Fährt auch teilautonom

Neuer Renault Clio will sogar den Golf austanzen

Motor
28.06.2019 23:21

Renault verkauft vom Kleinwagen Clio von Jahr zu Jahr höhere Stückzahlen. Und was machen die Franzosen? Sie bringen den Nachfolger an den Start - und machen Europas meistverkauftes B-Segment-Auto durch und durch noch besser. Viele Assistenten sind serienmäßig, optional kommt er sogar mit Autonomfahren nach Level 2 - in der Basisversion gibt es aber nicht einmal eine Klimaanlage.

(Bild: kmm)

Der Clio V ist das erste Auto, das auf der CMF-B-Plattform der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz basiert, was ihm einen Gewichtsvorteil von 50 Kilogramm bringt. Optisch präsentiert er sich als sanfte, aber wirkungsvolle Weiterentwicklung des Vorgängers, der folglich nicht von heute auf morgen alt aussieht. Dennoch wirkt die neue Generation knackfrisch. Daran hat die rundum serienmäßige LED-Beleuchtung ihren Anteil, besonders wegen der C-förmigen Tagfahrleuchten, die wir bereits vom Renault Mégane kennen. 

Der flotte Franzose schafft das Kunststück, außen leicht zu schrumpfen, aber innen zu wachsen. Bei nur 4,05 Meter Außenlänge (minus 12 mm) und 2,58 Meter Radstand (minus 5 mm) bietet er vier Personen (offiziell handelt es sich um einen Fünfsitzer) angenehme Platzverhältnisse, und jede Menge Ablagen. Wenn sie sich mit den Frontpassagiere arrangieren, kommen auch groß gewachsene Hinterbänkler zurecht (hinten plus 2,6 Zentimeter Kniefreiheit im Vergleich zum Vorgänger). Der Verstellbereich der Vordersitze ist enorm, ebenso der des Lenkrades. So findet der Fahrer ideale Voraussetzung für entspanntes Fahren vor, vor allem wenn er den Sportsitz (Teil der R.S. Line) mit gutem Seitenhalt und 15 Millimeter verlängerter Sitzauflagefläche unterm Allerwertesten hat. Hinten überrascht die trotz abfallender Dachlinie gute Kopffreiheit. 

In den Kofferraum passen nach VDA 340 Liter, beim Diesel sind es wegen der SCR-Abgasregelung 25 Liter weniger. Die Ladekante ist ziemlich hoch, was zwar unpraktisch ist, aber im Fall eines Heckaufpralls geringere Schäden versprechen soll - und dadurch eine günstigere Versicherungseinstufung. Vorbildlich ist die ebene Ladefläche, die sich mit dem superleicht verstellbaren doppelten Boden bei umgeklappter Rückbank ergibt (insgesamt 1069 Liter). Mehr Kofferraum wird es nicht geben - der Kombi läuft aus, der neue Clio ist ausschließlich als Fünftürer zu haben. Dank in die Fensterlinie integrierten hinteren Türgriffen geht er auf den ersten Blick als Dreitürer durch.

Nobel, nobel und tres chic!
 Die Anmutung ist hochwertig, auch dank großzügig verteiltem hinterschäumtem Kunststoff und der frischen Optik, die man mit farbigen Elementen weiter aufpeppen kann. Schöner wohnen im Kleinwagen! Während der Fahrt fühlt man sich locker ein, zwei Klassen höher aufgehoben, weil der Clio immens leise ist, sogar bei höherem Tempo.

Auch das Navitainment ist (zumindest optional) ganz und gar nicht kleinwagenlike. Das dem Fahrer zugeneigte, zentrale Touchdisplay ist gegen Aufpreis das größte seiner Klasse (sagt Renault, 9,3 Zoll Diagonale), auch der Tacho kann digital und unterschiedlichen Vorlieben entsprechend dargestellt werden. Das Navi basiert auf Google Maps, zeigt sehr übersichtlich an und wird in den ersten drei Jahren gratis „over the air“ aktualisiert. Ganz und gar nicht zeitgemäß ist die verzerrte Darstellung der Kamerabilder - da hilft auch die Vogelperspektive mit vier Kameras nichts.

Vorbildlich: Unterhalb des Displays befinden sich drei Chrom-Regler für die Klimaanlage sowie einige Hardkeys, darunter der für die Fahrmodi.

Fünf Motoren zur Wahl - und eine spannende Aussicht
 Zum Marktstart im September bietet Renault drei Benziner und zwei Diesel an. Einstiegsmodell ist ein 999 ccm großer Dreizylinder ohne Turbolader, der 72 PS leistet und vermutlich nur sehr genügsame Zeitgenossen (oder Fuhrparkmanager) erfreuen wird. Einigermaßen spritzig ist die Turboversion mit 100 PS und einem maximalen Drehmoment von 160 Nm bei 2750/min. Mit dem manuellen Fünfgangetriebe lässt sich der Motor gut bei Laune halten. Später soll wahlweise ein stufenloses Automatikgetriebe (CVT) erhältlich sein, das Schaltstufen simulieren kann.

Topmotor ist der 130-PS-Vierzylinder mit 1,3 Liter Hubraum (genannt TCe 130 EDC PF), der schon ab 1600/min. mit 240 Nm durchzieht, aber vom etwas trägen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe ausgebremst wird. Immerhin soll mit dem (nach DIN) 1173 kg schweren Wagen ein Sprint von null auf 100 km/h in 9,0 Sekunden möglich sein, außerdem ein Höchsttempo von 200 km/h.

