Sie hat die Menschen polarisiert wie kaum eine andere Spitzenpolitikerin dieses Landes, nach über acht Jahren als Vizebürgermeisterin und Stadträtin sagte Maria Vassilakou im Rahmen der Landesversammlung am Samstag ihren Grünen „Danke und Adieu“. Das Grüne Urgestein Christoph Chorherr würdigte Vassilakou in einer Rede, in der er Bilanz über ihre Zeit als Vizebürgermeisterin zog: „Du hast für uns Grüne und die Stadt Unglaubliches geleistet. Dafür möchte ich mich ganz tief vor dir verneigen. Danke, Maria.“
Die Politik sei ein hartes Geschäft, das viele Verletzungen mit sich bringe, so Chorherr. Am härtesten seien Verletzungen aus den eigenen Reihen: „Es ist naiv zu glauben, dass die eigene Partei immer nur Hundert Prozent hinter einem steht.“ Er bewundere Vassilakou „unendlich“ dafür, dass sie sich zwar manchmal „einen wirklich harten Panzer“ anziehen habe müssen, „aber nie zum seelischen Zombie“ geworden sei.
Erfolge unter viel Widerstand durchgesetzt
„Du bist ein unglaublich lustiger, seelenzärtlicher Mensch geblieben“, fand ihr langjähriger Wegbegleiter. Chorherr erinnerte an die größten Erfolge unter Vassilakous „Orchestrierung“, die sie oft unter viel Widerstand auf allen Ebenen durchgesetzt habe: von Verkehrsthemen wie der Mariahilfer Straße, die ein Symbol für die Rückeroberung des öffentlichen Raums geworden sei, über den Wientalradweg hin zur Stadtplanung mit dem Sonnwendviertel, dem Otto-Wagner-Areal, wo nun eine Universität statt Luxuswohnungen entstehe, dem Schutz für Gründerzeithäuser und Klimaschutz unter anderem über die „schärfste Bauordnung“ Österreichs.
Zuvor wurde ein kurzer Film mit Fotos aus den Jahrzehnten ihrer politischen Karriere gezeigt. Die sichtlich gerührte, scheidende Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin wurde von den Teilnehmern der Landesversammlung mit minutenlangen Standing Ovations gewürdigt.
„Junge Frau aus Athen“ veränderte die Stadt
Vassilakou selbst bedankte sich in ihrer Rede wiederum bei den Grünen, und zwar dafür, „dass die Grünen einer jungen Frau aus Athen die Möglichkeit gegeben haben, die Stadt zu verändern. Wir sind nicht bloß eine politische Bewegung, sondern auch eine Familie. Für mich war es ein Privileg, Teil der grünen Familien zu sein. Weil hier Menschen sind, die an etwas glauben. Für mich ist es eine Ehre, all diesen Menschen ein Gesicht und eine Stimme gegeben zu haben“. Sie habe das jedoch nicht alleine geschafft, wie sie betonte: „Ich wurde von vielen getragen, ich wurde von den Grünen unterstützt, man hat an mich geglaubt: Daher kam meine Kraft“, so Vassilakou in ihrer Abschiedsrede.
„An Tagen wie diesen und eigentlich in den letzten Wochen lässt man sehr viel Revue passieren. Schon eigentlich unglaublich, aber wahr: 24 Jahre meines Lebens. Ich bin 1996 Gemeinderätin geworden“, schilderte die gebürtige Griechin - die bereits 1993 bei der Partei angedockt ist - ihren Werdegang. „Ordentlich mehr als die Hälfte meines Lebens“, habe sie bei den Grünen verbracht. „Nicht jeder Tag war gut, aber jeder war es wert“, hatte Vassilakou im Gespräch mit „Krone“ resümiert. Was von ihrem Wirken in Wien bleibt? „Die große Offensive in der Neugestaltung des öffentlichen Raums“, so die scheidende Vizebürgermeisterin, die auch künftig im Städtemanagement bleiben möchte.
Hebein als Vizebürgermeisterin nominiert
Nach der Verabschiedung von Vassilakou wurde dann am Samstag Birgit Hebein als Nachfolgerin der scheidenden Vizebürgermeisterin und Stadträtin nominiert. 438 Delegierte votierten in der Landesversammlung für die Entsendung der Noch-Gemeinderätin in die Stadtregierung. Das waren 94,19 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Wahl wird am Mittwoch im Gemeinderat erfolgen. Hebein ist auch designierte Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020.
Neue Parteistruktur - Spitzenkandidatin erstmalig auch Parteichefin
Neu ist auch, dass die Spitzenkandidatin und Grüne Nummer 1 auch offiziell Parteichefin wird. Somit wird Birgit Hebein neben ihrer Funktion als Stadträtin und Vizebürgermeisterin auch offiziell Parteichefin der Grünen Wien und übernimmt damit auch die Funktion der Landessprecherin. Beschlossen wurde zudem eine neue Parteistruktur - zum Abschluss des 2018 gestarteten Erneuerungsprozesses: Der sogenannte Parteirat ersetzt zwei bisherige Gremien (Bezirkekonferenz und Landeskonferenz) und wird aus rund 45 Personen bestehen. Alle Parteiteile sind in diesem Parteirat vertreten: Die Bezirksorganisationen, Teilorganisationen, der Rathausklub, Vertreter der Bundesgrünen, Grüne Bildungswerkstatt sowie die Landesgeschäftsführung. Ein Landesparteisekretär wird die politische Koordination nach innen übernehmen.
Weichen für Nationalratswahl gestellt
Der bisherige umweltpolitische Sprecher der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Lukas Hammer, wird indessen die Landesliste der Wiener Grünen bei der kommenden Nationalratswahl anführen. Er wurde am Samstag im Rahmen einer Landesversammlung auf den ersten Platz gehievt. Auf den weiteren Plätzen folgen Bundesrätin Ewa Dziedzic, die frühere Nationalratsabgeordnete Sigrid Maurer, die Rektorin der Akademie der bildende Künste Eva Blimlinger und Gemeinderätin Faika El-Nagashi.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.