Die „Krone“ vor Ort

Kommando Mali: Mission Impossible …

Ausland
16.06.2019 06:00

In Mali hat erstmals ein Österreicher den Oberbefehl über die EU-Afrikatruppe. Aufgabe ist die militärische Schulung und das Training der malischen Armee, für den Kampf gegen Islamisten, Schmuggler und Menschenhändler. Die Lage in dem Land ist wegen des ständigen Terrors und Stammesfehden angespannt.

47 Grad und beißender Sand - im Glutofen Afrikas stehen 47 Österreicher derzeit als Ausbilder der malischen Armee im Einsatz. „Trainiert wird in voller Adjustierung“, schmunzelt Konrad S., drahtiger Oberstabswachtmeister aus Eisenkappl (Kärnten), „militärischer Alltag in Afrika eben.“ Als Reporter vor Ort komme auch ich in meiner engen Splitterschutzweste ins Schwitzen. Weniger wegen der Temperaturen, eher wegen der Erinnerung an eine Konvoifahrt vor vier Jahren.

Erfahrene Militärs schulen malische Kameraden. Soldat Sebastian S. aus Millstatt war selbst unter Beschuss, als Islamisten das EU-Feldlager Koulikoro in die Luft jagen wollten. (Bild: PAO EUTM MALI)
Erfahrene Militärs schulen malische Kameraden. Soldat Sebastian S. aus Millstatt war selbst unter Beschuss, als Islamisten das EU-Feldlager Koulikoro in die Luft jagen wollten.

Islamisten stürmten Hotel, in dem Minister nächtigte
Sogar einige der Bodyguards der Militärpolizei von damals sind wieder dabei. Nur das Hotel, in dem der österreichische Minister mit seiner Entourage 2015 nächtigte, wird noch immer umgebaut. Denn nur Wochen nach unserem Besuch war es ein Terrorziel: Islamisten nahmen Dutzende Gäste als Geiseln. Es gab ein Feuergefecht, das in einem Blutbad endete - 27 Opfer überlebten nicht. Beruhigend: Diesmal nächtigen wir in einem anderen Hotel.

Anstrengendes Drill-Training bei 47 Grad Gluthitze (Bild: PAO EUTM MALI)
Anstrengendes Drill-Training bei 47 Grad Gluthitze

Heute, im fünften Jahr der EU-Mali-Mission, hat sich die Sicherheitslage in dem riesigen, dreimal so großen Land wie Deutschland sogar noch verschlimmert.

Diesmal besucht der rot-weiß-rote Konvoi das Feldlager Koulikoro, Schulungszentrum der EU. Hier bilden Militärprofis malische Soldaten aus. Kurzum: Als erster Österreicher leitet der Salzburger Brigadier Christian Habersatter die EU-Mission mit insgesamt 620 Soldaten aus 28 Ländern.

Kommandant Habersatter (li.) und General Brieger im Gespräch mit einem malischen Militärvertreter (Bild: Gunter Pusch)
Kommandant Habersatter (li.) und General Brieger im Gespräch mit einem malischen Militärvertreter

Ein schwieriges Unterfangen im 20-Millionen-Land, in dem 67 Prozent Analphabeten sind und 50 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben. Auch wenn sich Melissa Mujanayi als politische Referentin unseres Verteidigungsministeriums bemüht, die afrikanischen Soldaten über Völker- und Menschenrechte sowie über den korrekten Umgang mit Frauen aufzuklären, so bedeutet das noch einen sehr, sehr langen Schulungsweg.

Melissa Mujanayi unterrichtet Menschen- und Frauenrechte. (Bild: Bundesheer/Pusch)
Melissa Mujanayi unterrichtet Menschen- und Frauenrechte.

Vor allem deshalb, da die weißen Militärs für die Islamisten in Mali (90 Prozent Muslime) als schlimmste Feinde gelten. So verwundert es auch nicht, dass dafür das Konterfrei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan etliche Plakatwände in Mali ziert. Denn „Sultan Erdogan“ wird hier - ebenso wie die Chinesen - als neuer Mäzen umjubelt. Schließlich finanzieren und bauen sowohl die Türken wie die Asiaten neue Straßen und Brücken.

Gotteskrieger gegen die „Kreuzritter der Neuzeit“
Diese Wege erleichtern auch den Waffen- und Drogenschmuggel sowie die Schlepperei Richtung Europa extrem. So nimmt sich Generalstabschef Robert Brieger beim „Frontbesuch“ kein Blatt vor den Mund: „Ein Ziel des EU-Einsatzes ist es, die malische Armee zu stärken, um die Schlepper-Routen, über die Flüchtlinge via Nordafrika nach Europa strömen, zu kontrollieren.“

Schulung im Feldlager: Vom Kartenlesen bis zur Militärtaktik (Bild: PAO EUTM MALI)
Schulung im Feldlager: Vom Kartenlesen bis zur Militärtaktik

Fanatische Kämpfer wollen die Scharia einführen. Sie bekriegen die „Kreuzritter der Neuzeit“. Erst im Februar erfolgte ein Terror-Anschlag auf das EU-Lager: Zwei Lkw, mit 1000 (!) Kilogramm Sprengstoff vollgepackt, konnten gerade noch gestoppt - und Dschihad-Kämpfer auf Motorrädern abgewehrt werden. Ethnische Konflikte, Kriminalität und Islamismus brodeln im Hexenkessel Mali. Gelingt es nicht, dieses brandgefährliche Gemisch mit größerem EU-Finanzengagement zu entschärfen, so droht die bittere Gefahr, dass auch der Mali-Einsatz als „Mission Impossible“ in die Geschichte des Schwarzen Kontinents eingehen wird.

Zahlen und Fakten zur Trainingsmission für die malischen Streitkräfte (EUTM), an der rund 620 Soldaten aus insgesamt 28 Ländern beteiligt sind:

    • Österreich stellt derzeit 47 EU-Soldaten in Mali, unter ihnen zwei Frauen.
    • Zudem werden Soldaten der fünf Sahel-Länder Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad geschult.
    • Einen Kampfeinsatz sieht das derzeitige Mandat nicht vor.
    • Die UNO versucht, mit ihrer Mission MINUSMA im Norden von Mali mit 15.000 Militärs und Soldaten für Stabilität zu sorgen. Auch zwei Österreicher gehören dieser Blauhelm-Truppe an.
    • Das Hauptquartier der EUTM liegt in der malischen Hauptstadt Bamako (zwei Millionen Einwohner).

Christoph Matzl, Kronen Zeitung

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