Katias Kolumne

Fall der Kapitänin Rackete ist ein Erinnerungsruf

Ausland
03.07.2019 11:55

Die Festnahme der Kapitänin Carola Rackete verursachte nicht nur dicke Luft zwischen Italien und Deutschland. Sie sorgte auch dafür, dass die ungelösten Fragen beim Migrationsthema einmal mehr in Erinnerung gerufen werden.

Während die vergangenen Tage die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel damit beschäftigt waren, einen Kommissionspräsidenten auszumachen, rief uns auf der anderen Seite Europas der Fall der deutschen Kapitänin Carola Rackete ins Gedächtnis, dass die Migrationsfrage noch lange nicht gelöst ist. Mehr noch: die augenscheinlichen Differenzen zwischen Rom und Berlin zeigen, wie weit entfernt eine längst überfällige, gesamteuropäische Lösung zu sein scheint.

Carola Rackete an Bord der Sea-Watch 3 (Bild: EPA)
Carola Rackete an Bord der Sea-Watch 3

Anstoß der Diskussion war das Anlegen des Rettungsschiffs Sea-Watch 3 im Hafen von Lampedusa. Mit an Bord: rund 40 Migranten. Es war eine erzwungene Anlandung, die die deutsche Kapitänin Carola Rackete mit der verzweifelten Lage an Bord begründete. Sie wurde direkt vor Ort abgeführt. Am Dienstag die überraschende Wende: Rackete habe laut Richterin in „Erfüllung ihrer Pflicht“ gehandelt, Leben auf See zu retten. Sie ist nun wieder frei. Die Kontroverse ist damit freilich nicht beigelegt. Sie ist auf Hochtouren.

Rackete - eine Heldin? und andere, viel wichtigere Fragen
Nun kann man zu Carola Rackete stehen wie man will. Die einen feiern sie als tapfere Heldin, andere üben scharfe Kritik an ihrem Handeln. Vor allem in den sozialen Netzwerken verbeißen sich beide Positionen in übelste Grabenkämpfe, die keinen Gewinner hervorbringen werden und letztendlich nichts bringen. Dass sie wieder frei ist, bestätigt allerdings in jedem Fall die Rechtmäßigkeit ihrer Entscheidung. Das ist zu akzeptieren.

Viel wichtiger als die Diskussion darüber, in welche Schublade man die Schiffskapitänin nun stecken soll, ist jene über die hinter dem Fall stehenden, nach wie vor ungelösten Fragen: Wie kann eine sinnvolle Verteilung von Flüchtlingen aussehen, um fairerweise die Mittelmeer-Länder zu entlasten? Was muss getan werden, um - wie angekündigt - Fluchtursachen effektiv zu bekämpfen? Wie kann der versprochene, aufgestockte Außengrenzschutz nun gelingen? Und was wurde eigentlich aus den sogenannten „Anlandeplattformen“? Es sind Fragen, die schon lange auf eine Antwort warten. Viel zu lange.

EU sollte Job-Nabelschau beenden und Lösungen finden
Wer sich damit begnügt, die furchtlose Rackete anzuprangern oder die ach so böse Härte ihres inszenierten Gegenspielers Matteo Salvini moralisch zu knechten, macht es sich hier zu einfach. Es vernebelt nur die Notwendigkeit einer sachlichen Debatte, an deren Ende endlich praktikable Lösungen stehen müssen. Und die sind gerade in der Migrationsfrage schon seit Jahren überfällig.

Matteo Salvini (Bild: ANSA)
Matteo Salvini

Die Nabelschau rund um die Top-Jobs der Europäischen Union sollte schnellstmöglich abgehakt werden. Es braucht nämlich endlich wieder Platz für die wirklich wichtigen Themen. Davon gäbe es ja genug - die Migrationsfrage ist nur ein Beispiel.

Katia Wagner, Kronen Zeitung

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