Der Terminus All-Star-Band bekommt bei den Hollywood Vampires ob der hochkarätigen Besetzung noch einmal eine ganz neue Wertigkeit. Vier Jahre nach ihrem auf Coversongs spezialisiertem Debütalbum probieren es Johnny Depp und Co. auf „Rise“ nun mit Eigenmaterial. Das Ergebnis ist ein Hardrock-Album honoriger Experten, das es aber an Spannung vermissen lässt.
Die Hollywood Vampires haben den Ruf, die teuerste Cover-Band der Welt zu sein. Und das könnte durchaus stimmen. Mit einem Hollywoodstar, der Ikone des Schockrock und dem Leadgitarristen einer der größten Rockbands überhaupt ist die Besetzung zumindest außergewöhnlich. Jetzt legen Johnny Depp (56), Alice Cooper (71) und Joe Perry (68) von Aerosmith wieder gemeinsame Musik vor - und machen ernst. Während sie auf ihrem ersten Album von 2015, das genau so heißt wie die Band, mit Unterstützung von Größen wie Paul McCartney lediglich Cover-Songs veröffentlichten, haben sie auf „Rise“ vor allem eigene Lieder geschrieben.
Es musste aufhören
„Am Anfang ging es uns darum, unsere toten, betrunkenen Freunde zu ehren: Die Jimi Hendrixes, die Jim Morrisons, die John Lennons“, sagt Alice Cooper in einem Interview, das die Plattenfirma zum Albumstart zur Verfügung stellte. „Wir wollten eine Kneipenband zusammenstellen.“ Hollywood Vampires ist der Name eines Promi-Trinker-Clubs in Los Angeles, den Cooper in den 1970ern mitgegründet hatte. „Ich war in unserem Club der mündigste Trinker, ich konnte die ganze Nacht saufen, ohne die Treppe herunterzufallen“, sagte er einmal in einem Interview der Berliner Zeitung „B.Z.“. „Am meisten vertragen konnte Janis Joplin. Sie soff uns alle unter den Tisch.“ Aufgehört mit Alkohol und Drogen habe er vor rund 40 Jahren. „Das gleiche taten Steven Tyler, Robert Plant und Mick Jagger. Praktisch alle aus dieser Ära, die heute noch leben.“
Drei eigene Songs gab es neben den Cover-Versionen auf dem ersten Album - „aber die waren im Grunde nur dazu da, das Album zu erklären“. Dieses Mal ist es anders. „Rise“ hat 16 Titel, 13 davon sind brandneu. Der Sound: Guter, alter Rock. „I Want My Now“ heißt der erste - ein siebenminütiges Rock-Epos. Härter geht‘s bei „Who‘s Laughing Now“ zur Sache. Die erste Single-Auskopplung „The Boogieman Surprise“ ist jetzt schon so etwas wie ein Vampires-Klassiker. Der Song mit Rock-Hymnen-Potential gehört seit ihrer Welttournee im vergangenen Jahr zur Setlist. Prominenten Besuch gibt es auch auf der neuen Platte: In „Welcome To Bushwackers“ ist Gitarren-Ikone Jeff Beck zu hören, der am 24. Juni 75 wird.
Kindheitstraum
„Wir wollten nicht, dass es wie ein Alice-Cooper-Album klingt, und wir wollten auch nicht, dass es wie ein Aerosmith-Album klingt“, erklären die Bandmitglieder im Interview zum Albumstart. „Die Platte zeigt jeden von seiner besten Seite, ohne dass jemand uns über die Schulter guckt“, fasst Gitarrist Perry zusammen. Ganz weg von ihren Wurzeln als Cover-Band bewegt sich die ungewöhnliche Supergroup dann allerdings doch nicht. Drei Songs auf „Rise“ sind eine Hommage, darunter David Bowies „Heroes“, gesungen von Johnny Depp, der auf dem Album auch Rhythmusgitarre spielt. Die Hollywood Vampires nahmen den Song laut Plattenfirma im vergangenen Jahr in den Hansa Studios, Berlin auf - genau dort, wo Bowies legendäres Original von 1977 entstand. Der Song sei ihm sehr wichtig, sagte Depp, ihn zu singen, etwas sehr Besonderes. Das ganze Vampires-Projekt sei für ihn ohnehin die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Er sei damit aufgewachsen, „diesen beiden Typen zuzuhören“, fügte er hinzu. „Du kannst dir als Kind nicht vorstellen, dass so etwas mal passiert.“
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