die Aufnahmen seien der „SZ“ und etwas später dem „Spiegel“ zugespielt worden. Aus Gründen des Quellenschutzes mache man keine Angaben über die Herkunft.
Jarolim zeigt Strache und Gudenus bei Korruptionsstaatsanwaltschaft an
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zeigt Strache und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus jedenfalls bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an. Im Video zu sehende Aussagen und Aktivitäten könnten Straf-Tatbestände - bzw. zumindest deren Vorbereitung - von Amtsmissbrauch, Bestechung, Geldwäscherei über staatsfeindliche Verbindung bis zu unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften erfüllen, schreibt Jarolim in der Sachverhaltsdarstellung. Dass es sich bei der Frau um einen Lockvogel handelte, ändere nichts an der Sache, meint Jarolim unter Hinweis auf die Causa Strasser.
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