Änderungen geplant

Führerschein: Bald alle 10 Jahre zum Amtsarzt?

Österreich
14.04.2010 09:28
Die EU-Staaten haben sich vor einiger Zeit auf europaweite Änderungen bzw. Vereinheitlichungen in Sachen Führerschein geeinigt. Bis Jahresende hat der österreichische Gesetzgeber noch Zeit zu entscheiden, ob es für heimische Führerschein-Besitzer ab einem gewissen Alter künftig verpflichtende Gesundheits-Checks geben soll oder nicht und auf wie lange Führerscheine befristet werden. Während Sachverständige für regelmäßige Amtsarztbesuche sind, sprechen Kritiker von "Altersdiskriminierung".

Die EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, künftig Führerscheine - je nach Entscheidung des jeweiligen Staates - auf zehn oder 15 Jahre zu befristen. Offen lässt die Union den Mitgliedsländern die Entscheidung, verpflichtende Gesundheits-Checks für Führerscheinbesitzer einzuführen. Möglich wäre es auch, die Gültigkeitsdauer der Lenkerberechtigungen erst ab dem Alter von 50 Jahren zu befristen. Bis spätestens 20. Jänner 2011 muss die neue EU-Führerscheinrichtlinie in nationales Recht umgesetzt sein.

Bis 2030 wird der Anteil der über 60-jährigen Bevölkerung in Österreich auf mehr als ein Drittel anwachsen. In einigen europäischen Ländern ist ein Gesundheits-Check für Autofahrer bereits Pflicht. Die Sinnhaftigkeit der Maßnahme wird kontrovers diskutiert. Ob sich Österreich dafür aussprechen wird, ließ man im Verkehrsministerium am Mittwoch unbeantwortet. Die Inhalte der neuen Richtlinie seien derzeit in Ausarbeitung, nach dem Sommer soll ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt werden.

Sachverständiger für Checks im 10-Jahres-Abstand
Deutlichen Standpunkt zu verpflichtenden Gesundheits-Checks bezieht der Wiener Führerschein-Sachverständige Reinhard Fous. "Ich bin dafür, ab Erwerb des Führerscheins alle zehn Jahre eine ärztliche Untersuchung einzuführen", sagt er. Das Alter sei für ihn dabei aber kein Kriterium. "Es kann von der Lebensgeschichte her auch ein 17-Jähriger 'alt' sein, und ein 80-Jähriger noch sportlich und vital", meinte Fous. Davor, dass mit der Einführung von Gesundheits-Checks schlagartig allen älteren und somit meistens häufiger kranken Personen der Führerschein abgenommen wird, müsse sich niemand fürchten. "Man muss den Führerschein nicht gleich entziehen, es reicht oft nur, den Zucker einzustellen, dann ist der Betroffene wieder fahrtauglich", erläuterte der Mediziner. 

"Mit 200 Blutdruck kann man nicht Auto fahren", meint der Sachverständige. Bei einem Unfall treffe es dann meist nämlich nicht nur den Verursacher selber, "sondern man nimmt jemanden Unschuldigen mit". Erkrankungen lassen sich korrigieren, "einen grauen Star kann ich operieren, Zucker oder den Blutdruck einstellen lassen". Politisch sei das Thema dennoch unpopulär. Die Kosten von 25,40 Euro für einen Test seien aber kein Gegenargument.

Blecha: "Sind keine unkontrollierten Raketen"
In Wien fand zu diesem Thema am Mittwochvormittag ein Symposium statt. "Alte Menschen im Straßenverkehr sind keine unkontrollierten Raketen, die auf einen zukommen", sagte dort der frühere Innenminister und heutige SPÖ-Seniorenchef Karl Blecha. Blecha glaubt, dass ältere Verkehrsteilnehmer sogar kooperativer, vorsichtiger und weniger aggressiv unterwegs seien. Ein Befristung von Führerscheinen ab einem bestimmten Alter sei für ihn eine Form der Altersdiskriminierung.

Für regelmäßige Gesundheits-Checks spreche laut Blecha zwar vieles, "aber nicht eingegrenzt auf eine bestimmte Altersgruppe". Maßnahmen dürften nicht dazu führen, Ältere vom Kraftfahrzeug fernzuhalten. "Alter ist kein Unfallrisiko", betonte er. Der Führerschein sei für viele alte Menschen ein Beweis der Selbstbestimmung, der Wertschätzung - auch dann, wenn der Schein gar nicht mehr benutzt wird. Der Umstieg auf den öffentlichen Verkehr solle gefördert werden, aber ohne Kraftfahrzeuge für Ältere zu verbieten.

KfV: "Es ist fünf vor zwölf"
Für die Entscheidung, ob Gesundheits-Checks Ja oder Nein, gibt es laut Armin Kaltenegger, dem Leiter des Rechtsbüros beim Kuratorium für Verkehrssicherheit, zu wenig wissenschaftlich fundierte Grundlagen. "Wir wissen zum Beispiel zu wenig über Unfallursachen von Senioren", sagte der Jurist. Es sei schwierig, Position zu beziehen. 

"Wir wollen jene Lösung, die den größten Impact auf die Verkehrssicherheit hat", sagte er. "Es ist fünf vor zwölf", man müsse Überlegungen machen, in welche Richtung es gehen soll.

Übergangsfrist bis 2032 für alte Führerscheine
Der ÖAMTC sieht keinen Grund derartige medizinische Überprüfungen einzuführen. "Weder bei älteren noch bei jüngeren Fahrzeuglenkern", sagte Chefjurist Hugo Haupfleisch. Viel eher tritt der Club für die Eigenverantwortung der Lenker ein. Ältere Autofahrer würden durch ihre Verkehrserfahrung und ihr Verantwortungsbewusstsein körperliche Mängel gut ausgleichen können.

Von der - ob mit oder ohne Amtsarzt-Untersuchung - kommenden Befristung betroffen werden laut ÖAMTC-Juristin Ursula Zelenka zunächst alle neu ausgestellten Scheine sein, unbefristete alte Lenkberechtigungen gelten bis 2032, dann endet die Übergangsphase. Ziel der EU-Richtlinie ist, dass man EU-weit nur ein einziges Führerscheinmodell - derzeit gibt es in der EU über 100 - haben will. Außerdem soll durch ein einheitliches System Fälschungssicherheit gewährleistet werden, zudem bringe es nach Auffassung des ÖAMTC mehr Reisefreiheit mit sich.

Änderungen wird es dadurch u.a. auch für Moped und Microcar-Fahrer geben: Für sie gibt es mit dem Inkrafttreten ab 2013 eine eigene Führerscheinklasse. Die Richtlinie sieht außerdem einen stufenweisen Zugang zum Lenken schwerer Motorräder mit insgesamt vier Führerscheinklassen statt bisher zwei vor.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt