341.000 Euro am Konto

Flossen Parteispenden über FPÖ-nahen Verein?

Österreich
20.05.2019 12:13

Im Ibiza-Skandalvideo, das zum Auseinanderbrechen von Türkis-Blau geführt hat, erläuterte Heinz Christian Strache (FPÖ) im Sommer 2017 vor versteckter Kamera gegenüber der vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte, wie man Großspenden über einen gemeinnützigen Verein schleusen würde, ohne sie an den Rechnungshof zu melden. War das nur „Prahlerei“, wie der Ex-Vizekanzler nun behauptet, oder gibt es einen solchen Verein tatsächlich? Fest steht aber: Im Umfeld von Strache gibt es zumindest einen Verein, auf den die Beschreibung passen könnte und der eigenen Angaben zufolge 382.000 Euro an Spenden lukriert hat. Und gegenüber der „ZiB 2“ sagte jetzt ein bekannter Geschäftsmann, dass er von Strache und Herbert Kickl gebeten worden sei, über genau diesen Verein an die FPÖ zu spenden …

„Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen … Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein … Der Verein ist gemeinnützig, der hat mit der Partei nichts zu tun. Dadurch hast du keine Meldungen an den Rechnungshof. Das ist ein gemeinnütziger Verein mit drei Rechtsanwälten. Der hat ein Statut: Österreich wirtschaftlicher gestalten“, hatte Strache im Ibiza-Video (siehe Video oben) den Modus operandi, um Spenden am Rechnungshof vorbeizulotsen, erklärt.

(Bild: Screenshot spiegel.de)

Verein zur politischen Reform in Österreich
Laut Angaben des „profil“ gibt es im Umfeld von Strache tatsächlich einen Verein, von dessen Existenz bisher kaum jemand wusste. Was nicht verwunderlich ist, war der laut Vereinsregister am 23. Juni 2015 angemeldete „Austria in Motion - Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich“ mit Sitz im 18. Wiener Gemeindebezirk doch bis dato nach außen hin nicht in Erscheinung getreten. Wer ihn z. B. googelt, findet - abgesehen von aktueller Berichterstattung - nichts über irgendwelche Aktivitäten.

Der Sitz des Vereins „Austria in Motion“ in Wien. Der Verein gilt als verdächtig, als Vehikel für versteckte Spenden an die FPÖ gedient zu haben. (Bild: Wilhelm Eder)
Der Sitz des Vereins „Austria in Motion“ in Wien. Der Verein gilt als verdächtig, als Vehikel für versteckte Spenden an die FPÖ gedient zu haben.

Anwälte im Verein aktiv
Interessanter sind schon die Angaben im österreichischen Vereinsregister: Als Obmann fungiert demnach Markus Braun, die rechte Hand des FPÖ-nahen Investmentberaters Peter Sidlo (Sigma Investment), der zuletzt auf einem FPÖ-Ticket im Generalrat der Österreichischen Nationalbank saß. Kassier ist Alexander Landbauer, der Bruder des geschäftsführenden niederösterreichischen FP-Landesparteiobmanns Udo Landbauer. Als weiterer Kassier von „Austria in Motion“ (bestellt bis 10. Mai 2019) wird der Wiener Anwalt Peter Skolek angeführt, der auch 2017 bis 2018 Schriftführer der schlagenden Verbindung Vandalia war, angeführt. Zuvor war der Wiener Anwalt Markus Tschank in dem Verein aktiv.

Insgesamt 382.000 Euro an Spenden lukriert 
Braun dementiert am Montag, dass der Verein ein FPÖ-Spendenvehikel sei und man Gelder an die FPÖ weitergeleitet habe. Er bestätigte aber gegenüber der APA, dass „Austria in Motion“ seit 2015 Spenden in der Höhe von 382.000 Euro eingenommen hat. Ein Weiterleiten an die Freiheitliche Partei sei aber nie geplant gewesen und der Großteil des Geldes sei ohnehin noch da. Man habe aber keinerlei Zuschüsse von den im „Ibiza-Video“ genannten Personen - etwa dem Waffenfabrikanten Gaston Glock oder dem Immobilieninvestor René Benko - oder deren Gesellschaften erhalten. Auch Spenden, Sponsorings oder sonstige Zuwendungen an politische Parteien oder deren Vorfeldorganisationen habe es nicht gegeben, so der Unternehmer.

