Justiz ermittelt

Wurde Identitären-Sprecher vor Razzia gewarnt?

Österreich
17.07.2019 13:29

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt, ob Identitären-Sprecher Martin Sellner im Voraus über die Hausdurchsuchung in seiner Wiener Wohnung Ende März informiert worden ist. Das geht aus Beantwortungen von parlamentarischen Anfragen durch Innenminister Wolfgang Peschorn und Justizminister Clemens Jabloner hervor. Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung und die Staatsanwaltschaft prüfen nun, ob es zu Amtsmissbrauch oder der Verletzung des Amtsgeheimnisses gekommen ist.

„Ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter wegen eines denkmöglichen Verrats ist bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängig. Diese hat am 4. Juni 2019 das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung mit der Durchführung von Ermittlungen beauftragt“, heißt es in der Beantwortung Peschorns, wie die „Kleine Zeitung“ und der „Standard“ am Mittwoch berichteten.

Wolfgang Peschorn (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Wolfgang Peschorn

Kurz vor Razzia E-Mails von Account gelöscht
Der rechtsextreme Attentäter von Christchurch, Brenton Tarrant, hatte Sellner im Jahr 2018 1500 Euro gespendet. Nach dem Anschlag im März 2019 führte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) am 25. März eine Hausdurchsuchung bei Sellner durch. Später wurde bekannt, dass der Identitären-Sprecher den Mailverkehr aus dem Jänner 2018 zwischen ihm und dem Attentäter - man wollte sich bei Gelegenheit auf ein Bier oder einen Kaffee treffen - nicht einmal eine Stunde vor der Hausdurchsuchung von seinem Account gelöscht hatte. Reiner Zufall? Wohl eher nicht, wie Peter Pilz, Sicherheitsexperte der von ihm gegründeten Liste JETZT, bereits Mitte Mai anklingen ließ.

(Bild: Screenshot/ORF)

Aus den Anfragebeantwortungen geht der Ablauf vor der Razzia hervor: Am 19. März 2019 wurde vom zuständigen Referat des BVT ein Antrag zur Anordnung einer Hausdurchsuchung an die zuständige Staatsanwaltschaft Graz gestellt. Die staatsanwaltschaftlich bewilligte Anordnung zur Durchführung der Hausdurchsuchung wurde dem BVT am 24. März übermittelt.

Kenntnis von dem Antrag hatten die fallführenden Beamten. Am nächsten Tag, dem Termin der Razzia, wurden dann auch jene Beamten des Verfassungsschutzes, die als Unterstützung herangezogen wurden, informiert. Bereits am 21. März informierte das BVT den Generalsekretär des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), Peter Goldgruber, über die bevorstehende Hausdurchsuchung.

Peter Goldgruber (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Peter Goldgruber

Ermittlungen gegen unbekannte Täter
Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien mit dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) laut „Standard“, ob es zu Amtsmissbrauch oder der Verletzung des Amtsgeheimnisses durch unbekannte Täter gekommen ist. Allerdings habe es noch keine Einvernahmen der beteiligten Beamten gegeben, wie NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper kritisiert.

Mahrer fordert volle Aufklärung
ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer forderte am Mittwoch volle Aufklärung in der Causa Sellner. Es handele sich hier um Vorgänge unter dem damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), die mehr als irritierend seien. „Wenn Sellner wirklich kurz vor der Hausdurchsuchung durch einen Maulwurf im Innenministerium gewarnt wurde (…), wäre das ein unglaublicher Skandal. Hier ist Aufklärung dringend notwendig“, so Mahrer in einer Aussendung.

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