Dann eben ein eigenes Betriebssystem für Smartphones - zu einem solchen Schritt sieht sich der chinesische Telekommunikationsriese Huawei nach dem Technologiebann durch die US-Regierung von Präsident Donald Trump genötigt. Diesen „Plan B“ hat Huawei zwar tatsächlich in der Schublade. Doch Experten zufolge lauern dabei Risiken.
Bereits seit 2012 arbeitet der in Shenzhen ansässige Konzern Medienberichten zufolge an einem eigenen Betriebssystem, das durch die erzwungene Abkapselung von Googles allgegenwärtigem Android-Kosmos nun schlagartig Brisanz bekommt. Auch wenn Huawei die Existenz dieses Betriebssystems durchaus einräumt, blieben Details zu der Plattform bisher im Dunkeln.
Das System mit dem Namen „HongMeng“ werde derzeit getestet und werde „schrittweise“ Android ersetzen, berichtete am Montag die chinesische Staatszeitung „Global Times“. Dabei berief sich die Zeitung wiederum auf andere chinesische Medien - ohne weitere Einzelheiten zu nennen.
„Das ist unser Plan B“
Dass Huawei ein eigenes Betriebssystem vorbereitet, hatte Konzernmanager Richard Yu indes bereits im März der „Welt“ gesagt. „Sollte es einmal dazu kommen, dass wir diese Systeme nicht mehr nutzen können, wären wir also gewappnet“, sagte er der Zeitung. „Das ist unser Plan B.“
„Aber wir bevorzugen natürlich die Zusammenarbeit mit den Ökosystemen von Google und Microsoft“, fügte der Leiter der Konzernsparte für das Konsumentengeschäft zugleich hinzu. Genau diese Zusammenarbeit steht trotz der zuletzt von Washington eingeräumten dreimonatigen Schonfrist nun in Frage, nachdem das US-Handelsministerium Huawei samt seiner Tochterfirmen auf eine schwarze Liste setzte.
Denn US-Firmen dürfen an die Unternehmen auf dieser Liste nur mit behördlicher Erlaubnis Technologieprodukte verkaufen. Das zwingt Huawei einerseits, sich von US-Technik zu emanzipieren, trifft aber zugleich die Achillesferse des Konzerns.
Bereits andere an Vorhaben gescheitert
Zwar betont der chinesische Konzern stets, bei der Netzwerktechnik für den neuen 5G-Mobilfunkstandard könne die Welt wegen des technologischen Vorsprungs nicht auf Huawei-Ausrüstung verzichten, doch an einem Smartphone-Betriebssystem sind bereits andere Technologiegiganten krachend gescheitert - denn die Plattformen müssen zugleich Nutzer und App-Entwickler überzeugen. Experten betonten, dass die rein technische Entwicklung nur einen Teil der Herausforderung ausmacht. Sich eine kritische Nutzermasse zu sichern und das Vertrauen der wichtigen App-Entwickler in die Plattform zu festigen, könne Jahre dauern.
Ein sogenanntes Operating System (OS) für Smartphones gut und erfolgreich zu bauen, sei „außergewöhnlich schwierig“, sagt Ryan Whalen vom Law and Technology Centre an der Universität von Hongkong. Als Beispiele nennt er Nokia oder Blackberry - aber auch Microsoft, das erst Anfang des Jahres das Aus für die Plattform Windows Phone verkündet und seinen Nutzern zum Wechsel auf Apples iOS oder eben auf das mit großen Abstand am weitesten verbreitete Android-System geraten hatte.
Wenn Huaweis Konkurrenten künftig Android-Dienste anbieten dürften, der chinesische Konzern aber nicht, bedeute das für Huawei einen „entscheidenden Wettbewerbsnachteil“, sagt Whalen.
Noch nicht bereit
Der chinesische Konzern wisse, dass er als Telekommunikationsriese „schlussendlich sein eigenes Herzstück braucht“, sagt Wong Kam Fai von der Chinesischen Universität in Hongkong. „Sie haben es, aber sie sind noch nicht bereit“. Für Huawei wäre es besser gewesen, „wenn diese Dinge zwei oder drei Jahre später passiert wären“, sagt er. „Aber es passiert jetzt - also müssen sie sich beeilen.“
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