Es war ihr letzter Tauchgang: Verena (20), Studentin an der WU Wien, ist am Mittwoch in Kroatien von einem Parasailing-Boot erfasst worden. Ihren 21. Geburtstag am 22. August kann sie nicht mehr feiern. Verena war wie ihre Schwester Corinna (28), ihre Zwillingsbrüder (31) und ihre Eltern ein Kind des Wassers und der Gezeiten. Bevor sie schwimmen konnte, hatte sie tauchen gelernt.
„Wir sind alle ausgebildete Tauchlehrer, haben immer mit dem Wasser gelebt“, schildert Vater Dieter Heinz unter Tränen. Er war beim Unglück dabei. Verena hätte am Wochenende bei einer Tauchschule im Küstenort Malinska unterrichten sollen. "Wir sind zum Training immer nur zwei Minuten 15 Meter tief abgetaucht. Am Ende der Freitaucheinheit sind wir Richtung Ufer geschwommen. Da näherte sich ein Parasailing-Boot mit hohem Tempo.
Da der Lenker eine Kurve gefahren ist, konnten wir nicht abschätzen, wohin er will. Zur Reaktion blieb uns keine Zeit. Wir wurden vom Boot erfasst und überfahren.“ Dabei hatten beide eine Tauchboje mit. „In dem Bereich, 100 Meter vom Ufer entfernt, hatte das Boot nichts zu suchen.“
Bein abgetrennt
Während er selbst mit einer Fußverletzung davonkam, wurde Tochter Verena ein Bein abgetrennt. „Man kann sich das nicht vorstellen. Als das Boot kam, hat es uns die Taucherkleidung und die Flossen weggerissen. Dann die Rettungskette, das war wie in einem Dritte-Welt-Land. Es hat ewig gedauert, bis ein Krankenwagen gekommen ist. Im Spital konnte niemand Deutsch oder Englisch sprechen. Erst die Chefärztin, die mir dann die traurige Nachricht überbracht hat, hat ein bisschen Englisch gekonnt.“
Dieter Heinz musste die Rückreise ins heimatliche Strobl alleine antreten. Der Leichnam wird am Montag von den Behörden freigegeben und überstellt. „Die ganze Familie ist da, wir haben viele Verwandte. Wir reden, beten und kramen alle schönen Erinnerungen an Verena heraus.“ Vorgesehen sind eine Einäscherung und eine Verabschiedung.
Familie lebte jahrelang am Meer
„Unsere Kinder sind eigentlich in der Türkei am Meer aufgewachsen. Bis vor zehn Jahren haben wir dort im Sommer gelebt. Ich hatte Tauchschulen dort. Die Schwerelosigkeit, das Schweben, die wunderbare Unterwasserlandschaft, die absolute Ruhe und das Dreidimensionale - unsere ganze Familie ist fasziniert vom Tauchen.“ Es sei zwar auch im finsteren Wolfgangsee schön zu tauchen, mit einer Meeresbodenlandschaft ist das aber nicht vergleichbar.
Das Apnoe-Tauchen - die Experten darin können minutenlang die Luft anhalten - war Verenas größte Leidenschaft. Sie tauchte aber wenn nötig auch mit Pressluftflasche. Verena hatte das zweithöchste Instructor-Level bei der Ausbildung auf den Philippinen erreicht. Auch ihr Vater hat dieses Level erreicht und ist Freitauchlehrer.
In vier Wochen wäre Verena nach Indonesien, Komodo, geflogen. Über die Organisation „Behind the mask“, hinter der professionelle Taucher stecken, hätte sie dort die Unterwasserlandschaft erkunden können. Es wäre ein einzigartiges Erlebnis geworden.
Bleigürtel an der Unglücksstelle
„In Kroatien wird jetzt ein Polizeitaucher mit Untersuchungen beauftragt. Ich habe beim Unfall den Bleigürtel abgeworfen. Der liegt noch an der Unglücksstelle am Boden. So kann man beweisen, dass der Bootslenker zu nah am Ufer war. Die Fahrer müssen wachgerüttelt werden, damit solche Unfälle nicht mehr passieren.“
„Bring me to the ocean and I’ll be the happiest girl in the world“ („Bring mich zum Meer und ich werde das glücklichste Mädchen der Welt sein“) - diesen Spruch hatte Verena verinnerlicht.
Manuela Kappes, Kronen Zeitung
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