Was wissen Wiener Fiakerfahrer über ihre Pferde, und welche Geschichten erzählen sie den Touristen? Die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ veröffentlichte jetzt ihr zugespieltes Undercover-Videomaterial, aufgenommen bei einer „Secrets of the Fiaker & Horse Carriages“-Tour. Bei dieser haben Touristen die Möglichkeit, auch die Stallungen der Fiaker zu sehen. Ein Fahrer plauderte sehr offen über seinen Alltag. „Nicht nur aus Tierschutzsicht, auch vom Sicherheitsstandpunkt gesehen sind seine Aussagen äußerst bedenklich“, kritisieren die Tierschützer.
„Der Fahrer erzählt zum Teil haarsträubende, zum Teil schlicht besorgniserregende Geschichten“, so Kampagnenleiterin Martina Pluda. Einer der Höhepunkte sind die Aussagen über die Rolle der Tiere selbst. „Ein Pferd muss sich sein Futter verdienen“, wird geurteilt. Nachsatz: „Oder wir machen Leberkäse aus ihm. Es gibt keine andere Alternative (sic!). Entweder so oder so. Die Wahrheit ist brutal.“
„Nicht die Wahrheit ist brutal, sondern die Ansichten dieses Herrn“, stellt Pluda klar. „Zum einen ist das Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund laut Tierschutzgesetz ohnehin verboten. Zum anderen ist die Leberkäse-Geschichte einfach eine zynische Drohung und ein Totschlagargument, das immer dann vorgebracht wird, wenn eine Änderung der derzeitigen Situation gefordert wird.“
Der Fahrer lässt keinen Zweifel am Gefahrenpotenzial der Situation: „Er sagt etwa ganz offen, dass es angesichts des Innenstadtverkehrs nicht immer möglich ist, die Tiere unter Kontrolle zu halten“, so Pluda. Seine Aussage dazu wörtlich: „Wenn er (das Pferd, Anm.) einmal rennt, dann kann man nichts mehr tun. Nur beten, dass man irgendwo stehen bleibt.“ Aus Tierschutzsicht inakzeptabel ist die Aussage, dass die Fahrer die Tiere in der Stadt nicht füttern, sondern „nur in der Nacht im Stall“. Originalzitat: „So wie wir am Tag essen und in der Nacht nicht, machen sie es umgekehrt.“
„Hier brauchen wir gar nicht zu diskutieren - das geht gar nicht“, sagt Martina Pluda. Dieses Zitat zeige eine erschreckende Unwissenheit. „Pferde benötigen durchgehenden Zugang zu Raufutter, alles andere ist Tierquälerei. Das Verdauungssystem der Tiere ist nicht für lange Fresspausen geeignet. Das kann für sie sehr schmerzhaft sein.“
„Undercover bei den Wiener Fiakern“ im YouTube-Kanal von VIER PFOTEN International:
Petition für Verlegung in Grünanlagen
Außerdem stellt der Fiakerfahrer infrage, ob die Hufe der Tiere den Asphalt schädigen. Auch das ist freilich Tatsache: Der Bezirk Innere Stadt selbst bezifferte im vergangenen Jahr die jährlichen Reparaturkosten des Straßenbelags als Folge der Fiakerfahrten mit 750.000 Euro. Was laut „Vier Pfoten“ ebenso sicher ist: Touristen würden auch ohne Fiaker in der Innenstadt nach Wien kommen.
Die Tierschutzorganisation hat vor Kurzem bei einer repräsentativen Umfrage von Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung Touristen (Stichprobe: 210) unter anderen genau diese Frage gestellt. Fazit: Neun von zehn Touristen würden auch nach Wien kommen, wenn Fiaker nur noch in Grünanlagen erlaubt wären. Nur jeder fünfte Tourist ist darüber hinaus der Ansicht, dass Wien dezidiert durch eine Verlegung an Attraktivität verlieren würde. Die Tierschützer sammeln mittels Petition weiterhin Stimmen für eine Verlegung der Fiaker in Grünanlagen.
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