Tumulte vor Rathaus
Über 1000 Festnahmen bei Demonstration in Moskau
In Moskau sind am Samstag bei einer Demonstration gegen den Ausschluss von Oppositionellen bei der Regionalwahl in sechs Wochen mehr als 1000 Demonstranten festgenommen worden. Rund um das Rathaus im Zentrum der russischen Hauptstadt gab es Tumulte, Polizisten führten massenhaft Menschen ab und zerrten sie in Polizeibusse. Den Behörden zufolge wurden bei der Kundgebung insgesamt rund 3500 Teilnehmer gezählt, von denen 1074 wegen „verschiedener Straftaten“ in Gewahrsam genommen wurden.
Die Polizei hatte im Vorfeld in einem an die Moskauer und Touristen gerichteten Aufruf davor gewarnt, an der Demonstration teilzunehmen - die Beamten würden „alle Maßnahmen“ ergreifen. So sicherten sie das Rathaus mit einem großen Aufgebot und zahlreichen Einsatzfahrzeugen sowie Linienbussen. Trotzdem wurde unter Applaus der Menge eine Polizeiabsperrung durchbrochen, Reporter berichteten auch von verletzten Demonstranten.
Dutzende Kandidaten von Wahl ausgeschlossen
Die Protestler fordern, dass unabhängige Kandidaten und Oppositionelle zur Wahl des neuen Moskauer Stadtparlaments am 8. September zugelassen werden. Zuvor waren zahlreiche Politiker wie der prominente Kremlkritiker Ilja Jaschin als Bewerber nicht registriert worden. Dieser berichtete Jaschin zudem, dass er zu einer Polizeistation gebracht und vernommen worden sei. Insgesamt verweigerte die Wahlkommission von 290 Kandidaten 57 die Registrierung. Derzeit zählt die Volksvertretung der russischen Hauptstadt 45 Sitze.
„Die Politik bricht unsere Rechte“
Ein Demonstrant sagte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur: „Was hier passiert, ist illegal. Die Politik bricht unsere Rechte.“ Zwar hatten die Politiker ausreichend Unterstützungserklärungen gesammelt, viele wurden aber von der Wahlkommission als Fälschung eingestuft. Zudem sollen nach Darstellung der Behörden einige Unterstützer bereits tot sein, obwohl sie laut Opposition beim Unterzeichnen fotografiert wurden.
Regierungspartei Geeintes Russland im Abwind
Die ausgeschlossenen Politiker betonen, dass ihnen absurde Fehler untergeschoben worden seien und sprechen von Manipulationen. Der Weg ins Stadtparlament werde ihnen verwehrt, damit sie den Sieg der Kremlpartei Geeintes Russland nicht schmälerten, sagte der Oppositionelle Gudkow. Die Regierungspartei Geeintes Russland mit ihrem Vorsitzenden Dmitri Medwedew verliert seit einiger Zeit massiv an Zustimmung.
Seit fast zwei Wochen gehen Demonstranten regelmäßig auf die Straße. Bei einer Protestaktion vor einer Woche wurden bis zu 20.000 Teilnehmer gezählt. Dazu aufgerufen hatte der bekannte Kremlkritiker Alexej Nawalny. Dafür wurde er erst am Mittwoch von einem Gericht zu 30 Tagen Haft verurteilt. Danach erneuerte er seinen Aufruf.
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