Konservative am Ruder
Griechischer Machtwechsel: Tsipras‘ Linke gestürzt
Die konservative Partei Nea Dimokratia (ND) mit ihrem Chef Kyriakos Mitsotakis (51) hat am Sonntag die vorgezogene Parlamentswahl in Griechenland klar gewonnen. Im Parlament wird sie demnach künftig die absolute Mehrheit haben. Die Partei kam nach Auszählung von 99,8 Prozent der Stimmen auf 39,85 Prozent. Weil der Wahlsieger im 300-köpfigen griechischen Parlament zusätzlich 50 Sitze bekommt, letzten Endes 158 Sitze. Die bislang regierende Linkspartei Syriza unter Regierungschef Alexis Tsipras erreichte den Angaben zufolge 31,53 Prozent und muss sich mit 86 Sitzen zufrieden geben.
Tsipras hatte nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Europawahl Ende Mai die regulär im Oktober fällige Wahl vorgezogen. Bei der Europawahl landeten die ND fast zehn Punkte vor der Tsipras-Partei Syriza. Tsipras räumte seine Niederlage bereits am Sonntagabend ein. Er habe Mitsotakis nach der ersten offiziellen Hochrechnung bereits telefonisch gratuliert, hieß es aus dem Büro des Regierungschefs in Athen.
Mitsotakis: Proeuropäisch und wirtschaftsfreundlich
Der 51-jährige ND-Chef Kyriakos Mitsotakis gilt als proeuropäisch und wirtschaftsfreundlich. Er hatte im Wahlkampf für den Fall eines Sieges versprochen, jeden Spielraum im Budget für Steuersenkungen zu nutzen. „Sie haben den Menschen mehr Geld aus den Taschen genommen als nötig“, hatte er unlängst der Nachrichtenagentur Reuters gesagt.
Er wolle einiges davon den Menschen und den Unternehmen zurückzugeben. Dadurch solle mehr investiert und das Wirtschaftswachstum vorangetrieben werden. Konkret ist eine Senkung der Unternehmenssteuer in den kommenden zwei Jahren von 28 auf 20 Prozent geplant. Auch die Einkommens- und die Mehrwertsteuer sollen verringert werden. Mitsotakis soll bereits am Montag vereidigt werden. Mit Spannung wird erwartet, wer im Kabinett Schlüsselposten wie das Finanz-, Energie- oder Außenressort übernimmt. Der 51-Jährige hatte sich im Wahlkampf dazu bedeckt gehalten.
Sparmaßnahmen fielen Tsipras auf den Kopf
Beobachter führten die Niederlage von Tsipras und seiner Partei Syriza auf die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben. Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, hat demnach der Syriza den Rücken gekehrt und auf die Konservativen gesetzt. Auch viele Rentner wandten sich von der linken Partei ab, nachdem Tsipras mehrere Rentenkürzungen durchgeführt hatte. Zudem konnte die Nea Dimokratia bereits bei den Europawahlen im Mai stark bei jungen Wählern punkten.
Rückgang der Arbeitslosigkeit, aber höchste Gesamtverschuldung in Eurozone
Tsipras trat sein Amt 2015 an und führte das Land während der turbulenten Jahre der Finanz- und Schuldenkrise, in der Griechenland mit Milliardenhilfen vor dem Staatsbankrott und Ausschluss aus der Eurozone bewahrt wurde. Im Gegenzug hatte seine Regierung strikte Reform-Auflagen der internationalen Gläubiger erfüllen und einige harte Einschnitte in der Sozialpolitik vornehmen müssen. Im August 2018 verließ Griechenland schließlich den Euro-Rettungsschirm. Die Arbeitslosigkeit ist in Tsipras‘ Regierungszeit von 26 auf 18 Prozent gefallen. Mit fast 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist die griechische Gesamtverschuldung aber weiterhin bei weitem die höchste in der Eurozone.
Bei den Parlamentswahlen kam als drittstärkste Kraft die sozialdemokratische Partei Bewegung des Wandels 8,1 Prozent und 22 Sitzen ins Parlament, gefolgt von der Kommunistischen Partei (KKE) mit rund 5,4 Prozent. Die rechtspopulistische Elliniki Lysi erzielte 3,8 Prozent, die Partei MeRA25 des ehemaligen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis gut 3,4 Prozent. Drei Prozent sidn notwendig, um ins Parlament einzuziehen.
Keine Briefwahl in Griechenland möglich
Wahlberechtigt waren rund zehn Millionen Bürger. Das verwirrt zunächst, weil Griechenland nur knapp elf Millionen Einwohner hat. Allerdings gibt es mehr als drei Millionen griechische Staatsbürger, die im Ausland leben - vor allem in den USA, in Australien und Kanada. Weil es in Griechenland keine Briefwahl gibt, fallen ihre Stimmen weg, es sei denn, sie reisen eigens zur Wahl in die Heimat.
Zudem wird vermutet, dass in griechischen Wahllisten bis heute etliche Tote aufgeführt sind, was die Zahl der potenziellen Wähler ebenfalls verfälscht. Griechische Medien gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Wahlberechtigten bei rund 6,5 Millionen liegt.
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