(Bild: krone.at-Grafik)

Vereinsobmann bestreitet Parteienfinanzierung
Das Geld sei aber unter anderem für Studien gedacht gewesen, die gerade in Vorbereitung seien. Der Großteil der Spenden (341.000 Euro) befänden sich noch auf den Vereinskonten, so Braun, der ankündigte, die gesamte Vereinsgebarung - seinen Angaben zufolge 65 Buchungszeilen seit 2015 - von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen begutachten und anschließend veröffentlichen zu lassen. Und er versichert: „Wir haben niemals vorgehabt, eine illegale Parteienfinanzierung zu machen. Das war nicht intendiert und ist nie gemacht worden.“

Brauns Vorgänger als Vereinsobmann war laut der Online-Plattform meineabgeordneten.at - zwischen Mai 2015 und August 2017 - Markus Tschank, im Brotberuf Rechtsanwalt in Wien und aktuell Nationalratsabgeordneter der FPÖ. Tschank gilt nicht nur als Vertrauter Straches, er kennt sich - Zufall oder nicht - auch gut mit Russland aus. Der Jurist - er ist auch FPÖ-Obmann im Wiener Bezirk Innere Stadt - ist etwa Vorstandmitglied der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft und Präsident des 2016 gegründeten Institutes für Sicherheitspolitik (ISP), dessen Hauptabnehmer das (noch) FPÖ-geführte Verteidigungsministerium ist. Von diesem kassiert das ISP jährlich pauschal 200.000 Euro und lieferte dafür vor allem Analysen zu Russland. Auch Tschank bestreitet gegenüber „profil“, dass während seiner Zeit als Kassier des Vereins „weder direkt noch indirekt Zahlungsflüsse an Parteien oder parteinahe Organisationen stattgefunden“ haben.

„Kampf gegen Korruption“ in den Statuten
In den Verdacht geraten ist „Motion in Austria“ unter anderem deshalb, weil sich in den Statuten verankerten Positionen über weite Strecken mit jenen der Freitheitlichen Partei decken. Bisher gibt es aber keine Beweise dafür, dass der Verein verdeckte Parteispenden für die FPÖ gesammelt haben könnte. Witzig ist allerdings, dass in seinen Statuten neben der „Demokratisierung der Gesellschaft sowie Abschaffung des Proporzsystems in Österreich“ auch der „Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch“ gelistet ist …

Spenden über 51.000 Euro (im Wahlkampf 2017 waren es noch 50.000 Euro) müssen die Parteien zur sofortigen Veröffentlichung an den Rechnungshof melden, Zuwendungen über damals 3500 Euro müssen im Rechenschaftsbericht veröffentlicht werden. Der Rechnungshof hat allerdings keine Möglichkeit, die Finanzen der Parteien zu kontrollieren bzw. zu prüfen, ob die Rechenschaftsberichte auch korrekt sind. Er hat lediglich die Möglichkeit, Fragen an die Parteien zu stellen.

(Bild: APA/Harald Schneider)

Rechnungshof will wegen Parteispenden nachfragen
Der Rechnungshof hat am Wochenende angekündigt, den im „Ibiza-Video“ festgehaltenen Aussagen Straches über verdeckte Parteienfinanzierung nachzugehen. Derzeit prüfe der Rechnungshof im Rahmen seiner Möglichkeiten die Rechenschaftsberichte der Parteien für 2017, sagte ein Sprecher: „Bei der FPÖ werden aufgrund der Umstände weitere Fragen folgen.“

Und ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer erklärte am Montag in einer Aussendung: „Kickl kann nicht weiter Innenminister sein. Hier braucht es volle und lückenlose Aufklärung. Diese ist mit ihm in diesem Amt nicht gewährleistet.“

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