Konflikt am Erdöl-Golf
Rivalität: Warum die Saudis und Iran Feinde sind
Im Konflikt am Persisch-Arabischen Golf hat der US-Präsident einen Verbündeten, der sehr wohl auch seine eigenen Interessen verfolgt: Nein, es geht hier nicht um Israel, sondern um Saudi-Arabien. Es geht um Religion und Macht. Es geht um die beiden großen Glaubensrichtungen im Islam: die mehrheitlichen Sunniten und jene Schiiten, die so etwas wie die Nationalreligion des Iran darstellen.
Als sich vor gut 40 Jahren die sogenannten militanten Kleriker (Militant Clerics) um Ayatollah Khomeini im Iran nach dem Sturz des Schahs an die Macht putschten, erreichten die Erschütterungen auch das 1300 Kilometer entfernte saudische Königshaus. Khomeini erhob den Anspruch, die Islamische Revolution in andere Länder zu tragen - was die Mächtigen in Saudi-Arabien als Bedrohung ihrer eigenen Herrschaft verstanden.
1979 als prägendes Jahr
Ihre Angst wuchs noch weiter, als im November desselben Jahres eine Gruppe von Extremisten die Große Moschee von Mekka stürmte und über Tage besetzen konnte - den Ort also, der für gläubige Muslime als der heiligste gilt. Und dessen Schutz zu den Grundfesten der Macht des saudischen Königshauses gehört. Wer den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran verstehen will, kommt an diesem Jahr 1979 nicht vorbei.
Eine gegenseitige religiöse Verketzerung
Die große Angst um die eigene Herrschaft gehört bis heute zu den Leitmotiven der Dynastie in Riad. Niemand sonst hat sie seit 1979 so herausgefordert wie die schiitische Führung in Teheran. Die Spaltung der beiden Strömungen im Islam geht auf dessen Frühzeit zurück, als nach dem Tod Mohammeds im Jahr 632 ein Streit über seinen rechtmäßigen Nachfolger ausbrach. Die Schiiten sehen Ali, Mohammeds Schwiegersohn, und die Nachfolger aus seiner Familie als die einzigen Auserwählten.
Die Anhänger des Ali verloren diesen Kampf um das Kalifat. Die Schiiten gelten unter sunnitischen Fundamentalisten als „Ketzer“, die Saudi-Herrscher gelten unter schiitischen Fundamentalisten als „Usurpatoren“ (unrechtmäßige Machthaber).
Schiitische Minderheit in arabischen Staaten
Neben der religiösen Komponente spielen auch Machtfragen eine wichtige Rolle. Saudi-Arabien und der Iran rivalisieren darum, wer diese Region dominiert. Es geht um Kontrolle von Ressourcen und Handelswegen. Saudi-Arabien wähnt sich dabei zunehmend von Kräften umzingelt, die mit Teheran verbunden sind. Mittels regionaler schiitischer Milizen wie etwa der Hisbollah sichert sich der Iran als nicht-arabisches Land durch Konfrontation mit Israel großen Einfluss in arabischen Ländern wie Libanon, Syrien oder Irak.
In Riad schrillten die Alarmglocken vor allem, als sich im Nachbarland Bahrain 2011 die schiitische Mehrheit gegen die dortige sunnitische Führung erhob. Saudi-Arabien sah den Iran am Werk und schickte Truppen, um die Proteste niederzuschlagen.
Stellvertreterkriege für Saudi-Arabien und Iran
In Saudi-Arabien ging die Sorge um, die Unruhen könnten auf die eigene schiitische Minderheit im Osten des Landes übergreifen - dort also, wo große saudische Ölvorräte liegen. Ein Albtraumszenario für das Königshaus.
Den Iran sieht Riad auch hinter den Huthi-Rebellen, die einen zentralen Teil des benachbarten Bürgerkriegslandes Jemen beherrschen. Immer wieder greifen sie Saudi-Arabien mit Raketen und Drohnen an und zielen dabei auch auf die wichtige Infrastruktur, die das Königreich für den Export von Öl braucht. Sogar bis Riad reichten die Angriffe schon. Woher stammen die Raketen, fragt man sich nicht nur am Hofe des Saudi-Königs.
Wobei sich gerade beim Krieg im Jemen die Frage nach Ursache und Wirkung stellt. Angeführt vom jungen Kronprinzen Mohammed bin Salman, dem ehrgeizigen eigentlichen Herrscher Saudi-Arabiens, ist die Außenpolitik des Landes in den vergangenen Jahren deutlich aggressiver geworden. Als Verteidigungsminister ordnete der Thronfolger 2015 eine Militärintervention im Jemen an. Kritiker werfen dem Königshaus vor, erst diese habe die Bande zwischen Huthis und Iran gefestigt.
Jemen-Krieg um Route Rotes Meer-Suezkanal
Der Jemen liegt nicht nur an der Grenze Saudi-Arabiens, sondern an einem strategisch wichtigen Orti m Süden der Arabischen Halbinsel: am Weg zwischen Rotem Meer und Suez-Kanal - eine wichtige Route der Schifffahrt, über die Saudi-Arabien sein Erdöl exportiert. Es geht auch um ideologische Differenzen. Arabische Länder wie Saudi-Arabien pflegen gute Beziehungen zum Westen, insbesondere zu den USA - in denen der offizielle Iran den „großen Satan“ sieht. Eine antiamerikanische Haltung gehört zu den Grundpfeilern der iranischen Politik.
Auch Teherans Anti-Israel-Politik fällt wesentlich radikaler aus als jene von arabischen Staaten. „Da führt sich der Iran katholischer auf als der Papst“, sagt ein iranischer Politologe.
Auch Fußballfans sorgen für gehörigen Wirbel
Manchmal trennen auch nur bloße Ressentiments die persischen Iraner von den arabischen Saudis, wenn etwa die Fußballteams der beiden Ländern gegeneinander antreten. Wegen vulgärer Schlachtrufe iranischer Fans gegen die Saudis musste Irans Staatssender bei Live-Spielen bereits mehrmals den Ton abstellen.
Kurt Seinitz, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.