Gemeinsamer Tatplan oder kein gemeinsamer Tatplan? Um diese Frage drehte sich der 102. Verhandlungstag des Buwog-Strafprozesses gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere. Geladen war mit Willibald Berner ein ehemaliger Sektionschef des Infrastrukturministeriums, der als Belastungszeuge gilt. Er will vom mitangeklagten Peter Hochegger im Jahr 2000 jene berühmte Skizze erhalten haben, auf der die Namen von Grasser, Hochegger und die weiteren Hauptangeklagten Walter Meischberger, Ernst Karl Plech sowie auf einem anderen Strang mit dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider an der Spitze weitere Namen angeführt sein sollen. Sie alle sollten im Zuge anstehender Privatisierungen Provisionen kassieren. So lautete der mutmaßliche Tatplan. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Berner hätte, weil sein Name ebenfalls aufschien, mitmachen sollen. Er habe dies aber abgelehnt, hatte der Zeuge bereits im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ausgesagt. Bei dieser Version blieb er auch am Mittwoch vor Gericht. Hochegger und die übrigen Angeklagten weisen die Angaben Berners zurück. Für große Aufregung unter den Verteidigern sorgte, dass Berner, wie er im Zuge seiner Befragung durch Richterin Marion Hohenecker bekannt gab, vor seiner ersten Befragung den involvierten Staatsanwalt bei einem Kaffee getroffen hatte, um diesen „kennenzulernen“.
Das Treffen im Café Landtmann in Wien habe rund eine Stunde gedauert und danach hatte Berner laut eigener Aussage „ein gutes Gefühl“, dass der Staatsanwalt tatsächlich Interesse an einer Aufklärung der Buwog-Affäre hatte. Die Verteidigung ortet Amtsmissbrauch, da es von diesem Treffen keinen Aktenvermerk gibt.
„Habe den Namen der liechtensteinischen Firma vergessen“
Die Skizze, die Hochegger angefertigt haben soll, habe dieser nach dem Treffen mit Berner in einem Wiener Hotel wieder mitgenommen. Der Zeuge, der sich selbst ein „fotografisches Gedächtnis“ zuschreibt, zeichnete eigenen Angaben zufolge die Skizze auf dem Weg zurück ins Infrastrukturministerium nach. Eine weitere nachgezeichnete Version landete später in den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft.
Neben dem linken Ast mit Grasser und Co. und dem rechten Ast mit Haider, Berner und anderen Vertrauenspersonen des Ex-Landeshauptmanns hat der Zeuge auch noch ein leeres Kästchen rechts oben gezeichnet. Dort müsste ihm zufolge der Name einer liechtensteinischen Firma stehen, über die die angesprochenen Provisionen laufen sollten. An den Namen des Unternehmens habe er sich aber nicht mehr erinnern können, so Berner vor Gericht.
„Wichtigtuerei“ und „Kleiner-Mann-Syndrom“
Was genau der Tatplan beinhaltete? Auf diese Frage der Richterin konnte Berner keine konkrete Antwort geben. Eine genaue Arbeitsaufteilung habe es nicht gegeben. Das hätte sich, so seine Interpretation, „aus der Situation ergeben“. Die linke Seite der Skizze sei eine „Freundesrunde, die ganz eng mit Karl-Heinz Grasser verbunden war“. Berner gab zu Protokoll, dass er doch einigermaßen überrascht gewesen sei, dass Hochegger bereits bei ihrem zweiten Treffen ein solches Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen wollte. Zunächst habe der Zeuge den „Tatplan“ auch nicht ernst genommen, sondern vielmehr für „Wichtigtuerei“ bzw. „Kleiner-Mann-Syndrom“ gehalten.
Haider war „sehr verwundert“ über Hochegger-Skizze
Dennoch habe er sofort seinem damaligen Vorgesetzten, Infrastrukturminister Michael Schmid, davon erzählt. Dieser habe ihn aufgefordert, auch Haider zu informieren. Dies habe er auch getan, so Berner. Haider sei „sehr verwundert“ gewesen, als er ihm Hocheggers Skizze schilderte. Der FPÖ-Politiker habe dann gesagt, dass „die Hocheggers“ jetzt mit seiner Partei machen wollten, was sie schon in Wien mit der SPÖ gemacht hätten. Außerdem habe Haider erklärt, dass ihm das zeige, dass Grasser bei den Freimaurern wäre, so wie Hochegger. Schließlich habe Haider gesagt, wenn sich Hochegger noch einmal an ihn wende, solle er ihn gleich informieren, weil er dann ein Gespräch mit dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) führen werde.
Michael Ramprecht, einem ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Grassers und einem weiteren Belastungszeugen in der Buwog-Causa, habe er ebenfalls die Tatplan-Skizze vorgelegt, führte Berner vor der Richterin aus. Ramprecht war kurz zuvor von Grasser als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsagentur nicht wiederbestellt worden und von dem Minister enttäuscht gewesen. Seither sind Ramprecht und Grasser tief verfeindet. Vor Gericht betonte Ramprecht selbst, dass all seine Aussagen im Zuge der Ermittlungen und bei Untersuchungsausschüssen der vergangenen Jahre lediglich einem Zweck gedient hätten: dass Grasser vor Gericht landet.
Verhandlungsfähigkeit Plechs wird erneut überprüft
Von den insgesamt 15 Angeklagten sitzen derzeit übrigens nur zwölf im großen Schwurgerichtssaal. Der Immobilienmakler Plech sowie der Schweizer Vermögensverwalter Norbert Wicki sind aus gesundheitlichen Gründen verhandlungsunfähig. Der ebenfalls angeklagte Ex-Raiffeisen-Landesbank-OÖ-Chef Ludwig Scharinger ist mittlerweile nach langer Krankheit verstorben.
Nun will Richterin Hohenecker die Verhandlungsfähigkeit Plechs überprüfen. Ein Kardiologe, der Plech bereits in der Vergangenheit geprüft hatte, soll den 74-Jährigen erneut begutachten. Plech gilt als gut vernetzt, mit einem freundschaftlichen Verhältnis zum Ex-Finanzminister und zum verstorbenen Kärntner Landeshauptmann. Für beide soll er unter anderem Wohnungen in Wien besorgt haben.
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