Personalpaket-Chaos
Kurz: Jetzt erst recht ist EU-Reform notwendig!
ÖVP-Chef und Altkanzler Sebastian Kurz sieht sich in den jüngsten personalpolitischen Entscheidungsprozessen in Brüssel (siehe auch Video oben) in seiner Forderung bestätigt, „die EU grundlegend zu reformieren, um sie bürgernäher, transparenter und demokratischer zu gestalten“.
Sebastian Kurz reist am Donnerstag nach Berlin zu Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. „Die Diskussionen der letzten Tage rund um das EU-Personalpaket haben wieder gezeigt, wie notwendig die EU einen neuen Vertrag mit weniger Regulierungen, dafür aber klaren Strafen bei Regelverstößen und mehr Subsidiarität braucht“, so Kurz.
Unmut in der EU über die Personalentscheidungen
Seit der Bekanntgabe von Ursula von der Leyen als designierte EU-Kommissionspräsidentin mehrt sich der Unmut über die Personalentscheidung vor allem auch im EU-Parlament. Die EU-Abgeordneten müssen Mitte Juli von der Leyen bestätigen.
Herbe Kritik gibt es vonseiten der Grünen und der Sozialdemokraten. Der frühere EU-Parlamentspräsident und Sozialdemokrat Martin Schulz sieht in Ursula von der Leyen gar „die schwächste (deutsche) Ministerin“. Die Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Ska Keller, sieht eine Mehrheit für diesen Deal „noch nicht“: „Dieser Vorschlag trifft hier auf sehr, sehr viel Unmut.“
„Dieses Verfahren ist grotesk“, sagte der grüne Vizefraktionschef Terry Reintke: „Das Parlament wird dieses Paket auf keinen Fall blind absegnen.“ Geht es nach dem grünen Europaparlamentarier Sven Giegold, verdient Europa „etwas Besseres“. Er erinnerte daran, dass gegen von der Leyen in Deutschland „noch ein Untersuchungsausschuss wegen Beraterverträgen“ laufe.
Experte im Video: „Merkel ist die Totengräberin des europäischen Projekts“
Kritik kommt auch aus Österreich
Von der Leyen sei „weder Spitzenkandidatin noch überhaupt Kandidatin“ gewesen und somit „ein schlechter Vorschlag“, sagte der Leiter der SPÖ-EU-Delegation, Andreas Schieder. Die SPÖ werde diesem Deal nicht zustimmen, so Schieder. Die „Abkehr vom Spitzenkandidatenprinzip“ bezeichnete Schieder als einen „großen Fehler“.
Kommentar von Kurt Seinitz: Armutszeugnis der EU
Man kann es so sehen: Ein großer Erfolg für die Frauen in der Politik; erste Frau an der Spitze der EU. Man kann es aber auch so sehen: Niemand hat Ursula von der Leyen in dieses Amt gewählt. Sie ist das Ergebnis einer zweitägigen Hinterzimmermauschelei der EU-Regierungschefs. Sie ist der kleinste gemeinsame Nenner.
Mehr noch: Sie ist der Bruch eines den EU-Regierungschefs abgerungenen Versprechenszur Demokratisierung der EU, wonach der EU-Kommissionschef aus der Reihe der Spitzenkandidaten aus dem EU-Parlament kommen soll. Ursula von der Leyen war zur EU-Wahl gar nicht angetreten. Sie ist eine freundliche, gebildete, aber zuletzt politisch glücklose deutsche Politikerin.
Die EU-Regierungschefs haben über das EU-Parlament gesiegt - und das ist ein Rückfall in alte Zeiten, eine möglichst schwache Person an die Spitze der Kommission zu setzen. Das wäre noch erträglich, wären die Regierungschefs nicht völlig zerstritten und die EU nicht tief gespalten.
Auf Ursula von der Leyen wartet nun eine Herkulesaufgabe zwischen den Machtansprüchen aus Berlin und Paris und dem Veto-Terror der fleißig nach EU-Geldern greifenden Visegrad-Staaten des Ostens. Die EU würde gerade in diesen Zeiten eine starke Führung brauchen, die sich auch in der Zwickmühle zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin Geltung verschaffen kann. Die EU hat einmal mehr eine Chance verspielt und ein Armutszeugnis geliefert.
Kronen Zeitung
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