„Grundsätzlich“ möchte Sebastian Kurz, wie er am Dienstagabend in der „ZiB 2“ erklärte, „keine Koalitionsvarianten ausschließen“. Damit wäre aus seiner Sicht auch eine Neuauflage von Türkis-Blau möglich. Deutliche Worte fand der ÖVP-Chef dagegen Herbert Kickl betreffend. Dieser habe sich schon als Innenminister „in verschiedenen Bereichen disqualifiziert“. Er sei daher der Meinung, so Kurz, „dass Herbert Kickl keinen Platz in einer Regierung haben sollte“. Zudem konstatiert Kurz, dass die ÖVP in einer künftigen Koalition jedenfalls das Innenministerium beanspruchen würde.
Die „Schredder-Affäre“, die ihren Ausgang in der Vernichtung von fünf Festplatten durch einen ÖVP-Mitarbeiter nahm, zieht nach wie vor weite Kreise und könnte zu einem der dominierenden Themen im aktuell laufenden Wahlkampf werden. Auch dazu bezog Kurz am Dienstagabend erneut Stellung: Es werde hier lediglich „versucht, einen Skandal zu erzeugen“, meinte er. Daneben brodelt es aber weiterhin an den Fronten rund um Koalitionsmöglichkeiten und Postenbesetzungen. Besonders strittig ist dabei die Figur Herbert Kickl.
„Mit wenig Schuldgefühlen“
Kurz: „Als ich erlebt habe, wie Herbert Kickl vor mir gesessen ist, mit sehr großer Entschlossenheit, die Drahtzieher hinter dem Ibiza-Video zu finden, aber mit wenig Schuldgefühlen, was den Inhalt des Videos betrifft, da hatte ich das Gefühl, dass da die mangelnde Sensibilität für den Umgang damit fehlt (sic!)“, umreißt Kurz im Gespräch mit dem ORF-Moderator seine Einstellung zum Ex-Innenminister.
Keine Koalitionsvariante ausgeschlossen
Kickl sei auch nicht bereit gewesen, „seinen Beitrag für die Aufklärung zu leisten“, konstatierte Kurz. Der ÖVP-Chef schließe dennoch keine Koalitionsvariante nach der Wahl aus, ebenso wenig sei aber bereits alles vorbereitet für eine Neuauflage von Türkis-Blau.
Als Innenminister „disqualifiziert“
Dennoch stehe für Kurz fest, dass sich Kickl als Innenminister „in verschiedenen Bereichen durch sein Verhalten eigentlich schon disqualifiziert hat“. „Er hätte mein Vertrauen für eine Regierungsfunktion nicht“, so der ÖVP-Chef: „Ich bin eigentlich der Meinung, dass Herbert Kickl keinen Platz in einer Regierung haben sollte.“
ÖVP beansprucht Innenministerium
Das Nein zu Kickl als Minister geht der ÖVP aber noch nicht weit genug: Denn Sebastian Kurz würde das Innenministerium in einer künftigen Koalition jedenfalls nicht mehr der FPÖ überlassen. Weil es sich beim Innenressort um ein sehr wesentliches Ministerium handle, reklamierte es Kurz für seine eigene Partei, „egal in welcher Konstellation“. Auch in einer Koalition mit den Grünen oder einer anderen Partei wäre das der Fall, sagte er.
Kickl: „Neue ÖVP spielen, alte bleiben“
Herbert Kickl konterte umgehend per Facebook-Posting: „Erst sollte ich als Person nicht mehr Innenminister sein, dann gar kein Freiheitlicher mehr. Zuletzt wollte Sebastian Kurz einen unabhängigen Innenminister - und seit gestern doch wieder einen ÖVPler.“ Der Druck der alten ÖVP auf ihren Parteiobmann müsse enorm sein, analysierte Kickl. Kurz versuche gleichzeitig, neue ÖVP zu spielen und alte ÖVP zu bleiben.
FPÖ: „Was hat die ÖVP im Innenministerium zu verstecken?“
Aus der FPÖ kamen dazu noch am Dienstagabend wenig versöhnliche Töne. Erstmals habe Altkanzler Kurz bestätigt, dass es der ÖVP offenbar gar nicht so sehr um die Person von Herbert Kickl gehe, meinte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: „Die ÖVP spricht immer nur vom Innenministerium. Was hat die ÖVP dort zu verstecken? Auf diese Fragen hätten die Wähler gerne Antworten.“
Zudem sieht er Kurz bereits auf „Kurs Schwarz-Grün“ und ortet „spürbare Panik“ bei der Volkspartei: „Es ist ordentlich Sand im Getriebe der ÖVP. Kurz ist ohne FPÖ so attraktiv wie ein Bodybuilder ohne Muskulatur.“
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