Soko Ibiza ermittelt

ÖVP-Mitarbeiter machte sich für Polizei verdächtig

Österreich
20.07.2019 08:37

Eine kurios anmutende Geschichte hat einen ÖVP-Mitarbeiter ins Visier der Polizei gebracht. Der unter Sebastian Kurz im Kanzleramt tätige Mann hat nämlich sechs Tage nach der Ibiza-Affäre anonym Unterlagen vernichten lassen. Die Soko Ibiza vermutete daraufhin einen Zusammenhang mit dem Ibiza-Video (siehe oben) und holte den Mann am Donnerstag von seinem neuen Arbeitsort, der ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse, ab, und durchsuchte dessen Wohnung.

Dass die Exekutive, die im Auftrag der Grazer Korruptionsstaatsanwaltschaft agierte, überhaupt auf die Geschichte aufmerksam wurde, liegt an einer Betrugsanzeige, die von der Firma Reisswolf eingebracht wurde, berichtet der „Kurier“. Der ÖVP-Mitarbeiter hat nämlich die Vernichtung des Datenträgers nicht bezahlt und zudem einen falschen Namen angegeben.

Verdacht der Unterschlagung von Beweismitteln
Über die angegebene Handy-Nummer ermittelte die Polizei aber schließlich seine Identität und fragte wegen des Verdachts der Unterschlagung von Beweismitteln nach. Als Motiv gab der Mann an, er habe gefürchtet, dass Informationen aus dem Kanzleramt für den Wahlkampf abgesaugt werden, wenn der (wenige Tage später erfolgte) Misstrauensantrag gegen Regierungschef Kurz erfolgreich wäre. Konkret ging es um einen Drucker-Server, auf dem alle Dokumenten gespeichert sind, die ausgedruckt werden.

Das Bundeskanzleramt in Wien (Bild: APA/Herbert Neubauer)
Das Bundeskanzleramt in Wien

Volkspartei spricht von üblichem Standardvorgang
Aus der ÖVP hieß es Samstagfrüh auf Anfrage der APA, es sei ein völlig üblicher Standardvorgang, dass persönliche Arbeitsunterlagen oder Daten, die nicht Bestandteile von Akten sind, bei einem Ressortwechsel bzw. Büroauszug von Mitarbeitern aussortiert, gelöscht oder geschreddert werden: „Auch bei der Übergabe von Christian Kern an Sebastian Kurz im Dezember 2017 wurden leere Büroräumlichkeiten und keine Datenträger oder Unterlagen aus der Ära Kern vorgefunden.“ Die Schredderung des Datenträgers durch den Mitarbeiter sei auch nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen des Bundeskanzleramtes erfolgt.

Kanzleramt traute Spitzenbeamtschaft nicht
Angedeutet wird, dass man der in weiten Teilen der SPÖ zugerechneten Spitzenbeamtenschaft im Kanzleramt nicht unbedingt getraut hat: Es sei allen Mitarbeitern klar gewesen, dass jedes Agieren im Bundeskanzleramt sehr aufmerksam von den roten Führungskräften verfolgt und möglicherweise der SPÖ-Zentrale berichtet werde. Verwiesen wird zudem auf den vormaligen SPÖ-Werber Tal Silberstein, der sogar Kurz‘ Privatleben ausspionieren habe lassen.

So wird von der ÖVP das Motiv des Mitarbeiters erklärt. Dass er dabei möglicherweise nicht rechtskonform gehandelt habe, sei absolut nicht seine Absicht gewesen. Es tue ihm leid und er sei gegenüber der Justiz voll kooperativ und habe den entstandenen Schaden bereits gutgemacht. Außerdem habe der betroffene Mitarbeiter bei der Einvernahme bereits eine Reihe von Verdächtigungen entkräften können.

ÖVP sieht keinen Zusammenhang mit Ibiza-Affäre
Fest steht für die Volkspartei, dass es keinen Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre geben könne. Denn es habe sich um einen Druckerspeicher gehandelt, bei dem Kopien und Ausdrucke von Mitarbeitern aus Kopiergeräten gespeichert worden seien. Weitere externe Daten oder Videos habe man dort nicht speichern können: „Logischerweise besteht daher auch zum Ibiza-Video kein Zusammenhang.“

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