Lob für Johnson
Trump ermuntert Briten zu „No Deal“-Brexit
Kurz vor seinem Staatsbesuch in Großbritannien hat US-Präsident Donald Trump in zwei Interviews die Brexit-Debatte angeheizt und klar Stellung bezogen. Im Gespräch mit der „Sun“ erklärte er seine Sympathie für Boris Johnson als Nachfolger der aus dem Amt scheidenden britischen Premierministerin Theresa May. Im Interview mit der „Sunday Times“ empfahl er notfalls einen „No Deal“-Brexit.
„Wenn sie nicht kriegen, was sie wollen, dann würde ich rausgehen“, sagte er auf die Frage, was er dem Nachfolger der scheidenden Premierministerin May raten würde. „Wenn du nicht den Deal kriegst, den du möchtest, wenn du keinen fairen Deal kriegst, dann gehst du raus.“ Auf dem Tisch liegt derzeit ein von May ausgehandelter Deal, der im britischen Unterhaus mehrmals scheiterte und den die britischen Konservativen als zu EU-freundlich ansehen.
Zur möglichen Wahl Johnsons zum neuen Parteivorsitzenden der Konservativen und damit möglicherweise auch zum nächsten britischen Premierminister sagte Trump: „Ich kenne die verschiedenen Akteure. Aber ich denke, Boris würde einen sehr guten Job machen. Ich glaube, er würde ausgezeichnet sein“, sagte Trump der „Sun“. Johnson sei ein „sehr begabter Mensch“.
US-Konservative: „No Deal“ im Interesse Amerikas
Trump gab mit der „Sunday Times“ und der „Sun“ zwei Zeitungen Interviews, die zum Imperium des erzkonservativen Medienmoguls Rupert Murdoch gehören. Zu dem Konglomerat gehört auch der Trump extrem wohlgesonnene US-Sender Fox News. Die in den Interviews von Trump dargestellte Sichtweise entspricht exakt den Vorgaben konservativer US-Kreise, etwa in dem Thinktank „Heritage Foundation“, die seit Langem einen „No Deal“-Brexit als US-Interesse darstellen.
Johnson nach May-Rücktritt aussichtsreichster Kandidat
May hatte nach einem monatelangen Machtkampf rund um den Brexit vor einigen Tagen ihren Rücktritt angekündigt. Johnson brachte sich umgehend als möglicher Nachfolger in Stellung und drohte mit einem EU-Austritt ohne Abkommen.
Brexit-Lügen könnten Konsequenzen haben
In Umfragen galt Johnson zwar als aussichtsreichster Kandidat unter den bisher etwa einem Dutzend Bewerbern für Mays Nachfolge, doch das könnte sich schnell ändern: Eine Richterin entschied in der vergangenen Woche, dass sich der exzentrische Ex-Außenminister wegen angeblicher Brexit-Lügen vor Gericht verantworten muss. Er soll beim Referendum 2016 und bei der Neuwahl 2017 die Briten durch falsche Zahlen in die Irre geführt haben. Bei den Vorwürfen geht es um die Summe, die Großbritannien wöchentlich an die EU zahlt.
Trumps Meinung über Johnson scheint das jedoch nicht zu beeinflussen. Er sagte der „Sun“, auch andere Kandidaten hätten ihn um Unterstützung gebeten. Namen wolle er aber nicht nennen.
„Unakzeptabler Eingriff in die Demokratie unseres Landes“
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, übte scharfe Kritik an Trumps Verhalten. „Das ist ein völlig unakzeptabler Eingriff in die Demokratie unseres Landes“, teilte der Alt-Linke mit. Der nächste Premierminister sollte weder vom US-Präsidenten noch von 100.000 nicht-repräsentativen Mitgliedern der Konservativen Partei bestimmt werden, sondern von den Briten in allgemeinen Wahlen. Corbyn wittert seit Längerem seine Chance in Neuwahlen.
Neuerliche Kritik an May
Der US-Präsident kritisierte erneut auch die Premierministerin: „Ich denke, dass das Vereinigte Königreich der Europäischen Union erlaubt hat, alle Karten in der Hand zu halten. Und es ist sehr schwer, gut zu spielen, wenn eine Seite alle Vorteile hat.“ Er habe gegenüber May erwähnt, „dass man sich Munition aufbauen muss“. Zugleich versicherte er Großbritannien seine tiefe Zuneigung: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein US-Präsident eurem großartigen Land näher war.“ Er sei in Großbritannien verliebt.
Nationaler Sicherheitsberater wirbt ebenfalls für Brexit
Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton warb indes in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Telegraph“ noch einmal eindringlich für den Brexit und stellte die Vorteile für beide Seiten heraus. „Die Präferenz der USA ist, dass Großbritannien dem vom Volk gewünschten Kurs folgt und die EU verlässt“, sagte er.
Hoffen auf US-Handelsabkommen mit Großbritannien
Hintergrund ist die Aussicht auf ein Handelsabkommen nach US-Geschmack, mit den zwei dann deregulierten Finanzzentren London und New York im Mittelpunkt. Die Londoner City könnte dann nach Singapurer Vorbild zu einem Steuerparadies werden. Besonderen Wert legen konservative Amerikaner darauf, dass Großbritannien nicht Mitglied der europäischen Zollunion wird.
Das Ergebnis des Referendums von 2016 - eine knappe Mehrheit der Briten (52 Prozent) hatte damals für den EU-Ausstieg gestimmt - bezeichnete Bolton als „Triumph der Demokratie“. „Und wenn die Beschäftigung mit dem Brexit endlich gelöst ist, gibt es keine Obergrenze für den Einfluss, den Großbritannien weltweit haben kann.“ Der Brexit biete demnach die Chance, ein „starkes und unabhängiges Land“ zu werden: „Großbritannien ist eine Weltmacht.“
Proteste zu dreitätigem Staatsbesuch erwartet
Der US-Präsident wird mit First Lady Melania am Montag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Großbritannien erwartet. Geplant sind bei dem Besuch unter anderem ein Treffen mit May und die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung in Portsmouth zum 75. Jahrestag des D-Day - der Landung der Alliierten in der Normandie im Zweiten Weltkrieg. Trumps Besuch ist hoch umstritten, daher wird mit heftigen Protesten in England gerechnet.
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