Grüne auf Platz 2
Blamable Verluste für deutsche Regierungsparteien
Debakel für die Parteien der Großen Koalition in Deutschland: Union und SPD haben bei der Europawahl historisch schlecht abgeschnitten. Trotzdem bleiben CDU und CSU zusammen stärkste Kraft. Die Sozialdemokraten dagegen fallen auf den dritten Platz. Erstmals bei einer bundesweiten Wahl kommen die Grünen auf den zweiten Rang, die rechtspopulistische AfD kam auf über zehn Prozent.
Die Wähler haben bei der Europawahl in Deutschland die Parteien der Großen Koalition mit historisch schlechten Ergebnissen abgestraft. Die Union ist bei der Europawahl in Deutschland nach dem vorläufigen Ergebnis des Bundeswahlleiters trotz Verlusten stärkste Kraft geworden. CDU und CSU erzielten gemeinsam 28,9 Prozent, wie am frühen Montagmorgen aus der Auszählung aller Wahlkreise hervorging. Das sind mehr als sechs Prozentpunkte weniger als bei der Europawahl 2014 und ist auch schlechter als bei der jüngsten Bundestagswahl (32,9 Prozent).
Die SPD stürzt auf 15,8 Prozent ab. Das sind rund zwölf Punkte weniger als bei der vorherigen Europawahl (27,3 Prozent) und noch schlechter als bei der Bundestagswahl (20,5 Prozent).
Die deutschen Grünen können über satte Zugewinne bei der Abstimmung am Sonntag jubeln. Sie legen den Hochrechnungen zufolge auf 20,5 Prozent zu - gut zehn Punkte mehr als bei der Europawahl vor fünf Jahren (10,7 Prozent).
Die EU-skeptische Alternative für Deutschland verbesserte ihr Europawahl-Ergebnis deutlich, bleibt aber unter ihrem Ergebnis von der Bundestagswahl 2017. Die AfD kommt auf 11,0 Prozent (2014: 7,1 Prozent). Die Linke kommt auf 5,5 Prozent (2014: 7,4 Prozent), die FDP auf 5,4 Prozent (2014: 3,4 Prozent). Von den anderen Parteien erzielten nur die Freien Wähler und die Satirepartei Die Partei mehr als 2 Prozent.
Weber: „Union hat klaren Führungsanspruch in Europa“
Der Spitzenkandidat der Konservativen bei der Europawahl, der CSU-Politiker Manfred Weber, begrüßte die gestiegene Wahlbeteiligung bei der Europawahl „Die europäische Demokratie lebt“, sagte Weber am Sonntagabend auf der Wahlparty der CDU in Berlin zu der deutlich gewachsenen Wahlbeteiligung. Er sagte weiter, trotz der Stimmenverluste seien CDU und CSU die stärkste Kraft in Deutschland. „Die Union hat einen klaren Führungsanspruch in Deutschland.“ Sie sei die „klare Europapartei“. Unterstützung für seinen Anspruch auf den Spitzenposten in der EU-Kommission bekam Weber von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. „Wir stehen zum Konzept des Spitzenkandidaten“, sagte sie in Berlin. „Manfred Weber soll Spitze der EU-Kommission übernehmen.“
Neue Brisanz für schwarz-rotes Bündnis in Berlin
Die Einbußen der Regierungsparteien dürften der Frage nach der Stabilität des schwarz-roten Bündnisses in Berlin neue Brisanz verleihen. Denn hinzu kommt: Wie bei der Europawahl verloren die Sozialdemokraten auch bei der zeitgleichen Landtagswahl in Bremen stark - der Stadtstaat war immer eine rote Hochburg. Die CDU lag dort nach den Prognosen ein bis zwei Prozentpunkte vor der SPD.
In der SPD dürften die Ergebnisse für neue Unruhe sorgen und den Druck auf Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles weiter erhöhen. Den innerparteilichen Gegnern der großen Koalition um Juso-Chef Kevin Kühnert liefern die Niederlagen neue Argumente. Ein Bruch der Koalition wurde zuletzt nicht erwartet, nötig wird aber eine Kabinettsumbildung. SPD-Spitzenkandidatin und Bundesjustizministerin Katarina Barley wird nach Brüssel wechseln. Zuletzt wurde über einen größeren Umbau der Ministerriege spekuliert.
Nahles sprach nach Bekanntwerden der ersten Trendprognosen von „schmerzlichen Ergebnissen, die zeigen, dass wir noch viel zu tun haben“. Sie versuchte, ihrer Partei Mut zu machen: „Ich sage ,Kopf hoch‘ in Richtung SPD.“ Die Parteichefin beglückwünschte die Grünen dazu, dass diese erstmals bei einer bundesweiten Wahl zur zweitstärksten Kraft geworden sind. Die SPD kam bei der Europawahl nur noch auf Rang drei.
Wahlbeteiligung auch in Deutschland deutlich höher
Die Wahlbeteiligung lag bei 61,4 Prozent - wie bei der EU-Wahl in Österreich ein deutlicher Sprung nach oben: vor fünf Jahren waren es 48,1 Prozent. Diesmal waren bei der Europawahl in Deutschland 64,8 Millionen Menschen wahlberechtigt. Wichtige Themen im Wahlkampf waren Klimaschutz, Mindestlohn, die Besteuerung von Internetkonzernen sowie die Migrationspolitik und die Internet-Urheberrechtsdebatte. Bestimmt war er auch von Sorgen vor einem Erstarken von Rechtspopulisten, EU-Skeptikern und Nationalisten.
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