Im Landesgericht Leoben ist am Montag eine Obersteirerin vor einem Geschworenensenat gestanden. Die Frau soll im Februar mit einem Küchenmesser auf ihren schlafenden Ehemann losgegangen sein. Sie fügte ihm eine schwere Verletzung am Arm zu. Weil sie als nicht zurechnungsfähig eingestuft wurde, gab es nun einen Antrag auf Einweisung in eine Anstalt - zu dessen Gunsten schließlich am Montagabend entschieden wurde. Die Steirerin wird in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Die Betroffene erschien weinend im Gerichtssaal und vergoss auch während der Verhandlung viele Tränen. „Vor Ihnen steht keine kaltblütige Mörderin, sondern eine schwerkranke Frau“, betonte Staatsanwältin Katharina Tauschmann. Die Anklägerin führte detailliert und einfühlsam aus, wie es zu der Tat im Februar kommen konnte.
Der Vorfall ereignete sich mitten in der Nacht. Die 42-Jährige stand im gemeinsamen Schlafzimmer auf, zog sich an, holte in der Küche ein Messer und stach auf ihren schlafenden Mann ein. Weil es dunkel war, traf sie statt des Oberkörpers den Oberarm, durchtrennte aber beinahe seinen Bizeps.
„Jetzt bringe ich dich um“
„Das hast du jetzt davon, jetzt bringe ich dich um“, soll sie dabei gerufen haben. „Ich bin mit der fixen Idee aufgewacht, dass mir mein Mann etwas antun will“, schilderte sie den Vorfall. Nach den Stichen verließ sie wortlos das Haus, ihre neunjährige Tochter leistete Erste Hilfe und rief die Rettung. „Sie soll nicht ins Gefängnis, aber in eine spezielle Klinik“, betonte die Anklägerin.
Depressionen seit mehr als 20 Jahren
Der Verteidiger sah den Vorfall nicht als versuchten Mord, sondern als absichtliche schwere Körperverletzung. Die Frau leidet seit mehr als 20 Jahren an Bulimie und Depressionen, mehrmals war sie schon in der Nervenklinik. Seit drei Jahren ist sie krankheitshalber in Pension.
Familie war der „Teufel“
2018 setzte sie selbstständig alle Medikamente ab, was zu einer Wesensveränderung führte. Sie sah plötzlich überall in der Familie den Teufel, so die Staatsanwältin. Es gab im Vorjahr mehrere Klinikaufenthalte und Suizidversuche. „Die Krankheit war der ganzen Familie bekannt, und alle sind zu ihr gestanden“, meinte der Verteidiger.
„Ich wollte meinen Mann nicht umbringen, nur verletzen“, erklärte sie immer wieder. Sie hatte sich in die Überzeugung hineingesteigert, er habe sie betrogen, „und er hat mich auch geschlagen“, berichtete sie.
„Jetzt habe ich keine Wahnvorstellungen mehr“
Zwischenzeitlich war die Betroffene auch der Meinung gewesen, Gerichtspsychiater Manfred Walzl stecke mit ihrem Ehemann „unter einer Decke“. „Kenne ich Ihren Mann?“, fragte der Sachverständige. „Damals habe ich das geglaubt, heute nicht mehr“, antwortete die Frau. „Jetzt habe ich keine Wahnvorstellungen mehr“, beteuerte sie.
Trotzdem sprach der Sachverständige davon, dass bei der Frau die „absolute Gefahr besteht, dass sie wieder Aggressionshandlungen mit schweren Folgen setzt.“ Ihre paranoide Schizophrenie bewirke eine geistig-seelische Abartigkeit höheren Grades, so der Gutachter, daher wäre eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher zu empfehlen.
„Mit Brennen im Arm aufgewacht“
„Ich bin von einem Brennen im Arm aufgewacht und habe gemerkt, dass mir etwas ins Auge spritzt“, schilderte das Opfer den Moment nach dem Stich seiner Ehefrau. Die Wunde hatte nicht nur geschmerzt, sondern auch extrem stark geblutet. Anschließend habe er die Angreiferin aufs Bett geworfen. „Ich musste entscheiden, halte ich die Wunde zu oder meine Frau fest“, so der Zeuge.
Er entschied sich dafür, die klaffende Oberarmwunde zuzuhalten. „Sie hat nicht weiter angegriffen“, meinte er über seine Frau. Er rief die Tochter zu Hilfe und ging ins Bad. Dort setzte er sich in die Badewanne, weil die Wunde so stark blutete.
Minutenlanger Schock
„Wir sind minutenlang da gesessen, wir waren so geschockt, dass wir erst dann daran gedacht haben, einen Druckverband anzulegen.“ Mittlerweile ist die Verletzung vollständig geheilt.
Geschworene entschieden einstimmig
Die Geschworenen entschieden mit 8:0 Stimmen, dass die Tat einem versuchten Mord entsprochen hätte, wäre die Frau zurechnungsfähig gewesen. So wurde sie aber in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
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