Kinderbanden in Linz, Überfälle von strafunmündigen 13-Jährigen oder ein besonders grausamer Fall aus Deutschland, wo die Polizei nach einer Gruppenvergewaltigung gegen fünf Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 14 Jahren ermittelt, haben die Diskussion um eine Reform des Jugendgerichtsgesetzes und des Strafgesetzes in Österreich angeheizt. Die FPÖ fordert eine Herabsetzung der Strafmündigkeit von derzeit 14 auf zwölf Jahre. Aber: Soll man bereits Kinder einsperren? Dieses brisante Thema diskutierte Moderatorin Katia Wagner am Mittwochabend auf krone.tv mit Hans-Jörg Jenewein (FPÖ), Christoph Wiederkehr (NEOS), Rechtsanwältin Astrid Wagner und Psychiaterin Sigrun Roßmanith. Die Highlights sehen Sie im Video oben, hier können Sie die ganze Sendung nachsehen.
„Hier geht es um Gewalthandlungen, wo man nicht einfach so wieder zur die Tagesordnung zurückgehen kann“, so der FPÖ-Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein. Er kann sich eine Gefängnisstrafe für Kinder ab zwölf Jahren durchaus vorstellen, sofern es sich um schwere Delikte wie Vergewaltigung oder Mord handelt: „Mit Kuschelpädagogik werden wir hier nicht weiterkommen. Die Zahlen sagen, dass nicht alles gut wird, und da muss man sich überlegen, wie man zukünftig damit umgeht.“
„Auch junge Täter sollen Verantwortung übernehmen“
Auch junge Täter sollten Verantwortung übernehmen, denn man müsse auch an die Opfer denken. „Jemand, der mit zwölf Jahren vergewaltigt, der ist auch bereit, mit zwölf Jahren ins Gefängnis zu gehen“, ist sich der Freiheitliche jedenfalls sicher.
„Im Gefängnis wird man noch gewalttätiger“
„Wir sehen vor allem in Wien ein Phänomen von Jugend-Gangs“, meint Christoph Wiederkehr von den NEOS. „Jugendliche, für die es cool ist, in ihrer Gang andere Jugendliche zu erniedrigen oder am Schulweg zu schikanieren, das ist inakzeptabel.“ Was jedoch nichts bringe, sei, „Zwölfjährige ins Gefängnis einzusperren“. Für den Klubchef der Wiener NEOS wäre ein Herabsetzen der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre keine gute Lösung: „In diesem Alter wird man im Gefängnis eher dazu kommen, noch gewalttätiger zu werden. In diesem Alter ist es wichtig, ein Schuldbewusstsein zu entwickeln und dann zu einer Verbesserung zu kommen, zum Beispiel über Jugend-WGs.“
„Gefängnis macht die Menschen nicht besser“
Astrid Wagner ist Juristin. In ihren 20 Jahren als Rechtsanwältin war sie oft mit sehr jungen Tätern und Opfern konfrontiert. Sie bestätigt, dass die Gewalt unter Jugendlichen in den vergangenen Jahren angestiegen ist, meint aber: „Das Gefängnis macht die Menschen nicht besser, schon gar nicht die jungen Menschen.“ Oft sei das Gegenteil der Fall gewesen. Gefängnis sei demnach „Erziehung im schlechten Sinne“.
„Auch für Kinder, die noch nicht strafmündig sind, gibt es Konsequenzen“, meint die Juristin und nennt „Kriseninterventionszentren“, „Erziehungsmaßnahmen“ und „Anti-Aggressions-Trainings“ als Beispiele für bereits bestehende sinnvolle Maßnahmen für Straffällige unter 14 Jahren. Ein einfaches Senken der Strafmündigkeit sieht auch sie nicht als richtige Lösung.
„Kriminelle Kinder fallen nicht vom Himmel“, sagt Psychologin Sigrun Roßmanith, „sie spiegeln nur das destruktive Potenzial der Gesellschaft wider.“ Laut ihr werden Kinder deswegen gewalttätig, weil sie es in ihrer Umgebung nicht anders kennengelernt haben. „Vor allem in der Gruppe ist man bereit, Delikte zu machen, die man allein gar nicht täte“, so Roßmanith weiter. Für viele Kinder habe „die Gang“ eine stellvertretende Elternfunktion.
„Es herrscht Respektlosigkeit in der Gesellschaft“
Die Psychologin erlebt vor allem eine „Respektlosigkeit in der Gesellschaft“. „Es ist alles erlaubt. Man könnte sagen, dass eine schlechte 68er-Zeit angebrochen ist. Die Autoritäten und Idealfiguren sind verloren gegangen“, gibt sich Roßmanith durchaus kritisch zu den Entwicklungen. Der Strafvollzug wäre ihrer Meinung nach dann sinnvoll, wenn er im Rahmen eines „Nacherziehungsvollzugs“ stattfinden würde, und das in „therapeutischem und sozialem Sinne“. Jedoch bekomme das Justizministerium seit Jahren kein Geld für solche Maßnahmen.
Sämtliche Ausgaben unseres Talk-Formats „Brennpunkt“ - immer mittwochs ab 19 Uhr hier auf krone.at - mit Moderatorin und Kolumnistin Katia Wagner zum Nachsehen sowie Highlight-Videos finden Sie unter krone.at/brennpunkt.
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