ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat Montagfrüh überraschend zu einer Pressekonferenz anlässlich eines „Fälschungsskandals“ geladen. Der Termin, an dem auch Generalsekretär Karl Nehammer teilnahm, habe einen „relativ ernsten Anlass“, wie Kurz zu Beginn seines Statements betonte. Es gehe um „mit hoher krimineller Energie gefälschte E-Mails“, die den Anschein erwecken sollten, dass die ÖVP bereits im Jahr 2018 von dem Skandalvideo aus Ibiza gewusst hat. Konkret geht es laut dem ÖVP-Chef um einen E-Mail-Verkehr zwischen ihm und seinem damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel. „Wir sollten diffamiert und in den Ibiza-Skandal mit hineingezogen werden“, erklärte Kurz.
Kurz betonte zum wiederholten Male, dass er und seine Partei von der Existenz der geheimen Aufnahmen, die Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und den ehemaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus im Gespräch mit einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte über Wahlbeeinflussung und illegale Parteispenden zeigen, auch erst vor wenigen Wochen erfahren hätten.
Kurz an Bevölkerung: „Seien Sie kritisch gegenüber sozialen Medien“
Kurz drückte seinen Dank nicht nur gegenüber den IT-Experten, die dem Fälschungsverdacht am Wochenende „erfolgreich nachgegangen“ seien, aus, sondern auch gegenüber jenen Journalisten, die „ihre journalistische Sorgfaltspflicht ernst genommen“ und nicht alles ungeprüft veröffentlicht hätten. Gleichzeitig wandte sich der wahlwerbende Ex-Kanzler mit einer Bitte an die Bevölkerung: „Es ist wichtig, allen Informationen in sozialen Medien kritisch gegenüberzustehen.“
Beweise für Fälschung
Nehammer sprach von fünf Beweisen, die belegten, dass es sich um Fälschungen handle. Unter anderem sei die Absenderadresse eine, die seit Jahren nur noch als Empfangsadresse der ÖVP genützt worden sei. Zudem sei das Datum einer Mail falsch: Der 27. Februar 2018 sei als Montag angeführt worden. In Wahrheit war es ein Dienstag.
Weder zum möglichen Urheber noch zum Inhalt der Mails gab es Informationen. Laut eigenen Worten verfügen Nehammer und Kurz lediglich über Screenshots der elektronischen Post. Die Beweislage sieht die ÖVP aber bereits als ausreichend genug für eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft - eine solche wurde im Rahmen der Pressekonferenz angekündigt.
FPÖ: „Es wird etwas dementiert, das noch niemand gesehen hat“
Die FPÖ bezeichnete die Pressekonferenz als „Flucht nach vorne“. Generalsekretär Christian Hafenecker meinte: „Eine Pressekonferenz abzuhalten, um etwas zu dementieren, das noch niemand gesehen hat, mutet schon etwas seltsam an.“ Bemerkenswert fand er, dass Kurz und Nehammer kein Wort über den Inhalt verloren hätten. Zudem würden Aussagen aus ÖVP-Kreisen Wochen vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos an „Brisanz gewinnen“, wonach es „den Strache eh nimmer lang geben“ werde, so Hafenecker, der erneut eine lückenlose Aufklärung forderte.
Interessant scheint jedenfalls der Zeitpunkt des eilig einberufenen Termins. Kurz hatte am Vortag auf seiner Wahlkampftour in der Wiener Stadthalle Station gemacht und dabei ein „Segensgebet“ des evangelikalen Predigers Ben Fitzgerald entgegengenommen (siehe Video unten). Kritiker sehen darin einen Missbrauch der Religion für Wahlkampfzwecke. Seitens der ÖVP wurde gegenüber krone.at betont, dass die beiden Termine von Sebastian Kurz nichts miteinander zu tun gehabt hätten.
Der Auftritt in der Stadthalle war auch Thema bei der Pressekonferenz am Montag, nachdem mehrere Journalisten Kurz darauf ansprachen. Der ÖVP-Chef verteidigte sich und meinte, es sei bekannt, dass er in der Vergangenheit bei diversen Glaubensgemeinschaften aufgetreten sei.
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