Im wichtigen Kampf, den die EU gegen das schädliche Mikroplastik führt, droht es ein unschuldiges Opfer zu geben: und zwar den Fußball, vor allem den städtischen. Ab 2022 soll - wie berichtet - auch das Granulat verboten werden, das für Kunstrasenplätze verwendet wird. „Das wird es niemals geben“ kann sich SC-Wiener-Viktoria-Trainer Toni Polster mit der Idee, auf Kunstrasenplätze künftig zu verzichten, nicht anfreunden.
Das im Kunstrasen verwendete Granulat gerät stetig in die Umwelt und muss aufgefüllt werden. Daher ist in der neuen EU-Richtlinie gegen Plastik vorgesehen, dass ab 2022 kein schädliches Granulat mehr auf diese Weise in die Umwelt gelangen soll - das wiederum soll ein Verbot von Kunstrasenplätzen bedeuten, und derer gibt es in Österreich 259. Allein 50 davon sind, so ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer, in Wien zu finden.
„Naturrasen kann einer solchen Belastung nicht standhalten“
Ein Aus könnte verheerend für den Sport werden. Hollerer erklärt, dass es vielerorts ohne Kunstrasen schlicht nicht geht: Man brauche ihn, „um trotz Platzmangels den Trainings- und Spielbetrieb von der Kinder- bis zur ersten Mannschaft aufrechtzuerhalten“. „Ein Naturrasen kann einer solchen Belastung nicht standhalten.“
Schon zuvor schlug der deutsche Innenminister Horst Seehofer in der „Welt am Sonntag“ Alarm: „Ich will einen vernünftigen Ausgleich zwischen Umweltschutz und den berechtigten Interessen des Sports.“ Daher fordert er eine sechsjährige Übergangsfrist für die Umrüstung auf neue Plätze in der EU-Richtlinie.
Auch österreichische Regierung skeptisch
Auch die österreichische Regierung ist skeptisch: Aus dem Umfeld des für Sport mit zuständigen Finanzministers heißt es zur „Krone“, dass man „bestehende Anlagen nicht verbieten“ solle; es brauche dabei „entsprechendes Augenmaß“. Die ÖVP schlägt indes vor, dass „bei Neuanlagen und Generalsanierungen über eine Verpflichtung zur Umrüstung“ nachgedacht werden könne. Schließlich gebe es „gute andere Materialien, zum Beispiel Kork“. Umstiege müssten aber finanziell gefördert werden.
So oder so: Das letzte Wort scheint jedenfalls noch nicht gesprochen - schließlich muss die EU-Richtlinie erst in den nationalen Parlamenten umgesetzt werden.
Toni Polster: „Das wird es niemals geben“
„Das kann es gar nicht geben und wird sich niemals durchsetzen", meint indessen SC-Wiener-Viktoria-Trainer Toni Polster. Der Ex-Teamspieler kann sich mit der Idee, Kunstrasenplätze in Zukunft komplett abzuschaffen, gar nicht anfreunden. Mit seinem Ostligisten wäre der 55-Jährige in diesem Fall ebenfalls betroffen.
Wie so viele Vereine in Wien haben die Meidlinger nur einen einzigen Kunstrasenplatz in der Oswaldgasse zur Verfügung. “Bei uns sind jeden Tag um die 500 Kinder im Training. Die würden dann alle auf der Straße stehen, oder was?„, brummt Polster, der auch die dadurch anstehenden Kosten und Probleme nicht nachvollziehen kann. “Ein Rasenplatz kostet sehr viel Geld und muss täglich gepflegt werden. Dafür ist wieder zusätzliches Personal nötig. Die meisten Fußballklubs können das finanziell niemals stemmen.
Fakt ist auch, dass vielen Sportanlagen eine geeignete Infrastruktur für einen Rasenplatz fehlt. „Mit dieser Aktion würde man dem Fußball extremen Schaden zufügen. Das wäre eine Katastrophe, die einen Verein in den Ruin treiben könnte", ist Polster überzeugt.
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