Wochenlang vor Küste
Sea-Watch 3 legte illegal an: Kapitänin verhaftet
Der Nervenkrieg rund um das Rettungsschiff Sea-Watch 3 hat nun zur Verhaftung der deutschen Kapitänin Carola Rackete geführt. Sie war mit Dutzenden Flüchtlingen wochenlang vor der italienischen Küste unterwegs gewesen, eine Anlegeerlaubnis wurde stets verweigert. Die Schiffsführerin hatte sich dennoch dazu entschlossen, auf der Insel Lampedusa anzudocken, um die Migranten „in Sicherheit“ zu bringen - nun drohen ihr zehn Jahre Haft, weil sie die Anordnung des italienischen Militärs ignorierte. Der rechtspopulistische Innenminister Matteo Salvini wirft Rackete „kriminelles Verhalten“ vor.
Rackete wurde wegen Verstoßes gegen das Seerecht und Beihilfe zur illegalen Migration festgenommen. Vorerst steht sie unter Hausarrest - die Deutsche gab eine Wohnung auf Lampedusa als ihr Domizil an. Laut italienischen Medien könnte es zu einem Schnellverfahren kommen. Ihr drohen zwischen drei und zehn Jahren Haft und - wie auch der deutschen NGO Sea-Watch - eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro. Die Sea-Watch 3 wurde beschlagnahmt.
Bei fehlender Genehmigung droht hohe Geldstrafe
Die italienische Regierung hatte vor zwei Wochen ein umstrittenes Sicherheitsdekret beschlossen, wonach Kapitäne, Eigentümer und Betreiber von Flüchtlingsschiffen mit bis zu 50.000 Euro Strafe sowie mit der strafrechtlichen Verfolgung wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und der Beschlagnahme der Schiffe rechnen müssen, wenn für die Einfahrt in die italienischen Hoheitsgewässer keine Genehmigung vorliegt.
Migranten vorerst in Flüchtlingslager auf Lampedusa
Vor der Landung des Schiffes im Hafen von Lampedusa hatten die 40 Geretteten die Crewmitglieder des Schiffes umarmt, mit denen sie 16 Tage lang an Bord verbracht hatten. Aktivisten von Menschenrechtsorganisationen feierten die Landung, eine Gruppe von Anrainern beschimpfte die Crewmitglieder. Die Migranten wurden registriert und in einem Flüchtlingslager der süditalienischen Insel untergebracht.
Noch unklar ist, was nun mit ihnen geschieht. Fünf Länder - Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Finnland und Portugal - haben sich laut Angaben des italienischen Außenministeriums bereit erklärt, jeweils ein paar der Personen aufzunehmen.
„Ich bringe die Migranten in Sicherheit“
Die Schiffsführerin hatte vor wenigen Tagen den Notstand ausgerufen und Kurs in Richtung Lampedusa gesetzt. Nach mehr als zwei Wochen auf offener See erklärte die Kaptitänin: „Ich fahre in italienische Gewässer und ich bringe die Migranten in Sicherheit auf Lampedusa.“
Rettungsorganisation steht hinter Kapitänin: „Richtig gehandelt“
Die Organisation Sea-Watch twitterte am Samstag früh, man habe vor fast 60 Stunden den Notstand ausgerufen. „Niemand hörte uns zu. Niemand übernahm Verantwortung. Einmal mehr ist es an uns, die 40 Geretteten in Sicherheit zu bringen.“ Sea-Watch-Geschäftsführer Johannes Bayer lobte Rackete: „Wir sind stolz auf unsere Kapitänin, sie hat genau richtig gehandelt. Sie hat auf dem Seerecht beharrt und die Menschen in Sicherheit gebracht“, schrieb er auf Twitter. Am Freitag hatte die italienische Staatsanwaltschaft gegen Rackete Ermittlungen eingeleitet.
Zollboot wollte Sea-Watch 3 aufhalten
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete, ein italienisches Zollboot habe versucht, das Rettungsschiff vom Anlegen abzuhalten, es habe dann aber ausweichen müssen. Das Boot sei leicht beschädigt worden.
Hier legt die Sea-Watch 3 in Lampedusa an:
Die Sea-Watch 3 hatte am 12. Juni vor der libyschen Küste insgesamt 53 Menschen gerettet. 13 von ihnen wurden unter anderem aus medizinischen Gründen bereits in den vergangenen Tagen nach Lampedusa gebracht. Gut zwei Wochen wartete die Organisation vergeblich auf eine Erlaubnis, in einen europäischen Hafen fahren zu dürfen.
Salvini will Migranten keinesfalls aufnehmen
Seit Jahren streiten die EU-Länder über einen Mechanismus zur Verteilung von Bootsflüchtlingen. Italiens Innenminister Salvini verlangte nun konkrete „Garantien“ der aufnahmebereiten Länder. Daneben sei die Regierung „entschlossen“, gegen jeden vorzugehen, der die Gesetze gebrochen habe.
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