Drohung mit Marine
NGO auf Irrfahrt: Auch Malta macht Hafen dicht
Neue Irrfahrt auf der Suche nach einem sicheren Hafen: Nach der italienischen Insel Lampedusa hat auch Malta dem deutschen Flüchtlings-Rettungsschiff Alan Kurdi mit 65 Migranten an Bord das Anlegen verboten. Die dortige Regierung beschloss am Sonntag, dem Schiff den Eintritt in die eigenen Hoheitsgewässer zu verweigern. Streitkräfte seien angehalten, „angemessene Aktionen“ zu ergreifen, sollte sich die Alan Kurdi über das Verbot hinwegsetzen wollen.
Die Alan Kurdi hatte am Samstagabend Kurs auf Malta genommen, da ihr auf Lampedusa das Anlegen untersagt worden war. „Wir können nicht abwarten, bis an Bord der Notstand herrscht“, schrieb die Hilfsorganisation Sea-Eye aus Regensburg auf Twitter. Menschen seien keine Verhandlungsmasse, ohne Hilfe von außen werde die Lage in zwei bis drei Tagen kritisch an Bord. Ein Sprecher der maltesischen Armee erklärte am Sonntag, das Schiff der Hilfsorganisation Sea-Eye dürfe nicht in die maltesischen Hoheitsgewässer einfahren.
NGO-Schiff lehnt „Einladung“ aus Libyen ab
Die Alan Kurdi hatte am Freitag 65 Menschen von einem Schlauchboot im Mittelmeer aufgenommen und lag seitdem in internationalen Gewässern vor Lampedusa. Ein Angebot der libyschen Küstenwache, den Hafen der Stadt Sawija als „sicheren Zufluchtsort“ anzulaufen, lehnte das Rettungsschiff ab. Am Samstagmorgen teilte Sea-Eye bei Twitter mit, die italienische Finanzpolizei sei „persönlich vorbeigekommen“, um ein Dekret des Innenministers Matteo Salvini zu überbringen: „Der Hafen ist zu.“
Rettungsschiff Alex legte in Lampedusa an
Unterdessen erhielten die Menschen an Bord des italienischen Rettungsschiffes Alex Erlaubnis, in Lampedusa an Land zu gehen. Das Schiff mit 41 aus dem Mittelmeer geretteten Migranten war zuvor entgegen des Verbots Salvinis in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel eingelaufen. Damit folgte die Alex dem Beispiel des deutschen Rettungsschiffes Sea-Watch 3, das vor einer Woche trotz Verbots unter dem Kommando der Kapitänin Carola Rackete mit 40 Migranten nach Lampedusa gefahren war.
Die Entscheidung, die Menschen an Land zu lassen, habe die Finanzpolizei zu Ermittlungszwecken getroffen. Sie untersteht dem Wirtschaftsministerium und nicht Salvinis Innenministerium. Die Alex sei beschlagnahmt worden und gegen den Kapitän werde wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung ermittelt. Der relativ kleine Motorsegler ist nach Angaben der Hilfsorganisation Mediterranea nur für 18 Menschen zugelassen. Es waren aber 60 Menschen an Bord. Die hygienischen Verhältnisse und der Wassermangel seien nach Angaben von Mediterranea katastrophal gewesen.
Seehofer appellierte an Salvini: „Öffnen Sie die Häfen“
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hatte seinen italienischen Kollegen Salvini aufgefrodert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. „Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden“, schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini. Der wies das prompt zurück. Eher würde er die Migranten per Bus direkt in die deutsche Botschaft in Rom fahren lassen, sagte er in einer Videobotschaft.
Salvini war mit dem Versprechen angetreten, die illegale Einwanderung nach Italien zu stoppen. Er konzentriert sich dabei vor allem auf medienwirksame Aktionen gegen private Rettungsschiffe, obwohl die vergleichsweise wenige Migranten nach Italien bringen.
Retter wecken laut Kurz „falsche Hoffnungen“
Unterstützung erhielt Salvini von Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Er halte es für falsch, dass Hilfsorganisationen wie jene der Sea-Watch-Kapitänin Rackete im Mittelmeer gerettete Migranten nach Europa bringen. „Sie wecken damit nur falsche Hoffnungen und locken damit womöglich unabsichtlich noch mehr Menschen in Gefahr“, sagte Kurz der „Welt am Sonntag“. „Solange die Rettung im Mittelmeer mit dem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist, machen sich immer mehr Menschen auf den Weg“, sagte Kurz. Nur wenn Europa sicherstelle, dass jeder, der sich illegal auf den Weg macht, in sein Herkunftsland oder in ein Transitland zurückgebracht wird, werde das Ertrinken im Mittelmeer enden.
Flucht vor Tötungen, Vergewaltigung und Folter
Die meisten im Mittelmeer geretteten Migranten machen sich von Libyen aus auf die gefährliche Überfahrt in meist überfüllten Schlauchbooten. In dem nordafrikanischen Staat werden Menschenrechte massiv verletzt. Das Weltstrafgericht in Den Haag untersucht auch mutmaßliche Verbrechen direkt in Flüchtlingslagern: Es geht um Tötungen, Vergewaltigungen und Folter. Zudem tobt in Libyen ein bewaffneter Machtkampf. Erst vergangene Woche starben 44 Menschen bei einem mutmaßlichen Luftangriff auf ein Internierungslager mit afrikanischen Migranten.
Solidarität mit Seenotrettern
In Deutschland demonstrierten am Samstag Tausende Menschen aus Solidarität mit den Seenotrettern im Mittelmeer für die Rechte von Schiffbrüchigen und Geflüchteten. Aufgerufen zu den Aktionen hatte die Organisation Seebrücke. Besonders viele versammelten sich in Hamburg und Berlin: laut Polizei jeweils rund 3000.
Video: Seebrücke-Demo in Berlin
14 Leichen vor Tunesien geborgen
Unterdessen haben Rettungskräfte nach einem Bootsunglück vor der Küste Tunesiens 14 Leichen afrikanischer Migranten aus dem Meer geborgen. Die Zahl werde wahrscheinlich noch steigen, hieß es seitens der Hilfsorganisation Roter Halbmond. Das Schlauchboot war am Montag aus Tunesiens Nachbarland Libyen nach Europa gestartet. Insgesamt waren laut der Internationalen Organisation für Migration 86 Migranten an Bord, als es am Mittwoch sank. Nur vier Migranten konnten gerettet werden.
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