Die deutschen Grünen fordern: Bis 2035 sollen Inlandsflüge durch Bahnangebote ersetzt werden. In Österreich ist man da schon weiter. Denn so wirklich glücklich ist auch in Österreich niemand mit den Inlandsflügen: Klimaschützer nicht, Flughafen-Anrainer nicht - und auch nicht die Fluganbieter selbst.
Von Wien aus werden von den Austrian Airlines derzeit die Städte Graz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck regelmäßig angeflogen. „Ökologisch wie ökonomisch nicht sinnvoll“, räumt Airline-Sprecher Peter Thier im Gespräch mit der „Krone“ ein. „Wir verdienen kaum etwas an diesen Kurzstrecken, und für die Umwelt sind sie auch nicht gut. Aber die Flüge sind für Transfers wichtig. Urlauber etwa aus Klagenfurt fliegen nach Schwechat, um von dort aus einen Langstreckenflug anzutreten.“
Vorzeige-Kooperation mit den ÖBB
Dabei wäre es auch der Fluglinie lieber, die Passagiere würden mit dem Zug kommen. So gibt es bereits erste enge Kooperationen mit den ÖBB: In Linz und Salzburg können die Reisenden am Bahnsteig einchecken und per „AIRail“ direkt zum Flughafen Schwechat fahren, um dort in den Fernflieger zu steigen. „Das hat dazu geführt, dass wir letztes Jahr unsere Wien-Linz-Flüge eingestellt haben“, so Thier.
„Wir hinterfragen immer häufiger unsere Inlandsrouten. Doch vor allem im Süden, wo es noch keine idealen Bahn-Alternativen gibt - Stichwort Koralmtunnel und Semmering -, ist der Umstieg von Zubringerflug auf Bahn schwierig.“
Tatsächlich steht und fällt der Umstieg vom Airbus auf den Railjet mit dem Bahnangebot: Ist das Reiseziel per Bahn in gut zwei Stunden erreichbar? Hat der Zug WLAN und komfortable Check-in-Möglichkeiten? Wie sind die Bahntickets preislich gestaltet? „Es kann nicht sein, dass das Flugzeug als klimaschädlichster Verkehrsträger noch immer mit Milliardenbeträgen subventioniert wird, während die umweltfreundliche Bahn chronisch unterfinanziert ist“, sagte etwa die deutsche Grünen-Abgeordnete Daniela Wagner.
Richtung Osten viel zu holen
Besonders viel Potenzial sehen Experten bei der Verbindung Wien-Budapest: Der ungarische Hauptstadtflughafen ist klein, nur wenige Langstreckenflüge heben hier ab. Zahlreiche Ungarn fliegen daher die rund 220 Kilometer nach Schwechat, um von hier aus in die USA oder nach Asien zu kommen. Ein gut ausgebauter Schnellzug direkt an den Bahnsteig auf dem Flughafen Wien würde jährlich Tonnen an CO2, Lärm und Kosten bei den Fluglinien sparen.
„Vor allem aus Frankreich und Deutschland kommen immer wieder politische Vorstöße, die Bahn attraktiver zu machen. Diese sind durchaus auch für uns nachvollziehbar“, sagt Peter Thier. „Langstreckenflüge allerdings bleiben wohl vorerst alternativlos.“
ÖBB hoffen auf ganz großes Comeback
Obwohl also Langstreckenflüge wohl noch eine Zeit lang gang und gäbe bleiben, rechnet man hierzulande durchaus mit einem Comeback der Nachtzüge. „Das Nachtzuggeschäft hat Zukunft“, sagt ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Auch die Kollegen in der Schweiz denken daran, das 2009 eingestellte Geschäft mit klassischen Nachtzügen wiederzubeleben. Anders die Deutsche Bahn: Sie bietet aus wirtschaftlichen Gründen seit 2016 keine Schlaf- und Liegewagen mehr an. Man wolle nachts aber mehr ICE- und Intercity-Züge mit Sitzwagen auf die Schiene bringen, heißt es dort.
Die Österreicher haben jedenfalls bereits vorgemacht, wie das Geschäft funktioniert: Die ÖBB haben als Einzige ihr Nachtzugangebot nicht nur beibehalten, sondern ausgebaut. „Wir haben jetzt 18 eigene Linien und insgesamt 26 zusammen mit Partnern“, sagt Rieder. Die ÖBB seien auch bereit, stärker in das Nachtzuggeschäft zu investieren. 13 neue Züge wurden bei Siemens schon bestellt.
Interview: „Abgase wirken in der Höhe stärker“
Emissionen wirken in Flughöhe stärker als auf dem Boden. Dominik Schmitz, Wissenschaftler der Boku Wien, erklärt, warum.
„Krone“: Ist Fliegen wirklich die klimafeindlichste Art der Fortbewegung?
Dominik Schmitz: Ja, es gibt keine klimaschädlichere Art.
Worauf ist dies zurückzuführen?
Einerseits ist der Treibstoffverbrauch pro Person beim Flugzeug viel höher, andererseits wirken die Abgase in zehn bis zwölf Kilometern Höhe - das ist die Distanz, in der sich Kurzstreckenflüge bewegen - viel stärker als auf dem Boden. Man spricht vom sogenannten RFI-Faktor (Radiative Forcing Index). Damit wird der erhöhte Treibhauseffekt von Flugzeugemissionen in großen Flughöhen beschrieben. Durch die große Höhe entsteht eine drei- bis viermal so große Erwärmungswirkung im Vergleich zu CO2-Ausstoß am Erdboden.
Wie viele Emissionen verursacht die gleiche Strecke mit der Bahn?
Nur zehn Prozent der Emissionen für die gleiche Strecke.
Wie beurteilen Sie die Steuerfreiheit für Kerosin?
Es gibt keine Kostenwahrheit im Vergleich zur Bahn, wenn es steuerfrei bleibt. Dem Staat entgehen dadurch Einnahmen.
Paul Tikal, Martin Kallinger und Martina Münzer, Kronen Zeitung/krone.at
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