Nach Ibiza-Video, Straches Sturz und dem Ende von Türkis-Blau macht FPÖ-Stratege Herbert Kickl wieder einmal das, was er am besten kann: neue rechte Ideologien entwickeln (diesmal noch größer), Sprüche für den Wahlkampf testen - und die alten Kräfte in der ÖVP bekämpfen.
Nach allem, was war, nach den auf Ibiza gefilmten Größenwahnplänen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, wie er die „Krone“ mit Oligarchengeld kaufen will, Redakteure als Nutten bezeichnet, die er nach Belieben feuert und befördert: Nach all dem fällt es nicht leicht, ein Gespräch mit einem der engsten Weggefährten Straches, einem der führenden freiheitlichen Strategen, dem Chef-Wahlkämpfer und Großideologen der FPÖ, Herbert Kickl, zu führen. Aber man ist Journalist. Wer seinen Beruf ernst nimmt, will ergründen und redet daher auch mit jenen, die einem eigentlich an den Kragen wollen.
„Sind voneinander unabhängig“
Kickl also gleich einmal direkt gefragt, ob für ihn auch alle Journalisten die größten Huren sind, wie das Strache in seinem verschwitzten T-Shirt in einer Villa auf Ibiza sagte. „Wir befinden uns sicher nicht in einem Verhältnis einer käuflichen Person zu einem Freier. Mein Verhältnis zu Ihnen möchte ich als eines definieren, dass wir unabhängig voneinander sind. Sie von mir und ich von Ihnen.“ Sagt Herbert Kickl - und das lassen wir gelten.
Das Ibiza-Video:
Aber dennoch: Was ist mit Strache los im Kopf - oder ist der langjährige FPÖ-Chef seinem treuen Gefährten Kickl bloß entglitten?
„Strache ist ein sehr intelligenter Mensch“
So ganz schlüssig kann das Kickl, der Strache seit bald 15 Jahren kennt, auch nicht erklären. Weder Straches Wahnsinn von Ibiza noch die nach seinem politischen Sturz vor allem nächtens über Facebook in das blaue Fan-Universum abgesetzten Trotzparolen. Kickl spricht über Strache wie ein verständnisvoller Therapeut über einen lieb gewonnenen Patienten. Von Prahlerei, dass man nicht wisse, in welchem Zustand Strache war, und von einem Menschen, der mit seiner Macht imponieren will. Peinlich ist ihm, Kickl, Strache nicht: „Peinlich kann man sich immer nur selber sein.“ Kickl sagt auch: „Strache ist ein sehr intelligenter Mensch.“
Und diesen Satz lassen wir ebenfalls einfach so stehen - und für sich wirken.
Kickl ist geistig ohnehin schon wieder weiter. Straches Ibiza-Video war ein Unfall, die Regierung dahin, die freiheitlichen Ministerämter futsch. „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich mich darüber freue.“
Kickl, seit jeher auf Opposition getrimmt, hat aber mühelos in den alten Kampfmodus gefunden. Fast als ob nichts geschehen wäre.
„Strategische Optionen immer durchdenken“
Herbert Kickl sendet auch schon wieder Koalitionssignale aus. Die erste Adresse bleibt für ihn die ÖVP. Obwohl Kickl nachgesagt wird, dass er einer Regierungspartnerschaft mit der SPÖ eigentlich immer den Vorzug gegeben hätte. Dem hält er nichts entgegen, sagt nur, dass man immer „strategische Optionen durchdenkt“.
„Neuanfang mit der ÖVP“
Auch diesmal hat Kickl seine Optionen durchgedacht. Und so legt er den Köder an ÖVP-Chef Sebastian Kurz aus, spricht von einem „Neuanfang mit der ÖVP“ nach den Wahlen. Nur müsste sich Kurz von den „alten Kräften in der ÖVP emanzipieren“. Die sieht er vor allem in Niederösterreich. Von dort aus greife der lange Arm Kurz ins Lenkrad. Das hätte zum abrupten Ende der türkis-blauen Regierung geführt.
Kickls neues Wahlkampfthema ist sein altes: „Migration bleibt ein Dauerbrenner.“ Seine Sprüche testet er im Gespräch: „Umweltschutz ist Naturschutz“, „Identität ist Intimität“. Nun geht die große rechte Heimat-Ideologie so: „Wir sind die Anti-Globalisierungs-Partei.“ So bleibt Straches Geist lebendig - die FPÖ, was sie immer war.
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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