Vor rund einem Jahr hat Valve, der Betreiber des weltgrößten Spiele-Shops Steam, seine Geschäftsbedingungen geändert. Nach Debatten über kontroverse Spieleveröffentlichungen hat man entschieden, dass auf Steam alles erlaubt ist, was nicht explizit verboten ist. Eine Folge dieser Politik: Es ist eine Flut mehr oder weniger gut gemachter Pornospiele veröffentlicht worden, vom Puzzlespiel mit nackten Zeichentrickmädchen bis hin zum 3D-Sexsimulator. Entwickelt sich Steam da gerade zum Sexshop unter den Spielehändlern?
Fakt ist laut einer Bestandsaufnahme des Nachrichtenmagazins „Spiegel“: Sex-Games auf Steam erleben gerade einen Boom, schaffen es bisweilen sogar in die Verkaufs-Charts. Während andere Shops - etwa der von Epic Games oder jene von EA und Ubisoft - Entwicklern, die ihre Werke bei ihnen verkaufen wollen, strenge Jugendschutzregeln auferlegen, scheint die Nische Porno-Games auf Steam langsam in den Mainstream durchzusickern.
„Super Naughty Maid“, „Hentai Girl“, „Deep Space Waifu“
Beispiele für derlei Unterhaltungssoftware tragen Namen wie „Super Naughty Maid“, „Hentai Girl“ oder „Deep Space Waifu“ und decken die ganze Spanne der Pornografie ab - von leicht anstößig bis hin zu äußerst explizit. Besonders gut sind die Games selten, meist handelt es sich um billig produzierte Puzzlespielchen oder hölzern animierte Simulatoren, in denen der Spieler die virtuellen Figuren auf Knopfdruck zum Orgasmus bringt oder ihnen die Kleidung vom Leib ballert.
„Aktuell gibt es vor allem Kuriositäten“
Die Spielejournalistin Nina Kiel zum „Spiegel“: „Aktuell setzt es sich vor allem aus Kuriositäten zusammen. Es ist schwierig, in dem Wust aus überwiegend unterdurchschnittlichen Neuerscheinungen die wenigen guten, ausgereiften Produkte ausfindig zu machen.“ Viele der auf Steam veröffentlichten Sexspiele seien aus feministischer Sicht zudem problematisch. „Sexualisierte Gewalt, Missbrauch und die Erniedrigung von Frauen sind beliebte Themen in solchen Produkten“, weiß Kiel. Allzu oft seien Frauen in solchen Spielen lediglich willenlose 3D-Objekte.
„Jugendschutzmaßnahmen nicht zufriedenstellend“
Das ruft Jugendschützer auf den Plan, die sich Sorgen machen, dass „Super Naughty Maid“ und Konsorten bei Jugendlichen zu Problemen führen. Wolfgang Kreißig von der Kommission für Jugendmedienschutz in Deutschland: „Die Jugendschutzmaßnahmen von Steam sind nicht zufriedenstellend.“ Bei Spielen seien die gleichen Vorschriften wie bei anderen pornografischen Angeboten zu berücksichtigen, der Anbieter müsse sicherstellen, dass er sie nur Erwachsenen zugänglich macht. Das macht Steam zwar, indem man die User nach ihrem Alter fragt und Sex-Games erst nach Zustimmung einblendet. Offiziell verifiziert wird das Alter aber nicht, Jugendliche können also einfach ein Fake-Geburtsdatum angeben.
Entwickler loten Grenzen des Erlaubten aus
Dass Valves Veröffentlichungsrichtlinie nach dem Muster „Erlaubt ist, was nicht verboten ist“ auch fragwürdige Werke hervorbringt, zeigte sich jüngst bei der Veröffentlichung von „Rape Day“ - einem Vergewaltigungssimulator. Der wurde nach öffentlicher Kritik wieder von Steam entfernt, zeigt aber gleichzeitig das Dilemma, in das sich Valve mit seinen Richtlinien manövriert hat. Entwickler loten immer wieder die Grenzen des Erlaubten aus und stellen Spiele auf Steam, die für die Mehrheit der Nutzer abstoßend sind.
Ist Steams Offenheit Vorteil oder Nachteil?
Wie es mit der Pornoflut auf Steam nun weitergeht, werden die kommenden Monate zeigen. Im sich zuspitzenden Konkurrenzkampf mit dem Epic Games Store könnte Steams Offenheit Vorteil und Nachteil zugleich sein. Es könnte Gamer anlocken, die Epics restriktive Veröffentlichungsrichtlinien ablehnen - und solche abschrecken, die sich ein familienfreundlicheres Umfeld wünschen. Gleichzeitig könnte Steams Offenheit die Hersteller von Porno-Videospielen in eine Art Goldrausch versetzen: Vertrieben sie ihre Spielchen früher meist über dubiose Seiten an wenige Interessenten, erreichen sie via Steam nun ein potenzielles Publikum von 90 Millionen Gamern - zumindest, solange die Betreiber sich im Hinblick auf Sex weiterhin so liberal zeigen.
Bizarres Alien-Sexgame eroberte Kickstarter
Dass Sex als Thema in Computerspielen nicht nur ein Nischenphänomen ist, sondern durchaus von einer breiteren Masse von Gamern mit Interesse verfolgt wird, zeigt indes der Crowdfunding-Erfolg eines bizarren - oben sehen Sie den Trailer - Alien-Pornorollenspiels. „Subverse“ - eine Art „Mass Effect“ mit Porno-Anleihen von einem Grafikstudio, das sich auf Animationspornos spezialisiert hat - wurde auf Kickstarter zum großen Hit. Mehr als 60.000 Investoren hatten statt der von den Entwicklern erhofften 130.000 US-Dollar mehr als zwei Millionen für die Entwicklung gestiftet. Eine frühe Betaversion wollen die Entwickler noch heuer veröffentlichen - auf Steam.
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