Auch wenn sich in Österreich nur wenige Kunden dafür entscheiden werden, bietet Renault zwei 1,5-Liter-Diesel mit 85 und 115 PS an, die im Mittel nur 3,6 l/100 km verbrauchen sollen.

Spannend wird es in der ersten Jahreshälfte 2020: Dann wird Renault im Clio den ersten Vollhybridantrieb der Marke anbieten. Der bekommt einen 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, zwei Elektromotoren und eine 1,2-kWh-Batterie. Interessant ist das Antriebskonzept: Der Verbrenner hat ein Viergang-Getriebe, kommt aber ohne Kupplung aus, weil der kleine E-Motor für die Synchronisierung der Zahnräder sorgt. Der große E-Motor sorgt für unterstützenden Vortrieb und hat ein eigenes Getriebe, wodurch sich im Zusammenspiel 15 Fahrstufen ergeben, die automatisch gewählt werden. Renault verspricht, dass man damit dank hoher Rekuperationsleistung im Stadtverkehr zu 80 Prozent elektrisch unterwegs ist und im Vergleich zu einem reinen Benziner 40 Prozent Kraftstoff spart. Systemleistung und Fahrzeuggewicht liegen etwas über dem Niveau des TCe 130 EDC.

Gutes Fahrwerk, Top-Lenkung
 Beim Fahren sticht besonders die direkte und vor allem im Sportmodus gefühlvolle Lenkung heraus. Im Normalmodus agiert sie sehr leichtgängig. Apropos Fahrmodi: Es gibt deren drei - Eco, Sport und My Sense. So wird der individual mode bezeichnet, den sich der Fahrer respektive die Fahrerin hinsichtlich Gasannahme, Lenkung etc. selbst konfigurieren kann.

Das Fahrwerk ist absolut adäquat. Nur wer sich von der noblen Anmutung des Clio mitreißen lässt und sich tatsächlich in einer höheren Klasse wähnt, wird sich auf holprigen Straßen besser ansprechende Dämpfer wünschen.

Autopilot ist eine Ansage in der Kleinwagenklasse
 Was andere Hersteller zunächst in großen, teuren Fahrzeugklassen einführen, startet bei Renault von unten heraus: Der Clio ist der Erste, den man mit autonomen Fahrfunktionen ausstatten kann. Der „Autobahn- und Stauassistent“ kann bis 160 km/h selbständig den Fahrbahnmarkierungen folgen, was bei ersten Tests sehr gut funktioniert hat, das System hält den Wagen gut in der Mitte (anders als etwa der Peugeot 508, der sich grundsätzlich zu sehr seitlich orientiert). Der Adaptivtempomat ohne Lenkfunktion funktioniert bis Tempo 170.

Gegen Aufpreis fährt der Clio nach Level 2 autonom - für Entspannung auf der Autobahn (Bild: Renault)
Gegen Aufpreis fährt der Clio nach Level 2 autonom - für Entspannung auf der Autobahn

Serienmäßig an Bord sind Notbremsassistent mit Fußgängererkennung, Verkehrszeichenerkennung und Lichtsensor. Optional beziehungsweise ausstattungsabhängig stehen noch ein radarbasierter Totwinkel-Warner, ein Fernlichtassistent sowie ein aktiver Spurhalteassistent (nicht zu verwechseln mit dem „Autobahn- und Stauassistenten“) zur Verfügung.

Die Preise
Basispreis für den Renault Clio ist 12.490 Euro. Dafür gibt es den 72-PS-Einstiegsmotor, elektrisch einstellbare und beheizbare Außenspiegel, einen Tempomaten sowie die genannten serienmäßigen Assistenten. Klimaanlage und Radio - Fehlanzeige. Das gibt es erst ab der Ausstattung Zen ab 15.340 Euro. Da zahlt es sich dann aber auch aus, gleich noch 800 Euro draufzulegen und dafür den gelungenen Turbo-Dreizylinder zu bekommen. Für weitere 1500 Euro bekommt man das CVT-Getriebe (ausschließlich beim TCe 100).

Für den TCe 130 muss man mindestens in die nächsthöhere Ausstattung Intense investieren, die ab 21.990 Euro u.a. Navi, Digitaltacho, Keyless Go oder Parksensoren hinten umfasst. Darüber folgen die sportliche R.S. Line sowie der luxuriöse Initiale Paris, der mit 26.290 Euro die Spitze der Preisliste markiert.

Unterm Strich
 Wohlgeraten ist er, der kleine Franzose, elegant im Anblick und angenehm im Umgang. Klar, er ist kein Preisbrecher, verwöhnt aber mit wertiger Anmutung. Aktive Fahrer werden ihre besondere Freude an der Lenkung haben (Normalfahrer auch, denen fällt es nur nicht so auf). Schon bisher war der Clio in manchen Märkten Europas das meistverkaufte Auto überhaupt, insgesamt immerhin der meistverkaufte Kleinwagen. Geringer wird der Erfolg des neuen Clio sicher nicht ausfallen. Europa-Primus Golf darf sich anschnallen.

Warum?
 Hochwertige, solide Anmutung
 Top-Ausstattung, wenn auch nur gegen Aufpreis
 Auffallend gute Lenkung

Warum nicht?
 Hohe Ladekante

Oder vielleicht …
 … VW Polo, Ford Fiesta und die ebenfalls im Herbst kommenden PSA-Kleinwagen Opel Corsa und Peugeot 208

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: kmm)



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt