Das US-Frauenteam ist Rekord-Weltmeister und Titelverteidiger bei der Weltmeisterschaft in Frankreich, fixierte den Aufstieg ins Achtelfinale nach zwei Siegen und einem Torverhältnis von 16:0 vorzeitig. Trotzdem stehen die Supergirls rund um Rekordkickerin Alex Morgan im Schatten ihrer männlichen Kollegen - zumindest, was die Prämien angeht. Doch damit soll jetzt Schluss sein!
Die US-Fußballerinnen wollen bei der Weltmeisterschaft nicht nur ihren vierten Titel erobern, für die Auswahl geht es um mehr. Alex Morgan und Co. sind durch ihren juristischen Einsatz für finanzielle Gleichbehandlung zu Kämpferinnen für Frauenrechte geworden. Zu einem Gerichtsprozess gegen den eigenen Verband wird es frühestens 2020 kommen. Doch die Frauen sammeln schon jetzt Argumente.
Klage gegen den US-Verband
Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, brachten 28 Spielerinnen des US-Nationalteams Klage gegen den Fußballverband ihres Landes ein. Sie sehen sich unrechtmäßig behandelt und führen nicht nur finanzielle Nachteile ins Treffen, sondern auch schlechtere Reisebedingungen und anderes. Das Ganze geschah vor dem Hintergrund, dass die Frauen erheblich erfolgreicher sind als ihre männlichen Kollegen. Der US-Verband bestritt die Diskriminierungsvorwürfe und verwehrte sich dagegen, Gesetze zu verletzten.
Bis zu einer Auseinandersetzung vor Gericht würden zwar noch Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Trotzdem nimmt die Debatte über die Entlohnung von Sportlerinnen und Sportler im Zuge der Frauen-WM in Frankreich wieder Fahrt auf. Warum werden Frauen und Männer für nahezu gleiche Leistungen im Sport nicht grundsätzlich gleich entlohnt? Das ist die durchaus heikle Frage.
Diskriminierungsverbot
Ein rechtlich verankertes Diskriminierungsverbot, erklärt die Rechtsanwältin Christina Toth, schließt Unterschiede im Verdienst jedenfalls nicht aus. „Wenn es gute Gründe gibt, warum ich Frauen weniger bezahle, dann ist es durchaus legitim“, sagte die Präsidentin des Österreichischen Tennisverbandes (ÖTV). Ein gewichtiges Argument, das auch vor Gericht Beachtung fände, ist etwa die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Denn Fakt ist, dass in der männlichen Sportwelt eindeutig mehr Geld im Spiel ist, somit auch die Einnahmen der Verbände höher sind.
Allein die TV-Einschaltquoten fallen bei Spielen von Frauen deutlich geringer aus. Auch die Einkünfte von Sponsoren sind auf einem weit niedrigeren Level. Laut dem „Forbes“-Magazin casht Superstar Cristiano Ronaldo über 40 Millionen Dollar (35,6 Mio. Euro) jährlich über Sponsoren, während US-Aushängeschild Alex Morgan gerade einmal drei Millionen (2,67 Mio. Euro) bekommt. Demgemäß beharrt auch der US-Verband darauf, dass es bei dem geringeren Verdienstniveau der Frauen nicht um Sexismus, sondern um wirtschaftliche Realitäten geht.
Auch Morgan ein Superstar
Dagegen spricht allerdings: Morgan ziert aktuell das Cover des legendären „Sports Illustrated Swimsuit Issue“. Ihre Follower-Zahl auf Instagram steht bei 6,1 Millionen. Zum Vergleich: David Alaba hat 4,5 Millionen, Lindsey Vonn 1,8. Nur einige Fotos in Fußballtrikots lassen erahnen, wer diese Alex Morgan wirklich ist: eine der besten Fußballerinnen des Planeten. Vor vier Jahren gewann die heute 29-Jährige mit den USA in Kanada den Weltmeistertitel, 2017 holte sie mit Lyon die Champions League. 2012 wurde sie bei der Ballon-d‘Or-Gala als Weltfußballerin nominiert und belegte den dritten Platz.
Für Toth stellt sich allerdings die Frage, ob ein Sportverband von dieser Dimension nicht eine andere, gesamtgesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen müsste. „Ein Verband könnte ja auch Gelder umverteilen, wenn er über die Männer mehr einnimmt“, sagte die auf Sportrecht spezialisierte Juristin. Das heißt, ein Überschuss könnte für höhere Prämienzahlungen bei den Frauen verwendet werden.
Vorbild Norwegen
Als einer der wenigen Fußballverbände zahlt Norwegen seinen Spielerinnen mittlerweile die gleichen Prämien wie den Nationalspielern. Dass dies nicht der Regelfall ist, führt Toth auf die typischen Verbandsstrukturen zurück. „Ich glaube schon, dass vieles damit zu tun hat, dass in den Entscheidungsgremien fast nur Männer sind.“ Für mehr Gleichberechtigung wären die Frauen daher „auf Schützenhilfe angewiesen“.
Starken Rückenwind brächte dem Frauensport freilich auch ein juristischer Sieg der US-Fußballerinnen vor Gericht. „Natürlich wäre es einmal konkret auf die USA beschränkt, aber es hätte massive Auswirkungen und eine Präzedenzwirkung für andere Länder“, erläuterte Toth, die jedoch eine außergerichtliche Lösung anstreben würde. „Weil bei Gericht kommen dann meistens Entscheidungen raus, die insgesamt schlecht für den Sport sind.“ Richter und Richterinnen könnten nie so tief in die Materie eindringen wie die Betroffenen selbst, argumentierte sie.
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