In den Doping-Skandal Verwickelte erheben schwere Vorwürfe gegen Ski-Star Hannes Reichelt ++ 38-Jähriger vom Bundeskriminalamt verhört: „Aber ich habe jedes Hustenzuckerl überprüft!“ ++ Anwalt Hans-Moritz Pott glaubt an Racheakt!
Nächster Akt im bei der Nordischen WM in Seefeld losgetretenen Doping-Skandal! Wie entsprechende „Krone“-Recherchen ergaben, wurde im Zuge der seit Monaten laufenden Ermittlungen am vergangenen Freitag auch Skistar Hannes Reichelt verhört. Was der 38-jährige Jungvater gestern auch bestätigte. „Gleich in der Früh, um fünf vor sieben, läuteten Ermittler des Bundeskriminalamts an - mich hat fast der Schlag getroffen, als sie mir ihren Ausweis entgegenstreckten.“ Auf die Idee, dass sie wegen der Doping-Affäre gekommen waren, wäre er nie gekommen. Stundenlang verhörte man Reichelt danach in Innsbruck. Und es ist wohl kaum ein Zufall, dass am gleichen Tag der frühere Langlauf-Trainer Gerald H. sowie der Niederösterreicher Emanuel M., zuletzt Servicemann des vierfachen Schweizer Olympiasiegers Dario Cologna, verhaftet wurden. Denn im Zuge der zahlreichen Verhöre in den vergangenen Wochen waren offenbar auch Vorwürfe gegen Reichelt aufgetaucht.
Geht um die Einnahme von Medikamenten
Es geht dabei aber nicht um Blutdoping wie bei den in Seefeld verhafteten Langläufern Dominik Baldauf und Max Hauke sowie bei den ebenfalls geständigen Rad-Profis Stefan Denifl und Georg Preidler. Sondern um die Einnahme verbotener Medikamente. Vorwürfe, die Reichelt schockieren: „Ich weiß nicht, wo das alles herkommt. Ich weiß nur, dass ich nichts getan habe. Nie, nie nahm ich irgendwelche verbotenen Substanzen ein. Ganz im Gegenteil: Ich habe sogar immer jedes Hustenzuckerl überprüft, damit ja nichts passiert!“ Seine einzige Verbindung zum Doping-Ring ist demnach Gerald H.: „Er ist mit mir in die Schule gegangen, schrieb schon seit 2005 meine Trainingspläne - aber er hat mir nie angeboten, irgendetwas Illegales zu machen.“ Den ebenfalls in Haft sitzenden Emanuel M. sah er dagegen nur ein einziges Mal: „2013 während eines Trainingslagers auf Zypern. Aber auch dabei war Doping keine Sekunde ein Thema.“ M. ist ein enger Freund von Johannes Dürr. Von jenem Langläufer, den man schon 2014 des Dopings überführt hatte und der im Zuge der Seefeld-Affäre neuerliches Blutdoping gestanden hat. Der Österreichische Skiverband klagte den 32-Jährigen danach zivilrechtlich, weil dieser behauptet hatte, Doping werde eben von diesem stillschweigend geduldet.
Hinterhältiger Versuch, dem Verband zu schaden
Deshalb geht Reichelt-Anwalt Hans-Moritz Pott auch von einer Verschwörung und Intrige aus. Von einem hinterhältigen Versuch, dem Verband zu schaden. „Für mich ganz klar ein Racheakt. Es gibt keinerlei Beweise, nur irgendwelche Aussagen. Aber man braucht den Hannes ja nur anzusehen. Er ist mit Abstand der schmalste und dünnste unter den Weltklasse-Abfahrern. Ich bin zu hunderttausend Prozent sicher, dass er nie etwas Verbotenes eingenommen hat.“ Auch Reichelt selbst geht von Rache aus. „Ich glaube, dass ich das Bauernopfer bin. Wenn du von einer Sekunde auf die andere mit solchen Anschuldigungen konfrontiert wirst, zieht es dir die Socken aus!“ Der Jungvater galt immer als Saubermann, trat in seiner Rolle als Athletenvertreter vehement für sauberen, fairen Sport ein. Bereits heute soll die Bombe gezündet, sollen die Anschuldigungen gegen ihn öffentlich bekannt gemacht werden. Hannes: „Vor sieben Wochen kam unser Sohn Niklas zur Welt, meine Frau Larissa und ich waren restlos glücklich. Und jetzt plötzlich so etwas…“
ÖSV-Cheftrainer Puelacher: „Absolut unvorstellbar“
Andreas Puelacher ist seit mehr als einem Jahrzehnt eng mit Hannes Reichelt verbunden. „Es ist für mich absolut unvorstellbar, dass Hannes etwas Verbotenes genommen hat“, sagt der Cheftrainer von Österreichs Ski-Stars. „Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Es gelte ganz klar die Unschuldsvermutung. Dass Hannes durch die Verbindung mit Gerald H. unter Verdacht kam, ist für Puelacher kein Argument: „Nur weil einer Trainingspläne für jemanden schreibt, heißt das ja nichts.“ Puelacher ist „felsenfest“ von Reichelts Unschuld überzeugt, hofft auf Aufklärung durch das Bundeskriminalamt und die nationale Anti-Doping-Agentur.
Die „Operation Aderlass“
Im Rahmen der bei der Nordischen Ski-WM in Seefeld gestarteten „Operation Aderlass“ tauchten bisher Namen von 15 Sportlern aus sieben Nationen auf. Darunter aus Österreich die drei Skilangläufer Max Hauke, Dominik Baldauf und Johannes Dürr sowie die beiden Radfahrer Georg Preidler und Stefan Denifl. International hat u. a. der Radsportweltverband (UCI) die Ex-Profis Alessandro Petacchi (ITA) und Borut Bozic (SLO) sowie die aktiven Fahrer Kristijan Durasek (CRO) und Kristijan Koren (SLO) über Dopingverstöße informiert und suspendiert. Insgesamt sollen mindestens 21 Sportler aus acht verschiedenen Sportarten in die Affäre verstrickt sein. Auch Stefan Denifl ist in den Skandal verwickelt.
Peter Frauneder und Alexander Hofstetter, Kronen Zeitung
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