„Zunehmende Verrohung“
Warnung vor Tragen der Kippa in Deutschland
Der Antisemitismus-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Felix Klein, hat Juden in Deutschland davor gewarnt, die Kippa aufzusetzen. „Ich kann Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen“, sagte Klein am Samstag. Seine Meinung habe sich „im Vergleich zu früher leider geändert“, fügte er hinzu. Israel ist unterdessen „zutiefst schockiert“ über diese Empfehlung.
Der Regierungsbeauftragte begründete die Entwicklung mit einer „zunehmenden gesellschaftlichen Enthemmung und Verrohung“. „Hierzu haben das Internet und die sozialen Medien stark beigetragen, aber auch die fortgesetzten Angriffe auf unsere Erinnerungskultur“, sagte Klein. Etwa 90 Prozent der Straftaten seien dem rechtsradikalen Umfeld zuzurechnen. Muslimische Täter sähen oft arabische Sender, „in denen ein fatales Bild von Israel und Juden vermittelt wird“.
„Viele wissen nicht, was erlaubt ist und was nicht“
Klein forderte angesichts des starken Anstiegs antisemitischer Straftaten in Deutschland Schulungen für Polizisten und andere Beamte. Es gebe „viel Unsicherheit bei Polizisten und bei Behördenmitarbeitern im Umgang mit Antisemitismus“, erklärte er. Viele wüssten nicht, „was erlaubt ist und was nicht“. Es gebe eine klare Definition von Antisemitismus, und die müsse in den Polizeischulen gelehrt werden. „Genauso gehört sie in die Ausbildung der Lehrer und Juristen“, sagte der Antisemitismus-Beauftragte.
Deutschlands Justizministerin besorgt
Deutschlands Justizministerin Katarina Barley hat sich angesichts Kleins Äußerungen besorgt gezeigt. „Die immer häufigeren Gewalttaten gegen Jüdinnen und Juden sind beschämend für unser Land“, sagte sie. Rechte Bewegungen griffen die Demokratie im Land an und „zielen auf unser friedliches Zusammenleben“, beklagte sie. Auch der Zentralrat der Juden ortete bei antisemitischen Vorfällen eine „neue Qualität“. Die Lage habe sich „wegen des aggressiven politischen Klimas“ verschlechtert.
Israel „zutiefst schockiert“
Israels Staatspräsident reagierte ebenso bestürzt auf die Empfehlung Kleins. Reuven Rivlin teilte am Sonntag mit, er sei „zutiefst schockiert“. Rivlin: „Die Verantwortung für das Wohl, die Freiheit und das Recht auf Religionsausübung jedes Mitglieds der deutschen jüdischen Gemeinde liegt in den Händen der deutschen Regierung und ihrer Strafverfolgungsbehörden.“
In Österreich hat im März die inzwischen gescheiterte Regierung angekündigt, den Kampf gegen den Antisemitismus zu verstärken.
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