Freund behauptet:

Frankfurt-Täter hörte „Stimmen im Kopf“

Ausland
31.07.2019 17:29

Nach der schrecklichen Attacke im Frankfurter Hauptbahnhof, bei der ein Bub von einem 40-Jährigen Mann vor einen Zug gestoßen und getötet wurde, blieb das Motiv weiter unklar. Dem mutmaßlichen Täter droht eine lebenslange Haftstrafe, Berichte über psychische Probleme - auch seitens der Polizei - werden aber die Frage aufwerfen, ob er zur Tatzeit schuldfähig war. Der Eritreer habe unter Verfolgungswahn gelitten und Stimmen gehört, berichtet ein Freund.

Gut 13 Jahre lang lebte der 40-Jährige aus Eritrea in der Schweiz. Für die Polizei blieb er mit Ausnahme eines kleinen Verkehrsdelikts völlig unauffällig. Dann plötzlich ein Ausbruch häuslicher Gewalt in der vergangenen Woche: Der 40-Jährige schloss seine Ehefrau und die drei Kinder in der Wohnung ein, die Nachbarin bedrohte er mit einem Messer, dann reiste er nach Deutschland, wo es zu der schrecklichen Tat in Frankfurt kam.

(Bild: APA/dpa/Frank Rumpenhorst)

Freund: „Konnte es erst gar nicht glauben“
„Focus“ sprach mit einem Freund des 40-Jährigen. Dieser kam ebenfalls vor über zehn Jahren in die Schweiz. Er sagt: „Als ich gehört habe, was passiert ist, konnte ich es erst gar nicht glauben.“

Doch der Mann erzählt auch, dass sich der 40-Jährige im vergangenen Sommer verändert habe. Der Eritreer soll unter Verfolgungswahn gelitten haben. Auch Stimmen soll er gehört haben. „Wenn wir irgendwo allein saßen, drehte er sich plötzlich um und sagte: ,Wer redet da über mich?‘“

„Manche sagen, sie wurden verzaubert“
Ein Phänomen, das bei Menschen aus Eritrea offenbar öfter vorkommt. Eritrea gilt als eine der schlimmsten Diktaturen Afrikas. „Manche sagen, dass sie dort von jemandem verzaubert wurden. Die Betroffenen würden sich oder manchmal fremde Menschen attackieren“, so der Weggefährte.

National zur Fahndung ausgeschrieben
Die Schweizer Polizei hatte den Eritreer national zur Fahndung ausgeschrieben. Einen Grund zur großen Sorge soll es da noch nicht gegeben haben, psychische Probleme des 40-Jährigen waren zu dem Zeitpunkt nicht bekannt. Die Attacke auf die Familie stufte die Polizei als einen Fall von häuslicher Gewalt ein, wie er täglich mehrfach im Kanton Zürich vorkomme. Außerdem habe man keinen Bezug des Tatverdächtigen ins Ausland oder konkret zu Deutschland gesehen.

Nach der Horror-Tat am Frankfurter Hauptbahnhof versuchte der Täter (40) zu flüchten. (Bild: „Bild“, krone.at-Grafik)
Nach der Horror-Tat am Frankfurter Hauptbahnhof versuchte der Täter (40) zu flüchten.

Galt als Musterbeispiel für Integration
Der mutmaßliche Täter von Frankfurt, dem nun Mord und zweifacher Mordversuch vorgeworfen werden, galt vor den Attacken als zuverlässig und fleißig, er ist Mitglied der christlich-orthodoxen Glaubensgemeinschaft. „Er zeichnete sich durch einen starken Durchhaltewillen und eine super Arbeitsmoral aus“, sagte Laetitia Hardegger vom Schweizer Arbeiterhilfswerks dem „Tages-Anzeiger“.

Im Jahresbericht von 2017 wurde der Geflüchtete, wie berichtet, auch als positives Beispiel für die Arbeit des Hilfswerks präsentiert. „Er hat mir von Anfang an einen sehr guten Eindruck gemacht“, wird dort sein Chef bei den Verkehrsbetrieben Zürich zitiert. „Er ist wirklich engagiert und zuverlässig. Seine Freude war groß, als wir ihm eine Festanstellung angeboten haben.“

Der 40-Jährige selbst machte in dieser Broschüre deutlich, dass er gern in der Schweiz lebt. „Mir gefällt, dass hier jeder Hilfe bekommt, egal ob er arm oder reich ist. Und jeder kann essen, und die Existenz ist gesichert. Und die Schulbildung finde ich auch sehr gut. Hier ist die erste Welt.“

(Bild: APA/dpa/Frank Rumpenhorst (Symbolbild))

2006 in die Schweiz gekommen
In die Schweiz gekommen war er als junger Mann bereits 2006. Im Jahr 2008 wurde sein Asylantrag bewilligt, 2011 erhielt er eine sogenannte Niederlassungsbewilligung. Mit seiner Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern lebte er dort bis zum vergangenen Donnerstag ohne besondere Auffälligkeiten.

Den Gewaltausbruch daheim bezeichneten seine Frau und auch die Nachbarin als überraschend. „Sie sagten übereinstimmend aus, dass sie ihn noch nie so erlebt hätten“, sagte ein Polizeisprecher.

(Bild: APA/dpa/Frank Rumpenhorst)

Vieles spricht dafür, dass das Leben des Mannes vor einigen Monaten eine folgenreiche Wendung erfahren haben muss. Nach Angaben der Schweizer Polizei war der Eritreer dieses Jahr in psychiatrischer Behandlung, seit Jänner wegen psychischer Probleme auch krankgeschrieben. Hinweise auf eine Radikalisierung oder ideologische Motive des Täters fanden die Ermittler nicht.

„Wünsche mir, dass meine Kinder ein besseres Leben haben als ich“
Auch der Familie des mutmaßlichen Täters stehen schwere Tage und Monate bevor. Dabei hatte der Eritreer im Interview der Hilfswerk-Broschüre noch von einer schönen Zukunft geträumt: „Privat wünsche ich mir, dass meine drei Kinder ein besseres und leichteres Leben haben als ich.“

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