Video durchgesickert:
Timmermans wird wohl nächster EU-Kommissionschef
Beim EU-Gipfel zeichnete sich Montagfrüh nach einer Marathonnacht doch noch eine Einigung über die künftigen Spitzenpositionen ab. Nach Angaben von Diplomaten soll der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans EU-Kommissionspräsident werden. Als neuer Außenbeauftragter ist demnach der liberale belgische Premier Charles Michel im Gespräch. Die Angaben der Diplomaten werden durch ein Video (siehe oben) gestützt, in dem der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow Timmermans über einen möglichen Kompromiss informiert. Der Sondergipfel selbst wurde nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon ergebnislos unterbrochen und soll am Dienstag fortgesetzt werden.
Dem Kompromiss zufolge solle „Manfred Weber das Parlament bekommen und Sie (Timmermans, Anm.) übernehmen die Kommission“, so Borissow. Dabei nannte er, ein Politiker der Europäischen Volkspartei (EVP), auch gleich seine Wünsche für die Zukunft, nämlich die Aufnahme seines Landes in den Schengenraum ohne Grenzkontrollen. Das Gespräch wurde aufgezeichnet und auf der Facebook-Seite Borissows veröffentlicht.
Timmermans: „Bin mir nicht sicher, ob wir das aufnehmen sollten“
Timmermans erklärt in dem Mitschnitt, er sei „immer direkt und ehrlich“ mit Borissow gewesen und habe immer seine Bewunderung dafür ausgedrückt, „was Sie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen tun“. Danach blickt Timmermans in die Kamera und erklärt: „Ich bin nicht sicher, dass wir das alles aufnehmen sollten.“ Damit endet die Aufnahme abrupt.
Weber war Spitzenkandidat der EVP. Diese wurde bei der Wahl zwar wieder stärkste Fraktion im EU-Parlament, aber das Ergebnis war nicht berauschend. Timmermans führte die Sozialdemokraten auf Platz zwei. Weber beanspruchte die Nachfolge von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker für sich, doch er fand weder im Rat der Staats- und Regierungschefs eine Mehrheit für seine Nominierung, noch im EU-Parlament eine Mehrheit für seine Wahl.
Widerstand der Visegrad-Staaten
Danach kristallisierte sich Timmermans als Favorit heraus. Gegen ihn gab es aber erheblichen Widerstand der osteuropäischen Visegrad-Staaten und einiger EVP-Regierungschefs. Die Ministerpräsidenten von Ungarn, Polen und Tschechien lehnen den niederländischen Sozialdemokraten ab, weil er für die Vertragsverletzungsverfahren wegen umstrittener Justizreformen verantwortlich war. Für Unmut hatte bei kleineren EU-Staaten zudem der Eindruck gesorgt, dass sich die großen EU-Staaten offenbar bereits am Rande des G20-Gipfels im japanischen Osaka auf Timmermans geeinigt hatten.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.